Der Flughafen Leipzig/Halle gibt zwar regelmäßig auch Daten zu den selbst erzeugten CO2-Emissionen heraus. Doch die Zahlen umfassen lediglich den Bodenbetrieb, nicht den CO2-Ausstoß der startenden Flugzeuge. Aber wie berechnet man den so, dass er anteilig auf die Region Leipzig umgerechnet werden kann? Das hat die IG Nachtflugverbot jetzt getan, die dabei ein Rechenmodell für den Flughafen Hamburg angewendet hat.
Der Flugverkehr ist einer der am stärksten wachsenden CO2-Emittenten weltweit. Ein Ende dieses Wachstums ist nicht in Sicht, ganz im Gegenteil. Und das trotz Klimakrise. Doch gerade an die großen Schadstoffemittenten (Kohlekraftwerke, Verbrennungsmotoren, Massenviehhaltung und Flugbetrieb) traut sich die Bundesregierung nicht heran, versucht den Deutschen ein Klimapaket anzudrehen, das zwar für viele Haushalte zur finanziellen Belastung werden wird, an den fossilen Schadstoff-Emittenten aber nichts ändert. Im Gegenteil: Man setzt bei Flugverkehr sogar auf einen weiteren Ausbau. Die Sächsische Regierung forciert den Frachtflugbetrieb am Flughafen Leipzig/Halle sogar.
Berechnungen des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2016 haben ergeben, dass Fliegen etwa fünf bis sechs Mal so klimaschädlich ist wie die Bahn oder der Bus. Die Bürgerinitiativen für Fluglärmschutz in Hamburg und Schleswig-Holstein (BAW) haben für den Flughafen Hamburg eine CO2-Last von 2 Millionen Tonnen nach dem Halbstreckenprinzip ermittelt. Beim Halbstreckenbetrieb werden nur die abgehenden Flüge zugrunde gelegt.
Angeregt durch diese Zahlen hat die IG Nachtflugverbot Leipzig/Halle e. V. die CO2-Last für den Flughafen Leipzig/Halle ermittelt. Seit Jahren steigt am Frachtflughafen Leipzig/Halle der Ausstoß des klimaschädlichen CO2 durch den stetig steigenden hohen Anteil von Langstrecken-Frachtflügen überproportional an.
Nach Berechnungen des Bundesumweltamtes verursacht zum Beispiel die Emission einer Tonne Kohlendioxid (CO2) Schäden von rund 180 Euro.
Das ist ein wirtschaftlicher Schaden zwischen 360 und 450 Millionen Euro – pro Jahr, rechnet die Interessengemeinschaft vor.
Nach ihren Berechnungen kommt die IG in Abhängigkeit unterschiedlicher Berechnungsmethoden zu folgendem Ergebnis:
Klimalast durch Passagierflüge: ca. 450.000 bis 590.000 Tonnen CO2
Klimalast durch Frachtflüge: ca. 1.680.000 bis 1.910.000 Tonnen CO2
Daraus ergibt sich für den Frachtflughafen Leipzig/Halle eine Gesamtbelastung von etwa 2 bis 2,5 Millionen Tonnen CO2 im Jahr.
Zum Vergleich: Für die gesamte Stadt Leipzig berechnet die Verwaltung ein jährliches CO2-Aufkommen von 4 Millionen Tonnen.
Damit liegt der wirtschaftliche Schaden für die Region Leipzig-Halle unter Zugrundelegung der Berechnungen des Umweltbundesamtes zwischen 360 und 450 Millionen Euro – pro Jahr, stellt die Interessengemeinschaft fest. Der Flughafen Leipzig/Halle liege somit auch beim CO2-Ausstoß in Europa in der absoluten Spitzengruppe. Weitere klimaschädliche Gase wie Stickoxid- oder NOX-Emissionen, die aus den Triebwerken in großen Höhen ausgestoßen werden, belasten so das Klima noch zusätzlich.
Die externen Kosten des Luftverkehrs in Form von Gesundheitsschäden durch Lärm und Luftverschmutzung sowie durch Klimaschäden aufgrund der wachsenden CO2-Emissionen wird für Deutschland auf etwa 6 Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Aufgrund der Wachstumsdynamik nimmt diese Größenordnung bis 2030 um knapp 50 Prozent auf rund 8,3 Milliarden Euro zu. Dabei sind weitere volkswirtschaftliche Kosten wie ungedeckte Infrastrukturkosten aufgrund von Steuerbefreiungen noch nicht berücksichtigt.
„Die Prioritäten für den Frachtflughafen Leipzig/Halle sind vom Freistaat Sachsen ganz klar vorgegeben: Zuerst kommt der Luftfrachtverkehr und dann wird vielleicht noch irgendwie versucht, Umweltschutz zu betreiben. Das ist ein unerträglicher Zustand und zeigt die völlige klimapolitische Arg- und auch Ahnungslosigkeit der Verantwortlichen für den Frachtflughafen Leipzig/Halle auf“, kritisiert Peter Richter, Vorsitzender der IG Nachtflugverbot.
Richter fordert weiterhin „die ersatzlose Streichung sämtlicher politisch beschlossenen Wachstums- und Rabattprogramme des stadtnahen Frachtflughafenbetriebes, einen Stopp aller kapazitätssteigernden Maßnahmen sowie eine deutliche Reduzierung der Flugbewegungen, insbesondere in der Nacht!“
„Dresden müsse endlich erkennen, dass ein stadtnaher Flughafen wie Leipzig/Halle nun mal einer ist, der weder eine uneingeschränkte Nachtflugerlaubnis für Fracht- und Militärflugzeuge, noch schier unendliche Kapazitätserweiterungen für den klimaschädlichen Luftfrachtverkehr haben kann“, appelliert Richter an die Verhandlungsführer und an das federführende sächsische Wirtschaftsministerium.
Welche Rolle spielt eigentlich die sächsische Staatsregierung beim zunehmenden Lärmwachstum im Leipziger Norden?
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