Es war auf jeden Fall ein mutiger Schritt, als Nadine Stitterich im Mai als unabhängige und parteilose Bürgermeisterkandidatin ihren Hut in den Ring warf und am 20. September versuchen will, Amtsinhaber Jens Spiske zu besiegen. Oder doch Peter Bär von der CDU? Fällt Markranstädt doch wieder zurück an die CDU, die Jens Spiske 2012 mit breiter Unterstützung aus dem Feld geschlagen hat?
Und wie ist die Stimmung wirklich? Auf seiner Homepage kann Jens Spiske Punkt für Punkt abhaken, was er seit 2012 aus seinem damaligen Wahlprogramm alles abgearbeitet hat. Eigentlich eine vorzeigbare Bilanz.
Aber Markranstädt wäre nicht Markranstädt, wenn nicht das Grummeln wäre. Nicht so laut wie 2012, als ein Großteil der Markranstädter die bis dahin amtierende Bürgermeisterin Carina Radon (CDU) nicht mehr haben wollte.
Aber Markranstädt war seit Jahren CDU-Hochburg. Keine einzelne der anderen Parteien war stark genug, es mit der Hausmacht der CDU aufzunehmen. Eine starke Stimme waren freilich die Freien Wähler, mit deren Rückendeckung Spiske ins Rennen ging. Und es gelang ihm, auch aus anderen Parteien Unterstützung zu bekommen.
Es sah ganz so aus, als könnte er zur einigenden Stimme im zerstrittenen Städtchen vor den Toren Leipzigs werden.
Doch acht Jahre später sieht alles wieder so ähnlich aus. Nur dass Spiske inzwischen die Freien Wähler abhanden gekommen sind. Die hatten schon zur Gemeinderatswahl am 26. Mai 2019 heftige Verluste hinnehmen müssen, waren im Vergleich zur Wahl 2014 von 19 auf 9 Prozent abgerutscht.
Auch in Markranstadt machte sich der sächsische AfD-Effekt bemerkbar: die AfD kam aus dem Stand auf 18 Prozent und sorgt mittlerweile auch für einigen Wirbel im Gemeinderat, denn Mehrheiten jenseits der CDU-Fraktion sind dort nur noch mit der AfD möglich. Als dann im September 2019 gar noch die Fraktion der Freien Wähler Gespräche zur Zusammenarbeit mit der AfD-Fraktion aufnahm, zog Jens Spiske die Reißleine und trat mit sofortiger Wirkung bei den Freien Wählern aus.
Er baut jetzt auf seinen Amtsbonus und hofft, die Markranstädter im September mit seiner Erfolgsliste überzeugen zu können.
Dass die CDU sich die Gelegenheit nicht nehmen lassen würde, das Rathaus zurückzuerobern, war mit dem 41-Prozent-Ergebnis aus der Gemeinderatswahl zu erwarten.
Am 10. Juni nominierte die CDU Markranstädt in einer öffentlichen Mitgliederversammlung Peter Bär zu ihrem Kandidaten zur Bürgermeisterwahl 2020 in Markranstädt. „Die Veranstaltung fand mit 77 von 99 Mitgliedern im Sportcenter statt. Das Votum fiel mit 43 Stimmen auf Peter Bär, Mitbewerberin Heike Helbig erhielt 31 der anwesenden Stimmen“, meldete die CDU.
Vorher hatten eigentlich zwei andere Bewerber sich für die CDU-Kandidatur gemeldet: Heike Helbig und Jens Schwertfeger. Doch kurz vor der Nominierung meldete sich dann noch der Quesitzer Betriebswirt Peter Bär an und profitierte am Nominierungsabend vom Konflikt innerhalb der zerstrittenen Lager in der CDU.
Zurück ins CDU-Zeitalter? Weiter mit Jens Spiske?
Nadine Stitterich sieht in dieser Konstellation gute Chancen, den Unmut der Markranstädter einzusammeln, die beides nicht wollen.
In kurzer Zeit hatte sie ihre notwendigen Unterstützungsunterschriften zusammen und fordert den Amtsinhaber Jens Spiske bei der Bürgermeisterwahl in Markranstädt heraus. Seit Beginn der Frist zur Abgabe der Unterschriften ab 15. Juni hat sie bereits nach wenigen Eintragungstagen eine ganze Reihe an Unterstützungsunterschriften für die Zulassung bei der Markranstädter Bürgermeisterwahl am 20. September 2020 gesammelt. Nach Auskunft der Stadtverwaltung hatten bereits zwei Wochen nach Beginn über 110 Bürger ihre Unterstützung in Form einer Unterschrift beim Einwohnermeldeamt bekundet.
„Dieser enorme Zuspruch ist für mich die beste Bestätigung für das Vorhaben bei der Bürgermeisterwahl am 20.09.2020 als parteilose und unabhängige Kandidatin anzutreten“, so Nadine Stitterich. „Ich habe bei den Gesprächen mit den Bürgerinnen und Bürgern festgestellt, dass innerhalb der Bevölkerung der Wunsch zum Wechsel im Rathaus groß ist.“
Sie möchte eigentlich – so ähnlich wie Spiske 2012 – eine „bürgernahe Stadtverwaltung, losgelöst von Parteiinteressen und Parteizwängen.“
„Für mich ist Bürgerbeteiligung eine Selbstverständlichkeit“, sagt sie. Mit Spiske teilt sie auch das große Interesse daran, Markranstädt endlich ans Mitteldeutsche S-Bahn-Netz anzuschließen, ein Projekt, das jetzt mit dem beschlossenen Kohle-Strukturpaket einer Realisierung deutlich näher gerückt ist. Unterstützung bekommt sie auch von den Markranstädter Grünen, die 2019 mit fast 8 Prozent der Stimmen in den Markranstädter Gemeinderat eingezogen sind.
Und sie sammelt weiter Unterschriften: Wer Nadine Stitterich noch unterstützen möchte, kann bis 16. Juli 2020 seine Unterschrift für sie in der Stadtverwaltung Markranstädt, während der regulären Öffnungszeiten, abgeben. Die Bürgerinnen und Bürger müssen hierzu Ihren Personalausweis oder Reisepass mitbringen.
Machtgefälle im Kopf. Die neue „Leipziger Zeitung“ Nr. 80 ist da: Was zählt …
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