Warum Jahreszahlen zur Renaturierung der Tagebaue in Sachsen und der Kosten für die Revitalisierung vom Sächsischen Oberbergamt als „VERTRAULICH – enthält Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ deklariert werden, erschließt sich auch beim dritten und vierten Lesen der Vorsorgevereinbarung zwischen der MIBRAG und dem Oberbergamt nicht. Es sei denn, man will kaschieren, wie teuer die Renaturierung wirklich wird.
Und – was ja die Vermutung der beiden Oppositionsfraktionen von Linken und Grünen ist: Die Aufstellung der „Ansparpläne“ würde verraten, welche Vorsorgeleistungen heute schon in den Konzernen liegen. Oder noch. Denn Vattenfall hatte ja vor dem Verkauf an EPH schon 1,4 Milliarden Euro angespart und bei der MIBRAG müssten über 200 Millionen Euro da sein.
Die Summen müssten für das erste Berichtsjahr 2021 – also zum Start – auftauchen. Wenn sie aber so nicht dastehen, haben beide Konzerne die Vorsorgeleistungen entweder im laufenden Betrieb schon wieder verbraucht oder an die Muttergesellschaft ausgereicht.
Und dann ist die Frage, wie sie es dann ab 2021 schaffen wollen, mit rückläufiger Kohleverstromung die aufgeschriebenen Zielgrößen zu erreichen.
Die entsprechenden Stellen sind in der vom Oberbergamt veröffentlichten Vertragsvariante mit der MIBRAG aber geschwärzt. Man bekommt aber zumindest eine Ahnung davon, wie sich die MIBRAG die Wiederinstandsetzung der ausgekohlten Landschaft vorstellt.
Dazu gibt es jeweils einzelne Abschnitte – einmal zum MIBRAG-Tagebau Profen in Sachsen Anhalt, wo man die Auskohlung 2035 beenden will. Was noch nicht das Ende für das angeschlossene Kohlekraftwerk Wählitz bedeuten soll. Das will die MIBRAG in den drei folgenden Jahren (bis 2041) noch aus dem Tagebau Vereinigtes Schleenhain mit Kohle beschicken.
Was augenscheinlich einer der Gründe dafür ist, dass die MIBRAG in dieser Vereinbarung ausdrücklich festschreiben lässt, man wolle im Tagebau Vereinigtes Schleenhain bis 2042 Kohle abbauen und würde dafür unbedingt die (noch nicht genehmigten) Abbaufelder unter den Dörfern Pödelwitz und Obertitz in Anspruch nehmen.
Ein Passus, der als Vereinbarung mit dem Oberbergamt durchaus verwundern kann. Denn die Betriebsgenehmigung für Schleenhain beruht lediglich auf der Braunkohlelieferung für das Kraftwerk Lippendorf. (Womit übrigens damals auch die Devastierung von Heuersdorf begründet wurde.) Die Rekultivierung des Tagebaurestlochs Profen soll dann 2035 beginnen. Was diese Rekultivierung im Einzelnen kostet, ist im Bericht geschwärzt.
Man bekommt nur die Gesamtsumme für alle beide MIBRAG-Tagebaue, Profen und Schleenhain.
„Die Zusammenstellung der ermittelten Kosten der Wiedernutzbarmachung nach Einstellung der Kohleförderung in beiden Tagebauen weist ein Endergebnis von 363 Mio. EUR aus (Preisbasis 2018). Das bedeutet, dass unter Berücksichtigung künftiger Preissteigerungen Auszahlungen in einer Gesamthöhe von 494 Mio. EUR anfallen.“
Aber in Schleenhain will man erst 2042 mit der Rekultivierung beginnen. Bis dahin will der Konzern (augenscheinlich mit Wohlwollen des Oberbergamtes) unbedingt auch noch zwei Dörfer abbaggern.
„Der in 1998 genehmigte Rahmenbetriebsplan sowie der in 2011 in Kraft gesetzte Braunkohleplan für den Tagebau Vereinigtes Schleenhain und das darüber hinaus aktuell erarbeitete technologische Konzept der Tagebauentwicklung inklusive der Inanspruchnahme der Vorbehaltsgebiete Pödelwitz und Obertitz bilden die Basis der Bearbeitung des Wiedernutzbarmachungskonzeptes, in dem die Gestaltung der Resträume in den Abbaufeldern Peres und Groitzscher Dreieck berücksichtigt ist. Es werden zwei große Restseen entstehen, der Pereser und der Groitzscher See.“
Beides werden zwei sehr große Seen, die das Neuseenland um 8,5 Quadratkilometer (Pereser See) und 8,7 Quadratkilometer (Groitzscher See) erweitern werden. Zum Vergleich: Der Zwenkauer See hat 9,7 Quadratkilometer, der Cospudener See 4,4 Quadratkilometer Wasserfläche.
Da aber MIBRAG und Oberbergamt der Meinung sind, dass die Rekultivierung erst ab 2042 beginnen soll, sind auch die Zeithorizonte für die landschaftliche Wiederherstellung entsprechend lang.
„Wie das Schaubild in Abbildung 4 zeigt, können die Wiedernutzbarmachungsmaßnahmen gemäß der Planung der MIBRAG überwiegend bis Ende der 2050-iger Jahre abgeschlossen und die Verpflichtungen damit erfüllt werden. Der Schwerpunkt der Auszahlungen ist unmittelbar in den der Auskohlung folgenden ersten fünf Jahre angesiedelt.“
Ob die Abbildung 4 das so zeigt, wissen natürlich nur die, die die Vereinbarung so fleißig geschwärzt haben. Der Wortlaut deutet jedenfalls darauf hin, dass das sächsische Oberbergamt blauäugig annimmt, die MIBRAG würde bis 2042 emsig Gewinne machen und die Vorsorgeleistungen entsprechend auffüllen können.
Er zeigt aber auch, dass das Oberbergamt in einer Parallelwelt arbeitet, in der man den Klimawandel so gründlich ignoriert wie alle politischen Entscheidungen. Und ob die Vereinbarung aus MIBRAG-Sicht wirklich belastbar ist, wird sich auch erst zeigen und hängt davon ab, ob CO2-Emissionen weiter so billig bleiben wie bisher und ob sich die deutsche Regierung überhaupt leisten kann, den Kohleausstieg noch um Jahre zu verschieben.
Sachsens Regierung sagt den Bergbaubetreibern Tagebaurestlaufzeiten bis 2042 zu
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