Dass die sächsischen Kohlekonzerne immer noch versuchen, neue Kohleabbaufelder genehmigt zu bekommen und ganze Dörfer abbaggern zu dürfen, hat auch damit zu tun, dass sie weit mehr Kohle fördern wollen, als in den Betriebsplänen genehmigt wurden. Und was 2015 anfangs als Vermutung im Raum stand, bestätigt jetzt das Sächsische Oberbergamt: Aus dem Tagebau Schleenhain wurden erhebliche Kohlemengen über die Landesgrenze geschafft. Das war nicht wirklich regelkonform.

Man sei zwar nicht wirklich zuständig, was das Verschicken von Kohle betrifft, teilt das Oberbergamt mit. Aber mit der Frage hat man sich tatsächlich beschäftigt: „Es geht um die Frage, inwieweit Kohle aus diesem Tagebaugebiet an andere Stellen transportiert werden durfte, insbesondere nach Buschhaus und nach Tschechien“, hatten wir gefragt. „Inwieweit ist in den Betriebsplänen der MIBRAG festgehalten, dass es solche Kohletransporte geben durfte?“

Aber Betriebspläne regeln im Grunde doch den Verwendungszweck der geförderten Kohle, bestätigt das Sächsische Oberbergamt: „Für den Kohletransport über öffentliche Straßen und Schienenwege und die Weiterverarbeitung der Kohle ist das Sächsische Oberbergamt nicht zuständig, siehe § 2, Absatz 4 BBergG. Im geltenden Hauptbetriebsplan der MIBRAG für den Tagebau Vereinigtes Schleenhain ist die Versorgung des Kraftwerkes Lippendorf mit geeignetem Brennstoff in Form von Rohbraunkohle als Hauptzweck der Kohleförderung benannt. Über 90 Prozent der Förderung werden diesem Zweck zugeordnet. Die MIBRAG beliefert mit dem verbleibenden Kohleanteil eine Reihe weiterer Großkunden (u. a. HKW Chemnitz und Zuckerfabriken in Sachsen-Anhalt).“

Wobei die Lieferungen nach Chemnitz und Sachsen-Anhalt schon vorher bekannt waren. Sie sorgten auch nicht für die deutliche Verärgerung in der Region. Das schafften erst die auffällig vielen Kohletransporte ins niedersächsische Buschhaus und in die tschechischen Kohlekraftwerke des Mutterkonzerns. Dafür ist ein sächsisches Bergrecht eigentlich nicht da, um Konzernbedürfnisse in anderen Ländern zu befriedigen und deshalb gleich noch die Dörfer Pödelwitz und Obertitz zu opfern. Das ist gesellschaftlich nicht vermittelbar.

Und das sorgte auch bei den regionalen Planern in Westsachsen für gehörige Verärgerung.

Der Tatbestand wurde, so stellt das Oberbergamt jetzt fest, dann freilich auch auf einen deutlichen Hinweis des Oberbergamts hin abgestellt.

„Unseres Wissens hatte die MIBRAG vor etwa 3 Jahren als vorübergehende Interimslösung Kohle sowohl nach Buschhaus als auch nach Tschechien geliefert. Im Zuge der dazu geführten politischen Diskussion vor Ort haben wir die MIBRAG darauf aufmerksam gemacht, dass das Sächsische Oberbergamt aufgrund der genannten Zweckbestimmung der Kohle Schwierigkeiten sieht, gegebenenfalls zusätzlich zu errichtende spezielle Verladeanlagen zu genehmigen“, teilt das Oberbergamt mit.

Das hat mit den damals geplanten Mengen an Kohle zu tun: Mit Lkws hätte man die großen Transporte zum Beispiel nach Buschhaus nicht organisieren können. Man hätte also wieder Kohlezüge ordern müssen und dafür sowohl am Tagebau Vereinigtes Schleenhain als auch in Buschhaus neue Ver- und Entladeeinrichtungen bauen müssen. Was selbst dann nicht garantiert hätte, dass man die aufwendigen Transporte hätte organisieren können.

Die notwendigen Kohlezüge hätte man vielleicht noch in Europa ordern können. Dafür war schon damals das verfügbare Personal an versierten Lokführern knapp. Und man hätte gewaltige Schwierigkeiten bekommen, die Transporte in den engen Zeitfenstern der Deutschen Bahn unterzubringen, die auch im mitteldeutschen Raum viele Entlastungsstrecken, auf denen man auch mal Kohletransporte hätte fahren lassen können, dichtgemacht und oft auch zurückgebaut hat.

Das Thema Buschhaus erledigte sich ja dann, als es der MIBRAG gelang, das kurz zuvor erst gekaufte niedersächsische Kraftwerk, das eh keinen speisenden Tagebau mehr hatte, in die deutsche Kraftwerksreserve zu überführen.

Und nicht nur das Oberbergamt äußerte seine Bedenken zu diesen zusätzlichen Kohlelieferungen.

„Der ohne nähere Beteiligung des Sächsischen Oberbergamts insbesondere vom Regionalen Planungsverband Leipzig-Westsachsen moderierte regionale Kompromiss führte unseres Wissens dazu, dass die Kohlelieferungen nach Tschechien und nach Buschhaus wieder eingestellt wurden“, teilt das Oberbergamt mit.

„Mindestens hinsichtlich Buschhaus wurde dies inzwischen vollständig umgesetzt, da dieses Kraftwerk in Niedersachsen inzwischen – wie allgemein bekannt – der Nationalen Sicherheitsreserve zugeordnet wurde und dafür keine Kohle mehr benötigt. MIBRAG hat dem Sächsischen Oberbergamt auch versichert, dass seit ca. 3 Jahren keine Kohlelieferungen nach Tschechien mehr erfolgen.“

Man hat also 2015 auf die auch regional deutlich vorgebrachte Kritik reagiert. Womit sich eigentlich die Pläne, nun auch noch das Kohlefeld unter Pödelwitz abzubauen, erledigt haben, denn zur Beschickung des Kraftwerks Lippendorf reichen die genehmigten Kohlemengen mindestens bis 2040.

Aber in dieses Bild gehört freilich auch der jüngste Vorstoß der LEAG, des Lausitzer Schwesterkonzerns der MIBRAG, die Kohlediskussion in Sachsen offenzuhalten und alle Hebel zu ziehen, um die sächsischen Kohlekraftwerke „weit bis über das Jahr 2040 hinaus“ in Betrieb zu halten. Länger, als es selbst das Oberbergamt in seinen Sanierungsvereinbarungen mit den beiden Konzernen vorsieht, denn danach ist auch in Lippendorf (und damit im Tagebau Vereinigtes Schleenhain) spätestens 2042 Schluss und sollte die Wiederherstellung einer intakten Landschaft beginnen.

Rechnerisch fehlt Buschhaus heute schon beim wirtschaftlichen Betrieb der Tagebaue im Leipziger Südraum

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