Am 7. November fand in Schkeuditz auf dem Gut Wehlitz die 22. Stadt-Umland-Konferenz des Grünen Ringes statt. Bei der ging es – wie wir berichteten – auch um den Saale-Elster-Kanal und das, was die hiesigen Akteure damit anfangen wollten. Wir haben zwar berichtet, dass man den Ausbau des Kanals bis zur Saale erst einmal zurückgestellt hat. Aber das mag nur Taktik sein. Wenn man einmal ganz viel Geld hat, wird man wohl wieder trommeln.

Diesmal ging es eher um die Frage, was man aus dem Kanal im jetzigen Zustand machen könnte. Von den rund 18 Kilometern sind ja nur knapp 11,8 Kilometer in den 1930er Jahren gebaut worden – samt Brücken und Überleitern, die längst in die Tage gekommen sind.

Deswegen war auch das Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltungsamt (WSV) des Bundes eingeladen, denn der Kanal gilt bis heute als Bundeswasserstraße. Und deshalb muss sich das WSV auch weiterhin um den Erhalt und die Sicherheit aller Bauwerke kümmern, die Deiche pflegen und auch jede Menge Geld in die Reparatur von Beton- und Rostschäden stecken.

Johannes Kutscher vom WSV benannte in seinem Vortrag zwar nicht die jährlichen Kosten, betonte aber immer wieder, dass der Bund eigentlich sehr froh wäre, wenn ein Dritter den teuren, aber als Wasserstraße nutzlosen Kanal übernehmen würde. Kutscher: „Der unvollendete Kanal ist für die WSV entbehrlich, eine Übernahme durch Dritte denkbar.“

Und während die lokalen Akteure so gern erzählen, was sie mit dem Kanal so gern anfangen würden, steht eine Aussage unwidersprochen im Raum: Niemand hat sich bislang für die Übernahme des Kanals interessiert – nicht die beiden Bundesländer, in denen er liegt, nicht die Kreise und auch nicht die große Stadt Leipzig. Denn wer den Kanal übernimmt, muss ihn pflegen, reparieren, instand halten.

Und wer gar noch mehr Betrieb darauf bringt, hat noch mehr Sicherheits- und Ordnungspflichten.

Da erstaunt es schon, dass der Grüne Ring mit den Büros „Project M“ und „ICL GmbH“ wieder einmal zwei tatenfreudige Planungsbüros beauftragt hat, eine Nutzungskonzeption für den Kanal zu entwickeln. Und zwar augenscheinlich mit der Auflage, nicht nur einen späteren Weiterbau des Kanals offenzuhalten, sondern jetzt schon so viel für den Kanal zu installieren, dass er als Sport-und-Event-Kanal ins Bewusstsein der Region rückt.

Das aktuelle Ende des Elster-Saale-Kanals. Foto: Gernot Borriss
Das Ende des Elster-Saale-Kanals. Foto: Gernot Borriss

Man hat das verzweifelte Stöhnen aus den Umweltverbänden und den Wassersportvereinen schon gehört, denn damit wird auch dieses bislang noch nicht eventisierte Gewässer regelrecht okkupiert. Zumindest gedanklich. Denn was die Ideen der beiden findigen Büros kosten werden, haben sie natürlich noch nicht beziffert.

Sie haben nur mit schönen bunten Karten gezeigt, dass der Kanal heute für Wanderer, Freizeitwassersportler und Radfahrer kaum eine Rolle spielt. Über die existierenden großen Radwege ist er nicht erreichbar. Und für Bootsfahrer bietet er keine Attraktionen. Was für den in Burghausen ansässigen Ruderklub eigentlich sogar das wichtigste Kriterium des Kanals ist: Hier kommen die Ruderer mit Freizeitkapitänen und Motorbootschiffern kaum ins Gehege und können ungestört trainieren.

Aber das ist nicht die Vision, die die beiden Büros in Wehlitz vorstellten.

Ihr Ziel (und so lautete auch der Auftrag) ist die Indienstnahme des Kanals zur Förderung von mehr Radfahrern und Wasserreisenden. Dass der Bau eines durchgehenden Saale-Elster-Kanal-Radweges durchaus Sinn macht, bestätigen auch die Naturschutzverbände. Aber sie warnen, diesen auf dem Deich anzulegenden Weg zur breiten Piste zu machen. Denn im und am Kanal sind zahlreiche geschützte Biotope aufgereiht. Das verträgt sich nicht wirklich mit Massenbetrieb und regelmäßig geplanten Sport-Events.

Aber genau in die Richtung dachten die beiden Büros: Sie schlagen eine „durchgängige feinporige Asphaltierung“ des Radweges vor, „Breite 3 Meter (wichtig, da viele Nutzergruppen), Ausweichstellen auf Deich; ggf. abschnittsweise bedarfsgerecht auch breiter, wenn Örtlichkeit dies zulässt, Hohe Pausenqualität – hohe Rastplatzdichte, Netz-Einstiegspunkte mit S-E-K Besucherparkplätzen in allen Anrainerorten, Wegweisung nach FGSV-Standard, Information über Kanalgeschichte und Sehenswürdigkeiten/Orte am und im Umfeld vom Kanal“.

Von Naturerleben dürfte bei so einer Ausstattung nicht viel übrig bleiben. Erst recht, wenn man auch noch den parallelen Ausbau des Kanals mit mehreren neuen Anlegestellen, „Wasserwanderrast- und Biwakplatz“, Radherberge, Bootsvermietung und Imbissgastronomie daneben denkt. Und nicht nur neue Anlegestellen für Sportboote seien denkbar. In Burghausen und dann am Einkaufspark „nova eventis“ sollen große Anlegestellen für Passagierboote gebaut werden. Sind ja beides „jetzt schon Attraktionen“ am Kanal. Und diese Anlegestellen braucht man natürlich, weil man die Passagierschifffahrt vom Lindenauer Hafen bis nach „nova eventis“ fortsetzen möchte.

Man baut also einen Zwischenschritt ein, schafft erst mal viele neue technische Angebote bis zum Anlegepunkt „nova eventis“.

Bestimmt wird sich auch jemand finden, der das bezahlt.

Wobei immer noch die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung im Boot ist, die heute schon ihre berechtigen Bauchschmerzen hat, was das betrifft, was jetzt schon an Wildwuchs am Kanal passiert. Andererseits hat sie sich auch schon bereiterklärt, zumindest bei den landseitigen Vorhaben mit einer Kostenbeteiligung von 50 Prozent einzusteigen. Ein Lückenschluss zur Saale ist vom Bund nicht vorgesehen, betonte Kutscher. Aber: „Der Bund bekennt sich zu seiner Verantwortung für die Nebenwasserstraßen und stellt sich auf die zeitgemäßen Anforderungen aus Politik und Gesellschaft ein.“

Wenn die Anlieger also eine Erschließung für die Freizeitnutzung wollen, ist man dabei.

Eine entsprechende Abstimmung mit den Städten Leipzig, Schkeuditz und Leuna sowie „Project M“ habe im September stattgefunden, erzählte Kutscher.

Welches Ergebnis die Besprechung genau hatte, sagte er nicht, nur dass die „Ziele für den Ausbau des Betriebsweges als Radweg besprochen“ wurden, möglicherweise drei Meter breit, asphaltiert, mit hoher Rastplatzdichte auf der Nordseite des Kanals. Sollten die Anlieger die Radwegkonzeption fertig haben, werden die Antragsunterlagen beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt in Magdeburg eingereicht und geprüft. Passen die Radwege auf den Deich, werden sie wohl gebaut. „Project M“ hatte zumindest in Aussicht gestellt, dass eine Projektausarbeitung im Dezember 2018 vorliegen könnte.

Das alles klingt nicht wirklich nach einer behutsamen Erschließung, um die es augenscheinlich auch laut Auftrag nicht ging. Denn da stand im Zentrum: „Der Kanal ist als Initial zu nutzen, um Wertschöpfungseffekte für die Region zu erzielen (direkte und indirekte)“.

Es ist also der noch immer fortgesetzte Versuch diverser Ämter, hier ein bisschen Wirtschaftsförderung zu spielen. Nur in diesen Visionen funktionieren Gastronomie- und Servicebetriebe, die man am Kanal ansiedeln will. Und mit hoher Nutzungsdichte.

Die Pläne zum Weiterbau des Kanals hat man erst einmal vertagt. Aber wenn die beteiligten Städte und Kreise die geplante Zweckgesellschaft gründen sollten, wären sie wohl bald wieder auf dem Tisch. Bis dahin gibt es dann wohl Butterfahrten nach Günthersdorf für alle, die immer schon einmal mit dem Boot zum Shoppen fahren wollten.

Am unvollendbaren Elster-Saale-Kanal soll erst einmal ein Radweg entstehen

Am unvollendbaren Elster-Saale-Kanal soll erst einmal ein Radweg entstehen

 

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