Auch im Landkreis Leipzig landete zur Kreistagswahl am 26. Mai die CDU mit 23,3 Prozent knapp vor der AfD mit 21,4 Prozent. Nur ihre überragende Stellung ist dahin: Sie verlor 11,7 Prozent. Im Grunde ähnelt das Wahlergebnis im Landkreis Leipzig erstaunlich dem im Landkreis Nordsachsen. Von einer hellblauen Monotonie im Osten kann keine Rede sein.
Und auch nicht von dem Erdrutsch, den gerade die großen westdeutschen Medien am 26. Mai gesehen haben wollen. Natürlich sind sie auf die AfD fixiert wie die Kaninchen auf die Schlange. Die Drohgebärde funktioniert und die AfD-Führung tut ja nun wirklich alles dafür, den Schulterschluss nach ganz Rechtsaußen zu üben.
Aber dieses Spiel mit der Drohgebärde spielen bislang sichtlich nur rund 20 Prozent der Wähler mit. Für manche scheint es tatsächlich ein Spiel zu sein, Wahlen dazu zu nutzen, den bislang regierenden Parteien einfach mal den Stinkefinger zu zeigen, ihren Unmut über eine als ungenügend empfundene Politik mit der größtmöglichen Keule deutlich zu machen.
Hinter der auch – den Fakt sollte man wohl nicht ausblenden – auch der alte infantile Wunsch steckt, ein paar starke Männer sollten es jetzt richten. Auch wenn die Wahlprogramme der AfD nicht wirklich belastbare Ansatzpunkte bieten, wie das demografische Dilemma in den ländlichen Regionen gelöst werden soll. Und dazu kommt: Die meisten Wähler sehen sehr wohl, dass es einen Berg von Aufgaben gibt, der aktuell aber einfach nicht angepackt wird, weil die regierenden Parteien dazu nicht die Kraft oder den Mumm haben.
Auch das steckt im Wahlergebnis des Landkreises Leipzig, das eben auch den Satz des Grünen-Vorsitzenden Robert Habeck illustriert, den er am Mittwoch, 5. Juni, im Interview mit der „Zeit“ äußerte: „Lebensentwürfe und Wertvorstellungen der Menschen werden immer vielfältiger, die Gesellschaft immer emanzipierter.“
Und die Menschen in den ländlichen Regionen werden es auch. Sie nabeln sich auch von einer seit drei Jahrzehnten gepflegten Landespolitik ab, die sichtlich nicht mehr funktioniert, die in den Landkreisen eher das Gefühl erzeugt, dass für die simpelsten Dinge kein Geld mehr da ist, obwohl die Landesregierung gerade Milliarden anspart, um die künftigen Beamtenpensionen schon mal vorzufinanzieren. Während heute schon die Lehrer, Ärzte, Hebammen, Pflegekräfte fehlen. Und die „Privaten“ bauen ja ihre Versorgungsstrukturen in den Landkreisen ebenfalls zurück: Lebensmittelmärkte, Postfilialen, Bäckerläden, Bankautomaten …
So haben zwar neben der CDU auch die SPD (- 2,7 Prozent) und die Linke (- 5,7 Prozent) im Landkreis verloren. Aber dazugewonnen hat auch hier nicht nur die AfD, sondern auch Grüne (+ 3,6 Prozent), FDP (+ 0,7 Prozent) und die Unabhängigen Wähler (+ 1,3 Prozent). Die Unabhängigen sind mit 16,4 Prozent jetzt die drittstärkste Kraft im Landkreis, noch vor SPD (13,5 Prozent) und Linken (13,3 Prozent). Und selbst die Grünen erreichten mit 6,7 Prozent ein Ergebnis, das man vor wenigen Jahren nur in den drei Großstädten erwartet hätte.
Was eben auch bedeutet, dass die so viel zitierten „Mega-Themen“ der AfD überhaupt nicht die Themen sind, die wirklich auch auf Kreisebene die Menschen bewegen. Da geht es eher um ÖPNV, Wirtschaft, Umwelt und natürlich den anstehenden Strukturwandel, wenn der Kohlebergbau im Leipziger Süden endet.
Wobei natürlich auch auffällt, dass die Grünen vor allem in den leipzignahen Wahlkreisen ihre stärksten Ergebnisse (8 bis 13 Prozent) erreichten, in Markkleeberg lag sogar die SPD vorn. Aber zwei Wahlkreise gingen eindeutig an die unabhängigen Wähler – der Wahlkreis 7 um Grimma sogar mit 41 Prozent. Im Nachbarwahlkreis 6 waren es auch noch 34 Prozent.
Was eben auch darauf hindeutet, dass die freien Wählergemeinschaften durchaus ein Wörtchen mitzureden haben, wenn es um Landespolitik geht. Im Herbst wollen sie ja auch in den neu zu wählenden Landtag einziehen.
Auch der Landkreis Nordsachsen wählte vor allem bunt und ein Stück weit AfD als Protest
Auch der Landkreis Nordsachsen wählte vor allem bunt und ein Stück weit AfD als Protest
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