Eigentlich war die Geschichte schon durch: Anfang Oktober erläuterte das Leipziger Planungsdezernat, was schon im Februar angekündigt worden war: Dass man rund um die Leipziger Innenstadt die Ampeln so umstellen werde, dass der Kfz-Verkehr auf den Ring deutlich gedrosselt wird und zum Teil aufs Tangentenviereck umgeleitet wird. Das soll vor allem die Stickoxid-Belastung in stark belasteten Straßenabschnitten senken.

Doch nun griff die LVZ das Thema wieder auf und machte eine recht dramatische Geschichte zur kommenden Einspurigkeit auf der B2/Wundtstraße daraus, eine Geschichte, die sichtlich bei einigen Autofahrern und der CDU-Fraktion neue Panik auslöste.

Die CDU-Fraktion stellte umgehend einen Antrag mit dem groß klingenden Titel „Abstimmung von Verkehrsstrategien und -entscheidungen mit dem Leipziger Umland“. Ein Antrag, der suggeriert, dass sich Leipzigs Verkehrsplaner in solchen Fällen nicht mit den Umlandgemeinden abstimmen. Was in diesem Fall nach Aussage von Michael Jana, dem Leiter des Verkehrs- und Tiefbauamtes, so nicht zutrifft. Man habe nicht nur die künftigen Verkehrsströme in Markkleeberg mit modelliert, man habe sich auch mit den Markkleeberger Verantwortlichen abgestimmt.

Außerdem sei die B2 aufgrund der schon stark geschädigten Trasse im Agra-Park sowieso schon über weite Strecken einspurig. Wenn man jetzt auch noch die Wundstraße im Leipziger Stadtgebiet einspurig mache, würde das an der Durchlässigkeit der B2 gar nichts ändern. Außerdem ginge es ja darum, den Verkehr, der gar nicht in die Innenstadt will, frühzeitig auf die Richard-Lehmann-Straße umzuleiten.

Sodass man schon ahnt, was für eine Stellungnahme die CDU auf ihren Antrag bekommen wird, in dem sie gleich mal die ganz großen Pendlerzahlen herausholt. „Der Leipziger Quartalsbericht weist für 2018 97.720 Einpendler nach Leipzig und 64.311 Auspendler aus. Darum können Entscheidungen, die maßgeblich den Verkehrsfluss zwischen Leipzig und seinem Umland, wie die aktuell anstehende Einspurigkeit der Wundstraße, nicht ohne Abstimmung mit der Region geplant und umgesetzt werden“, kann man da nun lesen.

„Leipzig lebt davon, gerade wenn einerseits nicht für jeden die gewünschten Wohnungen und andererseits Fachkräfte nicht im erforderlichen Maße zur Verfügung stehen, dass es einen Austausch mit dem Umland gibt. Aber auch das Umland erfährt zur Zeit eine wirtschaftlich positive Entwicklung, die auch Arbeitskräften aus Leipzig anlockt.“

Zumindest hat man gemerkt, dass ein Großteil der Pendler wahrscheinlich auch mit der S-Bahn und anderen Nahverkehrsangeboten nach Leipzig kommt und nicht alle mit dem Auto fahren.

Aber so richtiges Zutrauen hat man in den ÖPNV nicht, obwohl auf keiner S-Bahn-Trasse die S-Bahnen so dicht getaktet fahren wie ausgerechnet zwischen Markkleeberg und Leipzig. „Noch ist der ÖPNV im MDV-Gebiet nicht so aufgestellt, dass die Mobilitätsansprüche der Ein- und Auspendler vorrangig durch diesen abwickelbar sind“, meint die CDU-Fraktion.

„Darum müssen Entscheidungen zur Verfügbarkeit des Straßenraums für den Individualverkehr sehr wohl abgewogen werden. Das betrifft auch solche Entscheidungen, die aus übergeordneten Gründen, wie der Luftreinhaltung, in Abstimmung mit Landesbehörden zu treffen sind. Auch hier sollte sich die Region zur Eindämmung negativer Folgen, wie der Belastung von bisher weniger belasteten Straßen, gemeinsam abstimmen. Als Oberzentrum hat man auch eine Verantwortung für die Entwicklung der Region. Alleingänge zu solch relevanten Themen wie Verkehr und Energie belasten die kooperative Entwicklung in der Metropolregion.“

Da bräuchte es eigentlich eine bessere Abstimmung im Mitteldeutschen Verkehrsverbund, wenn in der Leipziger Region endlich ein stärker belastbarer ÖPNV entstehen soll.

Aber die CDU-Fraktion möchte gern ein anderes Beratungsgremium aus der Taufe gehoben sehen:

„Der Oberbürgermeister wird mit der umgehenden Einrichtung eines Gremiums beauftragt, welches sich mit dem Ausgleich der Interessen zur Entwicklung des Verkehrsraums Leipzig und Leipziger Umland befasst. Als Moderator dieses Gremiums empfiehlt sich der Regionale Planungsverband Westsachsen. Mitwirkende des Gremiums sind insbesondere Vertreter der Fachverwaltungen der Stadt, des Landkreises Leipzig sowie der jeweils betroffenen Kommunen. Die Hinzuziehung von einschlägigen Landesbehörden und Experten empfiehlt sich ebenfalls.“

Noch ein Arbeitskreis mit lauter Ämtern und Behörden? Aber wen sollen die eigentlich ersetzen, wo doch die Diskussion um die Organisation der überörtlichen Straßen sowieso schon im Regionalen Planungsverband Westsachsen stattfindet, wo alle Kommunen zusammensitzen und aushandeln, wo welche Straßenanbindung in welcher Ausbaustufe zu verlaufen hat?

Ein Rätsel.

Michael Jana hatte übrigens betont, dass die Einengung der Wundstraße, die dazu führen soll, dass weniger (Diesel-)Fahrzeuge durch die hochbelastete Harkortstraße fahren, reversibel angelegt werden soll. Heißt laut Michael Jana: Wenn der erwartete Effekt nicht eintritt oder es zu unerwarteten Problemen im Verkehrsfluss kommt, kann die Abmarkierung wieder entfernt und die Wundtstraße wieder zweispurig werden.

Auf die Einspurigkeit am Agra-Park hat Leipzig eh keinen Einfluss, denn die hängt mit dem Bauzustand der Agra-Überbrückung zusammen, die ja irgendwann in den nächsten Jahren durch einen Tunnel ersetzt werden soll.

Fahrbahnreduzierung auf der Wundtstraße und Dosierung an der Mahlmannstraße

Fahrbahnreduzierung auf der Wundtstraße und Dosierung an der Mahlmannstraße

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