Im Februar berichteten wir an dieser Stelle über die Baumfällungen in der Leipziger Nordwestaue. Mitten im Landschaftsschutzgebiet Leipziger Auensystem fällte der Staatsbetrieb Sachsenforst einige hundert wertvoller Bäume. Durfte der das? Da war sich der NuKLA e. V., der die Baumfällungen angezeigt hat, ziemlich sicher: Nein. Durfte er nicht. Auch wenn das in Sachsens Behörden ein bisschen anders gesehen wird. Auch in Leipzig.
Der NuKLA e. V. zeigte die Fällungen bei den beiden zuständigen Umweltschutzbehörden an, denn das Gebiet, in dem Sachsenforst die Bäume fällte – darunter mehrere alte starke Eichen – gehört zwar zum Leipziger Auenwald, verwaltungstechnisch aber sowohl zu Leipzig als auch in der Schkeuditzer Flur zu Nordsachsen.
Im Leipzig selbst gehörenden Teil des Auenwaldes gilt seit 2018 ein Stopp für alle Baumfällungen im Rahmen des Forstwirtschaftsplans. Der Stadtrat hatte zwar den von der Abteilung Stadtforsten vorgelegten Forstwirtschaftsplan, der die Fällung hunderter Bäume im Landschaftsschutzgebiet vorsah, bestätigt. Aber NuKLA e. V. sah genug belastbare Gründe, diesen Forstwirtschaftsplan als gesetzwidrig zu sehen und klagte gegen die Stadt. Die Klage ist zwar inzwischen irgendwie abgewiesen. Aber das Gericht trödelt mit der Begründung, sodass NuKLA als Kläger nun wieder die Hände gebunden sind. Den Einspruch gegen einen Gerichtsbeschluss kann man ja erst machen, wenn die Begründung vorliegt.
Stattdessen liegt inzwischen ein neuer, noch viel umfangreicherer Forstwirtschaftsplan 2019 vor, über den der Stadtrat demnächst abstimmen soll. Diesmal sollen sogar über 8.000 Festmeter Holz aus dem geschützten Wald geholt werden.
Aber dieses feinsinnige Verzögerungsspiel der Behörden kennt noch mehr Windungen, die davon erzählen, dass die lokalen Umweltschutzbehörden alles mögliche sind, nur keine Umweltschutzbehörden.
Denn sowohl das Leipziger Amt für Umweltschutz als auch das in Nordsachsen brachten es fertig, sich beide für unzuständig zu erklären und die Anzeige des NuKLA wegen der Baumfällungen von Sachsenforst an die Landesdirektion zu verweisen. Ein Verweis, der erst so richtig offenlegte, warum sich in Sachsen so niemand für den Schutz der großen Naturschutzgebiete zuständig fühlt. Die Landesdirektion Sachsen brauchte tatsächlich vier Monate – von März bis Juli – um herauszufinden, wer eigentlich für den Naturschutz im Leipziger Auenwald zuständig ist – und zwar „sachlich und örtlich“ – wie die Landesdirektion betont.
Und in beiden Fällen ist es die jeweilige Untere Naturschutzbehörde – für den Schkeuditzer Teil das Landratsamt Nordsachsen, für den Leipziger Teil das hiesige Amt für Umweltschutz.
Das bedeutet eben auch, dass beide Ämter, als sie den Fall an die Landesdirektion abzugeben versuchten, zeigten, dass sie ihre Hausaufgaben nicht gemacht hatten. Oder noch deutlicher gesagt: Das ganze mehrfach geschützte Leipziger Auensystem hatte in den vergangenen Jahren niemanden, der es geschützt hat. Was erst jenen seltsamen Raum der Willkür ermöglichte, in dem zwei Forstbetriebe diesen unersetzlichen Wald behandelt haben wie einen Wirtschaftswald und ihn durch das Fällen zahlreicher wertvoller Altbäume in erheblichem Ausmaß geschädigt haben.
So stark geschädigt, dass der Wald an den Stellen, wo großflächig abgeholzt wurde, Jahrzehnte brauchen wird, um auch nur annähernd wieder seine vielen wertvollen Funktionen zu erfüllen, die er als unzerstörter Wald gehabt hat.
Die Landesdirektion hat den Fall jetzt wieder zurückverwiesen an die beiden zuständigen Umweltschutzbehörden.
Wenn ein Sachsengespräch offenlegt, wie Naturschutz in Sachsen (nicht) funktioniert
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