Ende November wurde seit langem mal wieder der geplante Surfpark am Bockwitzer See in der lokalen Presse thematisiert. Seit der Änderung des Bebauungsplans am Nordufer des Bockwitzer Sees, durch den Bornaer Stadtrat im Februar 2020, hatte man zunächst nichts mehr von dem deplatzierten Projekt gehört.
Die Surfpark Deutschland GmbH mit Sitz in Leipzig rechnet nun mit einer Eröffnung 2024 und bezeichnet ihr Projekt als „Zentrum für ökologisch nachhaltigen Tourismus und Leistungssport im Leipziger Neuseenland“.
Nachhaltigkeit und Surfparks sind aber nicht kompatibel. Wir leben in einer Zeit, in der durch die zunehmend schwerwiegenden Folgen des Klimawandels und den fortschreitenden Verlust der biologischen Vielfalt, die Grenzen des Wachstums nie offensichtlicher waren.
Es besteht wissenschaftlicher Konsens darüber, dass unser Ökosystem Erde am Scheidepunkt steht. Währenddessen erlebt die Surfpark-Industrie einen kometenhaften Aufstieg. Im April 2020 waren weltweit 15 Surfparks in Betrieb, 8–15 im Bau und 50 in Planung. Surfparks führen zu massivem Landverbrauch und Oberflächenversiegelung und können nur mit massivem Einsatz von Wasser und Energie betrieben werden. Darüber hinaus entsteht durch diese Parks ein künstlicher Bedarf, der wiederum zu Verkehrsströmen führt, die heutzutage ohnehin vermieden werden müssen.
Das Ganze wird besonders schizophren, wenn solche Anlagen in Naturschutzgebieten wie am Bockwitzer See oder an bestehenden Surfspots wie in St. Jean de Luz an der französischen Atlantikküste geplant werden. Derzeit gibt es in Europa drei, mir bekannte, Protestbewegungen gegen Surfparks. In St. Jean de Luz im französischen Baskenland, in Saint-Père-en-Retz in der Bretagne und am Elfrather See bei Krefeld.
Durch einen leidenschaftlichen Protest der französischen Surfcommunity und der Anwohner wurde kürzlich bekannt gegeben, dass der Park in St. Jean de Luz nun doch nicht gebaut wird. Im Juni 2020 veröffentlichte die Surfrider Foundation Europe, eine gemeinnützige Organisation, die sich u.a. für den Schutz von Seen, Flüssen, Ozeanen und Küsten in Europa einsetzt und über 13.000 Mitglieder hat, folgende Erklärung: Wave Pools: Environmental Concerns Outweigh Their Value. In dieser Erklärung spricht sich die von Surfern gegründete und geführte Surfrider Foundation Europe, aus Umweltschutzgründen, klar gegen Surfparks aus.
In dem LVZ Artikel vom 27.11.2020, der sich im Endeffekt wie eine Werbeanzeige für das Projekt liest, sprechen die Planer von Corona assoziierten Projektverzögerungen. Die Planer beschreiben ihr Vorhaben als erstes und somit größtes Projekt seiner Art in Deutschland. Dies stimmt nicht so wirklich. Eine einfache Recherche im Internet nach „Surfpark Deutschland“ ergibt geplante Projekte in Stade bei Hamburg (Eröffnung 2023), in Berlin, in Werne in Nordrhein-Westfalen (Eröffnung 2023, weltgrößter Surfpark), Krefeld Nordrhein-Westfalen (Eröffnung 2023) und in Würzburg (Eröffnung 2022 oder 2023).
Die Planer sprechen von einem potentiellen Einzugsgebiet in einem Radius von 200 km. Der geplante Park in Berlin liegt in diesem Radius (190 km) und der in Würzburg 80 km außerhalb. Angedacht ist am Bockwitzer See der Bau des Surfparks, der landesweit größten Skate-Anlage, ein Restaurant, Übernachtungsmöglichkeiten, ein Campingplatz und ein Parkplatz mit 150 Stellplätze für jährlich anvisierte 230.000 Besucher zwischen Mai und Oktober. Wo sollen 1.280 Gäste pro Tag bei etwa 180 Betriebstagen parken? Auf den 150 Stellplätzen?
Unabhängig davon, dass Surfparks alles andere als nachhaltig sind, muss ein solches Projekt an einem so sensiblen Standort, wie am Bockwitzer See, unbedingt verhindert werden. Geplant ist der Surfpark am Rande eines der größten Naturschutzgebiete Sachsens (475 ha) welches auch Fauna-Flora-Habitat (FFH) und Special Protected Area (SPA) ist. Soll heißen ein Naturschutzgebiet von höchstem europäischen Rang. Brisanterweise droht Deutschland gerade ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission wegen mangelhaftem Schutz der Natura-2000-Schutzgebiete.
Ich bin am Freitag mal eine Runde um den See gelaufen und habe mir den geplanten Standort angesehen. Dabei passiert man auch den Harald Krug See. Harald Krug, der 2016 leider viel zu früh verstorben ist, war langjähriger Geschäftsführer der Ökologischen Station Borna-Birkenhain, Kreisnaturschutzbeauftragter und Vogelexperte. Eine Gedenktafel oberhalb des Harald Krug Sees erinnert nun an seinen steten Kampf für den Natur- und Artenschutz in der Bergbaufolgelandschaft im Südraum Leipzig. Beim Betrachten der Gedenktafel und der Landschaft fragte ich mich: Was hätte wohl Harald Krug über die Surfpark Pläne gedacht? Kurz darauf landete im letzten Abendlicht ein Schwarm Graugänse in der Mitte des Bockwitzer Sees zur Nachtruhe.
Bornaer Stadtrat öffnet den Weg zum Bau eines riesigen Surfparks am Bockwitzer See
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