Ab dem 16. November sollen die Planunterlagen für den Ausbau des Flughafens Leipzig/Halle öffentlich ausgelegt werden. Aber nach der missglückten Öffentlichkeitsbeteiligung befürchtet nicht nur die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, dass die Bürger kaum eine Chance haben werden, die Unterlagen in aller Ruhe einzusehen. Die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ fordert OBM Burkhard Jung derweil auf, einen Antrag auf Aussetzung des Planfeststellungsverfahrens zu stellen.
„Am Flughafen Leipzig/Halle ist im Bereich Frachtflugverkehr ein Ausbau vorgesehen. Die Anzahl der Starts und Landungen würde um über 50 Prozent ansteigen, der größte Teil davon in der Nachtzeit. Die Unterlagen zur geplanten Erweiterung werden voraussichtlich ab 16.11.2020 unter anderem in Leipzig öffentlich ausgelegt“, gehen die Grünen auf die Probleme dieses geplanten Ausbaus des Frachtflugbetriebes ein.
Aber wo können die Leipziger/-innen die Unterlagen überhaupt einsehen?
„Wo und in welcher Weise werden alle Leipziger Bürger/-innen über den Beginn des PFV/PÄV bzw. über die Auslegung des PFV/PÄV zur Bürgerbeteiligung informiert? Wo und wie können Leipziger/-innen auch unter Pandemie-Bedingungen die sehr umfangreichen Unterlagen einsehen? Wer wird bis wann vonseiten der Stadt Leipzig ein Rechtsgutachten erstellen, das die Rechtmäßigkeit bezüglich PÄV oder PFV klärt? Wer wird bis wann von Seiten der Stadt Leipzig ein Gutachten zum PÄV bzw. PFV erstellen?“, fragten die Grünen deshalb die Leipziger Verwaltung.
Und: „Wie werden Bürger/-innen der Stadt Leipzig unterstützt, Einwendungen zu formulieren und ihre Forderungen in Bezug auf Folgen des Ausbaus auf dem Rechtsweg durchzusetzen?“
Alles berechtigte Fragen nach den Erfahrungen aus den Jahren 2003 und 2004, als den Anwohnern rings um den Flughafen das Blaue vom Himmel versprochen wurde, das sich völlig in Zuckerwatte auflöste, als die Landesregierung dem Flughafen gleich mal einen 24-Stunden-Flugbetrieb erlaubte, nur eingeschränkt durch die eigentlich unwesentliche Beschränkung des Passagierflugbetriebes, während der Flughafen mit seinem nächtlichen Frachtumschlag allen Versprechen, die Nachtruhe der Menschen zu gewährleisten, Hohn sprach. Und spricht. Die Betroffenen fühlen sich schon lange wie lauter Don Quijotes, die gegen Windmühlen kämpfen.
Und dazu kommt mittlerweile der längst für alle spürbare Klimawandel, befeuert auch durch einen ausufernden Frachtflugbetrieb rund um die Welt.
Vernunft würde eigentlich gebieten, diese Fehlentwicklung der Globalisierung wenigstens zu bremsen. Doch seit der Bundestagswahl 2017 schwebt das Gespenst eines Ausbaus der nächtlichen Frachtflugbewegungen über dem Leipziger Nordwesten, ohne dass die Betroffenen irgendwo eine Möglichkeit sehen, bei diesem 500-Millionen-Euro-Projekt auch nur gefragt zu werden.
Eigentlich kann man diesen klimaschädlichen Ausbau nur absagen – je eher, umso besser, findet die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“, in deren Namen Pressesprecher Matthias Zimmermann einen entsprechenden Brief an Oberbürgermeister Burkhard Jung geschrieben hat, in dem er ihn auffordert, jetzt wenigstens einen Antrag auf Aussetzung des für den 16.11.2020 beginnenden Planfeststellungsverfahrens zu stellen, da die Corona-Beschränkungen eine ordentliche Beteiligung der Öffentlichkeit fast unmöglich machen.
Der Offene Brief:
Sehr geehrter Herr Jung,
die LDS hat angekündigt, dass ab 16.11.2020 die Unterlagen für das Planfeststellungsverfahren „Ausbau des Verkehrsflughafen Leipzig/Halle“ (DHL-Frachtflugausbau) für 4 Wochen ausgelegt werden. Mit dem geplanten Ausbau werden die gesundheitlichen Belastungen der 1,5 Millionen vom Fluglärm betroffenen Anwohner und die aktuell bei 2 Millionen Tonnen liegenden CO2-Emissionen des Flughafens Leipzig/Halle dramatisch steigen.
Zum PFV im Jahre 2003/2004 und im PFB von 2004 wurden die Anwohner in mehreren Veranstaltungen von DHL und dem Flughafen nicht bzw. falsch über die gesundheitlichen Belastungen des DHL Nachtfluglärmes informiert (Stichwort „Keiner wird nachts aufwachen“, „Leipzig wird umflogen“, die Starts/Landungen werden gleichmäßig verteilt, usw.).
Gleiches hat sich Anfang des Jahres in den DHL/LEJ-Informationsveranstaltungen wiederholt. Die zwingend erforderliche Bürgerbeteiligung zum PFV Flughafenausbau Leipzig/Halle wird aufgrund der allgemeinen Kontaktbeschränkungen, die am 28.10. von Bund und Ländern zur Corona-Pandemie verfügt wurden, in den kommenden Wochen und Monaten nicht möglich sein.
Wir erwarten deshalb von der Stadt Leipzig, dass sie einen Antrag auf Aussetzung des für den 16.11.2020 beginnenden Planfeststellungsverfahrens stellt – aufgrund der Eilbedürftigkeit mit einer einstweiligen Verfügung.
Der gesamte Brief zum Nachlesen.
Und ein Antrag der Grünen
Und während der Brief noch unterwegs war, stellte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen dafür im Stadtrat gleich noch den Antrag.
„Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bei der Landesdirektion Sachsen, Dienststelle Leipzig, den Antrag zu stellen, dass die Auslegung des Planfeststellungsverfahrens (PFV) bzw. der Beginn des PFV zum Flughafenausbau Leipzig/Halle, der bislang für den 16. November geplant ist, bis auf weiteres ausgesetzt wird“, beantragen sie darin.
Und betonen: „Die zwingend erforderliche Bürgerbeteiligung zum Planfeststellungsverfahren Flughafenausbau Leipzig/Halle ist aufgrund der allgemeinen Kontaktbeschränkungen, die am 28.10. von Bund und Ländern zur Eindämmung der Corona-Pandemie verfügt wurden, nicht verantwortungsvoll abzusichern. Die Corona-Pandemie schränkt aktuell alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens ein.“
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Keine Kommentare bisher
Auf mich wirkt das so:
Es liegt die Absicht vor, im Trubel der Corona-Pandemie unappetitliche Entscheidungen oder Notwendigkeiten heimlich abzuhaken.
Die LDS müsste doch eigentlich wissen, dass aufgrund der aktuellen Bedingungen keine adäquate Öffentlichkeitsbeteiligung möglich ist, oder?
Gilt die durchgeführte “Öffentlichkeitsbeteiligung” Anfang des Jahres eigentlich als erfüllt?
Wo bleiben die Versprechungen der Koalition im Land, den CO2-Ausstoß zu verringern?
(Mit noch mehr Flugverkehr?)
Offensichtlich hatte Brüssel damals die integeren Politiker bzw. Volksvertreter, als DHL mit seiner Lärm- und Dreckmaschinerie in Leipzig hofiert wurde.
Für mich ist das nach wie vor ein ungesühnter Betrug an der Bevölkerung; reloaded.