Im März ging der Bürgerverein Sauberes Delitzscher Land e.V. an die Öffentlichkeit. Er berichtete über überhöhte Schadstoffwerte in Proben rund um das einstige Biomassekraftwerk Delitzsch. Das ist zwar seit drei Jahren außer Betrieb. Aber spätestens seit 2011 gab es den Verdacht, dass das alte Kraftwerk eine regelrechte Giftschleuder war. Volkmar Zschocke, der abfallpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, wollte es genauer wissen.

Geantwortet hat ihm jetzt der zuständige Minister Thomas Schmidt. Doch die Antwort erinnert einen fatal an die Antworten zu vergleichbaren Fällen in der Vergangenheit, als die Behörden ebenso konsequent verneinten, dass die jeweilige Anlage irgendeine Schadstoffbelastung für die Umwelt darstelle.

Thomas Schmidt zweifelt sogar an, dass die selbstständigen Untersuchungen des Bürgervereins in irgendeiner Weise belastbar sind: „Aus Sicht der zuständigen Behörde, dem Landratsamt Nordsachsen, kann den vom Bürgerverein Sauberes Delitzsch e. V. veröffentlichten Messergebnissen mit dem angeblichen Nachweis von vermuteten ‚Giftbelastungen‘ nicht gefolgt werden“ meint Schmidt.

„Maßgeblich für verwaltungsrechtlich nutzbare Analysenergebnisse ist eine repräsentative Probenahme gemäß der Richtlinie PN 98, ‚Richtlinie für das Vorgehen bei physikalischen, chemischen und biologischen Untersuchungen im Zusammenhang mit der Verwertung/Beseitigung von Abfällen‘, der Länderarbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA). Die durch ein Mitglied des Bürgervereins durchgeführten Probenahmen sind aus Sicht des Landratsamtes gemäß LAGA PN 98 nicht repräsentativ. Außerdem werden die Ergebnisse durch die bisher nicht belegte Sachkunde des Probenehmers sowie die unbekannten Labore infrage gestellt. Das Landratsamt sieht auf der Grundlage dieser Ergebnisse zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Veranlassungen, erneute Prüfungen zu beauftragen.“

Was hat dann das Landratsamt überhaupt untersucht? Hat es überhaupt etwas untersucht?

Jedenfalls nicht das, was der Bürgerverein untersucht hat – also die Bodenablagerungen und verwehenden Stäube.

„Aus Sicht des Landratsamtes als zuständige Behörde bestehen aktuell keine Anhaltspunkte auf weiteren Handlungsbedarf. Das Landratsamt stützt sich dabei auf die Ergebnisse zur geohydrologischen Situation am Standort aus dem Gutachten ‚Grundwasseruntersuchung im An- und Abstrom der Asche- und Schlackehalde‘ des Ing.-Büros R. W. Ashauer und Partner GmbH vom Januar 2017“, so Schmidt. „Auch im Ergebnis einer durch das Landratsamt am 12. Dezember 2018 durchgeführten Überwachung zur Kontrolle abfall- und wasserrechtlicher Sachverhalte ergaben sich hierzu keine aktuellen Verdachtsmomente.“

Also hat man am 12. Dezember nur die ordnungsgemäße Lagerung der Hölzer auf dem Gelände untersucht. Und die wasserrechtliche Untersuchung von 2017 hat nur belegt, dass es im Grundwasser keine Schadstoffnachweise gab.

Am 19. März hat dann auch die Feuerwehr noch einmal geguckt, ob irgendwelche brandschutzrechtlichen Probleme bestehen. Aber man fand keine.

Thomas Schmidt: „Mit Hinweis auf die Antwort zu Frage 1 sind die dem Bürgerverein vorliegenden Untersuchungsergebnisse nicht geeignet, eine aktuelle Gefahrenlage abzuleiten.“

Mittlerweile wurde das Gelände verkauft. Der neue Besitzer hat die Verpflichtungen der GOAZ Energy GmbH i. L. übernommen, das Gelände umweltgerecht zu beräumen, teilt Schmidt mit.

Aber es bleibt der Zweifel, ob der Minister bzw. das Landratsamt sich darauf ausruhen können, die (bislang unbekannten) Untersuchungslabore und damit die Probenentnahmen des Bürgervereins als nicht ernst zu nehmend einzustufen. Ob die von Schmidt benannte „Richtlinie PN 98“ genügt, die Belastungen der Oberfläche im Gelände abzudecken, ist ebenfalls eine Frage, die beantwortet werden müsste.

Die Delitzscher Dioxin-Schleuder

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So ist das in Sachsen. Lieber Verein in Delitzsch: Sie können dann nur noch eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft stellen wegen Verdacht auf Verletzung der entsprechenden Umweltschutzgesetze. Ob dann allerdings was passiert, bevor der Wind alles verweht hat, ist beim dortigen Personalmangel fraglich. Aber immerhin ist das eine Maßnahme. Eine Klage gegen die zuständige uNB (wegen Untätigkeit?, bin kein Jurist) wäre auch noch möglich, da die ja informiert war, wie man las, aber das kostet dann Geld. Allerdings kann man sich damit an die obere NB (LDS) wenden mit einer Beschwerde. Bitte nicht aufgeben!

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