Zwei Mal in den vergangenen Jahren wurde Grimma von sogenannten Jahrhunderthochwassern heimgesucht. 2002 wurde dabei die historische Pöppelmannbrücke zerstört. Aber auch die historische Altstadt stand unter Wasser. Es entstand ein Schaden von rund 220 Millionen Euro. Sachsens Staatsregierung beschloss daraufhin nicht nur einen veränderten Wiederaufbau der Brücke, sondern auch den Bau einer neuen Hochwasserschutzanlage. 2008 war Baubeginn.

Damals auch von Umweltschützern kritisiert, denn dass Grimma in der Neuzeit solche heftigen Hochwasser bekam, hat auch mit dem massiven Verlust von Ausbreitungsflächen für die Mulde oberhalb von Grimma zu tun. Sie kann sich bei Hochwasser nicht ausbreiten und schießt dann mit großer Geschwindigkeit in das Nadelöhr, in dem Grimma liegt.

Dazu kommt noch, dass alte Gräben, die noch im Mittelalter die Wasser auch westlich Grimmas um die Stadt geleitet haben, verschwunden sind – verfüllt und überbaut wurden. Logisch, dass die Mulde dann mit deutlich höherem Wasserstand durch Grimma rauscht.

2013, als das nächste Jahrhunderthochwasser Grimma heimsuchte, war die hochkomplexe Schutzanlage, die die Landestalsperrenverwaltung für Grimma entwickelt hatte, noch lange nicht fertig. Wieder stand die Altstadt unter Wasser.

Die neu konstruierte Pöppelmannbrücke mit dem noch stehenden alten Mittelpfeiler. Foto: Stadt Grimma
Die neu konstruierte Pöppelmannbrücke mit dem noch stehenden alten Mittelpfeiler. Foto: Stadt Grimma

Hätte die Schutzmauer geholfen, wenn sie fertig gewesen wäre? Das sächsische Ministerium für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) ist sich sicher, dass „die Stadt Grimma (…) erstmals in ihrer jahrhundertealten Geschichte vor Hochwassern der Mulde geschützt“ ist. Ministerpräsident Michael Kretschmer, Umweltminister Thomas Schmidt und Oberbürgermeister Matthias Berger haben am Donnerstag, 2. August, nach rund elf Jahren Bauzeit die rund 57 Millionen Euro teure Hochwasserschutzanlage symbolisch fertiggestellt.

Einen ersten Test gab es schon im Frühjahr.

Ministerpräsident Michael Kretschmer betonte: „Der Schutz für Grimma ist eines der aufwendigsten Hochwasserschutzprojekte im Freistaat Sachsen und eine gute Investition in die Zukunft und Sicherheit der Stadt und der hier lebenden Menschen.“

Er verwies darauf, dass allein die Flutkatastrophe im August 2002 rund 220 Millionen Euro Schäden hinterlassen hat. Im Jahr 2013, als die Anlage bereits im Bau war, wurde Grimma erneut überflutet. „Auch vor diesem Hintergrund ist das nun vollendete Projekt ein Segen und das Geld für den Schutz richtig gut investiert.“

Die mehr als zwei Kilometer lange und bis zwölf Meter tief in den Fels gegründete Hochwasserschutzanlage entlang des Altstadtkerns von Grimma bindet zahlreiche denkmalgeschützte Bauten ein. Sie verfügt über eine unterirdische Dichtwand, acht Grundwasserbrunnen sowie ein leistungsfähiges Schöpfwerk für den Thostgrundbach.

Insgesamt 78 Öffnungen, darunter große durchfahrbare Fluttore, ermöglichen die Durchgängigkeit bei normalen Wasserständen. Mit der neuen Anlage verfügt die Stadt im Muldental nun – aus Sicht der Staatsregierung – über einen angemessenen Schutz für ein Hochwasser, wie es statistisch einmal in einhundert Jahren eintritt (HQ100). Das entspricht einer Wasserführung der Mulde von mehr als 2.000 Kubikmetern pro Sekunde.

Einweihung der rekonstruierten Pöppelmannbrücke 2012. Foto: Stadt Grimma
Einweihung der rekonstruierten Pöppelmannbrücke 2012. Foto: Stadt Grimma

„Der Bau dieser Hochwasserschutzanlage war mit besonderen Herausforderungen verbunden, weil die 800 Jahre alte Stadtmauer sowie eine Reihe von Gebäuden denkmalgerecht in die Linie einzubinden waren“, erklärte der zuständige Staatsminister Thomas Schmidt.

„Um den Bau der Hochwasserschutzanlage mit den Ansprüchen des Denkmalschutzes und der Stadtentwicklung zu verbinden, wurde sogar ein komplettes Modell der Stadt in einem Versuchsfeld der Technischen Universität Dresden im Maßstab 1 zu 50 nachgebaut. Mit dem 57 mal 25 Meter großen Modell konnten verschiedene Varianten des vorgesehenen Schutzes untersucht werden. Ich freue mich, wie sich die Fachleute unserer Landestalsperrenverwaltung auch dieser schwierigen Aufgabe gestellt haben. Ein angemessener Hochwasserschutz ist eine wichtige Zukunftsinvestition für Grimma.“

Finanziert wurde der Bau der Hochwasserschutzanlage vor allem aus Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE), aber auch aus Mitteln des Bundes und der Länder sowie unter Kofinanzierung aus Mitteln des Freistaates Sachsen auf der Grundlage des vom Sächsischen Landtag beschlossenen Haushaltes.

Seit der Flut im Jahr 2002 hat der Freistaat Sachsen 2,9 Milliarden Euro in den Hochwasserschutz sowie in die nachhaltige Schadensbeseitigung investiert. Weitere 630 Millionen sind bis zum Jahr 2022 dafür vorgesehen. Der Löwenanteil der Gelder – rund 95 Prozent – floss dabei in den Neubau und die Ertüchtigung technischer Hochwasserschutzwerke wie Deiche, Rückhaltebecken oder Ablasswerke. Zwar hatte die Regierung 2002, kurz nach der Flut, signalisiert, man habe „begriffen“ und wolle jetzt endlich wieder Deiche rückverlegen und den Flüssen wieder Raum zu Atmen geben, aber von den geplanten Auenfreilegungen sind die allerwenigsten in der Zeit zur Spruchreife gelangt.

Der Flyer der LTV zur Hochwasserschutzanlage in Grimma.

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