Als Matthias Zimmermann von der Bรผrgerinitiative โ€žGegen die neue Flugrouteโ€œ am 4. September in der Ratsversammlung zu Burkhard Jungs Votum im Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Flughafen AG (MFAG) zur Flughafenerweiterung fragte, verwies er auch auf die Stadtratsentscheidung gegen einen weiteren Flughafenausbau. Die gab es tatsรคchlich. Darauf verwies auch Burkhard Jung am 4. September.

Aber auf seine nonchalante Art verwies er auch gleich darauf, dass der Beschluss nicht zwangslรคufig auch Folgen hat. Beschlossen ohne Gegenstimmen hatte der Stadtrat einige solcher Antrรคge im Mai 2018. Darin ging es um die Leipziger Stellungnahme zur Fortschreibung des Regionalplans fรผr Westsachsen.

Dieser Regionalplan wird vom Regionalen Planungsverband Westsachsen beschlossen. In diesem Planungsverband arbeiten die Stadt Leipzig und die Landkreise Nordsachsen und Leipzig zusammen. Hier legen sie gemeinsam fest, was wo im Planungsgebiet gebaut werden darf, wo z. B. Windkraftanlagen entstehen dรผrfen, wo es Bergbau geben darf, wo Siedlungen entstehen dรผrfen und neue Gewerbegebiete. Und natรผrlich wird dort auch entschieden, wo es welche Art Verkehr geben darf.

Was Leipzig da im Mai 2018 beschlossen hat, war aber nur die Stellungnahme der Stadt Leipzig. Sie ist dabei eine Instanz unter vielen (neben anderen Kommunen, Umweltverbรคnden, Wirtschaftskammern, Unternehmen โ€ฆ), die ihre Stellungnahmen abgeben. Das heiรŸt aber noch nicht, dass diese auch in den Regionalplan einflieรŸen. Das sagte Jung am 4. September recht deutlich.

Was eigentlich all jene Stadtrรคtinnen und Stadtrรคte ermuntert haben sollte, die fรผr Leipzig in der Verbandsversammlung des Planungsverbandes sitzen. Denn wenn ein solches Votum aus Leipzig รผberhaupt keine Relevanz hat fรผr das, was dann im fortgeschriebenen Regionalplan steht, dann hat Matthias Zimmermann recht: Dann sind Stadtratsbeschlรผsse nicht das Papier wert, auf dem sie geschrieben stehen. Dann wird Demokratie ad absurdum gefรผhrt.

Und Tatsache ist โ€“ das deutete Burkhard Jung ja an: Das Leipziger Votum hat an der entsprechenden Passage des Regionalplans bislang nichts geรคndert.

Denn dort steht nach wie vor und deutlich (Punkt 3.5 Luftverkehr): โ€žDer Verkehrsflughafen Leipzig/Halle ist so zu entwickeln, dass er als Bestandteil eines leistungsfรคhigen Verkehrsnetzes einen zentralen Knoten im mitteldeutschen Raum darstellt und damit die Standortgunst der Region national und international wesentlich erhรถht. Dazu ist er durch weitere Anlagen, insbesondere Vorfeldflรคchen und Abfertigungseinrichtungen fรผr den Luftfrachtverkehr, zu ergรคnzen. Die ErschlieรŸung dieser Anlagen ist sicherzustellen. Fรผr weitere Ausbaustufen im Passagier- und im Luftfrachtbereich sind die Flรคchenvorhaltungen zu gewรคhrleisten.โ€œ

Und in der Begrรผndung: โ€žDer Flughafen soll sich zu einem europรคischen Frachtdrehkreuz entwickeln. Dafรผr sind Rollbahnen, Vorfelder und Abfertigungseinrichtungen bedarfsgerecht bereitzustellen. Darรผber hinaus soll Luftfracht auf die Schiene verlagert (Air Cargo Express) und Leipzig/Halle mit anderen Flughรคfen besser vernetzt werden (LEP Begrรผndung zu Ziel 3.5.1). Im Frachtbereich Sรผd stehen fรผr Luftfahrtunternehmen und luftfahrtaffine Unternehmen besonders aus der Fracht- und Logistikbranche Flรคchen zur Verfรผgung. Die Mรถglichkeit zur direkten Schienenanbindung des Frachtbereichs Sรผd besteht. Die Express-und Logistiktochter DHL der Deutsche Post World Net hat einen zentralen Hub errichtet. Fรผr weitere Ausbaustufen im Passagier-und im Luftfrachtbereich erfolgen Flรคchenvorhaltungen durch die Festlegung von Vorsorgestandorten fรผr die Ansiedlung von Gewerbe und Industrie (Kap. 2.3.1) sowie durch die kommunale Bauleitplanung, insbesondere der Stรคdte Leipzig und Schkeuditz.โ€œ

Was ja im Klartext heiรŸt: Im Rahmen des Regionalen Planungsverbandes unterstรผtzt die Stadt Leipzig das Gegenteil dessen, was die Stadt Leipzig im Mai 2018 als Stellungnahme zum Regionalplan beschlossen hat.

Normalerweise ist der Regionalplan dafรผr da, dass die Kommunen und Landkreise ihre Interessen miteinander abstimmen, also auch das Votum der vertretenen Stรคdte dort zur Geltung kommt. Nur scheint das Votum des Leipziger Stadtrats dort nicht zu zรคhlen. Es wird โ€“ wenn man Jung richtig interpretiert โ€“ als Stellungnahme abgeheftet, hat aber irgendwie keinen Einfluss auf den entscheidenden Passus im Regionalplan.

Wobei zu betonen ist: Die meisten Entscheidungen, die der Stadtrat im Mai 2018 traf, betreffen ein klares โ€žNeinโ€œ nur gegen die geplante Erweiterung des Siedlungsbeschrรคnkungsgebietes rund um den Flughafen, eingebracht von den Ortschaftsrรคten Lindenthal, Seehausen und Lรผtzschena-Stahmeln.

Lediglich die Grรผnen waren auf die Ausbauplรคne fรผr den Flughafen selbst eingegangen: โ€žDie Entwicklung des Flughafens Leipzig Halle zu einem internationalen Passagierflughafen wird von der Stadt Leipzig unterstรผtzt. Hinsichtlich des weiteren Ausbaus des Frachtflugverkehrs und der damit verbundenen nรคchtlichen Lรคrmbelastung der nรถrdlichen Teile von Leipzig sind die aktuellsten Erkenntnisse und Forderungen des Fluglรคrmberichtes 2017 des Umweltbundesamtes fรผr stadtnahe Flughรคfen zu beachten und bezogen auf den Flughafen Leipzig-Halle darzustellen.โ€œ

Das ist aber bislang im Regionalplan auch nicht nachvollziehbar dargestellt. Und wahrscheinlich ist es auch viel zu weich formuliert, um fรผr den Ausbau des Frachtflughafens wirklich ein Stoppschild zu setzen.

Die Bรผrgeranfrage und die Antwort von OB Burkhard Jung am 4.09.2019 im Stadtrat

Video-Quelle: Livestream der Stadt Leipzig

 

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