Wenn die Landesdirektion Sachsen die Nachtfluglärmbelastung am Flughafen Leipzig/Halle bewertet, dann geht es nicht um neue Lärmminderungsmaßnahmen. Die müssen auf politischer Ebene durchgesetzt werden. Die Landesdirektion bewertet nur, ob das erstmals 2004 definierte und später erweiterte Lärmschutzgebiet in seiner Größe auch noch der aktuellen Fluglärmbelastung entspricht. Im Lärmgebiet kann es dabei durchaus immer lauter werden. Was auch 2018 der Fall war.
Die Landesdirektion Sachsen hat jetzt die turnusmäßig stattfindende Überprüfung der Nachtfluglärmbelastung am Flughafen Leipzig/Halle für das Jahr 2018 auf der Grundlage der geltenden Regelungen des Planfeststellungsbeschlusses vom 4. November 2004 zum Ausbau des Flughafens abgeschlossen, teilte sie am Montag, 23. September, mit. Seit dem Jahr 2016 sind die Überprüfungsberechnungen für das Nachtschutzgebiet alle drei Jahre für das jeweils vorangegangene Kalenderjahr durchzuführen. Ziel dieser Überprüfung ist es, zu ermitteln, ob sich im Vergleich zwischen der im Rahmen der Planfeststellung prognostizierten und der tatsächlichen Fluglärmbelastung Differenzen ergeben, die zu weitergehenden Schutzmaßnahmen führen müssen, betont die Landesdirektion.
Aber tatsächlich geht es nur um die Ausdehnung des Schutzgebietes, nicht die Fluglärmbelastung darin.
Und so ist das Ergebnis der diesjährigen Überprüfung, die reineweg anhand der registrierten Starts und Landungen passierte, dass es gegenwärtig keiner weiteren Regelungen zum Schutz vor nächtlichem Fluglärm durch die Landesdirektion bedürfe.
In die Überprüfung sind das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr als oberste Luftfahrt- und Genehmigungsbehörde und das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie als technische Fachbehörde einbezogen worden.
Was wird tatsächlich gezählt?
Das nächtliche Flugaufkommen der sechs verkehrsreichsten Monate 2018 (Mai bis August, Oktober und November) weist im Vergleich zum Aufkommen der sechs nachtverkehrsreichsten Monate 2015 eine Steigerung um ca. 19,5 Prozent auf insgesamt 20.299 Flugbewegungen auf.
Der Anteil der Start- und Landebahn Süd an den Nachtflügen ist von 92,3 Prozent auf 91,0 Prozent gefallen. Der Anteil der Start- und Landebahn Nord an den Nachtflugbewegungen hat sich dementsprechend von 7,7 Prozent auf 9,0 Prozent erhöht.
Die meisten Flugbewegungen entfielen im langjährigen Mittel auf die Betriebsrichtung West (Landungen von Osten, Starts nach Westen) mit 66 Prozent; die Betriebsrichtung Ost (Landungen von Westen, Starts nach Osten) wurde bei 34 Prozent der Flugbewegungen registriert. In den vorgenannten Monaten des Jahres 2018 war allerdings die Betriebsrichtungsverteilung nahezu ausgeglichen (52 Prozent West, 48 Prozent Ost).
Immer mehr schwere und laute Flugzeuge am Nachthimmel
Die Anzahl der Nachtflüge mit schweren Propellerflugzeugen (über 5,7 t zulässiges Startgewicht) ist im Vergleichszeitraum um 146 auf 238 gefallen (- 61 Prozent). Ihr Anteil am nächtlichen Flugaufkommen betrug in den sechs nachtverkehrsreichsten Monaten des Jahres 2018 ca. 1,2 Prozent (2015: 2,3 Prozent).
Bei den schweren Strahlflugzeugen (AN 124, IL 76, B 747) hat sich hingegen eine Zunahme um 46 Prozent auf 394 Flüge ergeben (2015: 257 Flugbewegungen).
Für das expressfrachtgetriebene Drehkreuz sind insbesondere die Luftfahrzeuggruppen S 5.2 (Flugzeugtypen: B 752, B 733, B 734, B 738, A 320, A 321, T 204) und S 6.1 (insbesondere A 306, B 763, B77F) relevant, betont die Landesdirektion. Hier war im Vergleich zu 2015 eine Zunahme um 17,7 Prozent auf 11.713 (Luftfahrzeuggruppe S 5.2) bzw. um 25,4 Prozent auf 7.824 Flugbewegungen (Luftfahrzeuggruppe S 6.1) festzustellen. In den sechs nachtverkehrsreichsten Monaten des Jahres 2018 sind ca. 96,2 Prozent des Nachtflugverkehrs mit diesen Flugzeugtypen durchgeführt worden (2015: ca. 95,3 Prozent).
Das Lärmschutzgebiet bekommt ein bisschen Zuwachs
Unter Zugrundelegung der gerichtlich bestätigten Kriterien für die Ausweisung des Nachtschutzgebietes, in dem Maßnahmen des baulichen Schallschutzes zum Schutz vor unzumutbarem Nachtfluglärm erforderlich sind, hätte dieses im Jahr 2018 eine Größe von 175,2 Quadratkilometer haben müssen (2015: 137,2 Quadratkilometer). Tatsächlich hat das von der Planfeststellungsbehörde festgesetzte Gebiet eine Gesamtgröße von 256,4 Quadratkilometer, erklärt die Landesdirektion.
Aber die tatsächliche Lärmbelastung überschreitet an einigen Stellen auch dieses große Lärmschutzgebiet.
Und das hat seinen Grund eben auch darin, dass immer mehr laute und schwere Flugzeuge zum Einsatz kommen.
Die Folge, so die Landesdirektion: Aufgrund der starken Veränderung bei den Betriebsrichtungen und der Tendenz zum überproportional ansteigenden Einsatz größerer und schwererer Flugzeuge ist eine Überschreitung des Nachtschutzgebietes nordöstlich der Ortslage Bad Lauchstädt (Umfang: ca. 0,86 Quadratkilometer) sowie in einem schmalen Streifen, der sich von Modelwitz (Straße „Am langen Stein“) bis südlich des Gewerbegebietes Breitenfeld Ost erstreckt (Umfang: ca. 0,57 Quadratkilometer), festzustellen. Innerhalb dieser betroffenen Flächen liegt lediglich ein Wohngrundstück (Ortslage Modelwitz). Ansonsten handelt es sich um unbebaute Flächen bzw. um Industrie- und Gewerbeflächen (Güterverkehrszentrum Leipzig).
Die Flughafen Leipzig/Halle GmbH habe die Eigentümer des betroffenen Wohngrundstücks bereits darüber informiert, dass sie Ansprüche auf bauliche Schallschutzmaßnahmen gegenüber der Flughafengesellschaft geltend machen können, teilt die Landesdirektion noch mit. Eine Neufestsetzung des Nachtschutzgebietes durch die Landesdirektion Sachsen sei deshalb nicht erforderlich gewesen.
Das Siedlungsbeschränkungsgebiet am Flughafen Leipzig/Halle soll deutlich größer werden
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