Bei der Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ wundert man sich noch, dass die LVZ, das „bekannteste Lokalblatt der Region“ (Matthias Zimmermann) nicht mehr über die Abstimmungen zur Fluglärmbelastung rund um den Flughafen Leipzig/Halle berichtet. Denn selbst in Sachsen/Anhalt wird darüber berichtet, wenn der Leipziger Stadtrat die Nase voll hat von der wachsenden Verlärmung im Norden.
In der Ratsversammlung am 31. Mai wurden alle Änderungsanträge zum Regionalplan für Westsachsen mit Mehrheit positiv votiert. Da ging es um das geplante Siedlungsbeschränkungsgebiet rund um den Flughafen, Ergebnis neuer Berechnungen zum tatsächlichen Fluglärm rund um den Flughafen. Und rechnerisch größer wird es, weil seit 2007 von den Flughafennutzern und -betreibern permanent gegen die beschlossenen Regelungen aus dem Planfeststellungsbeschluss verstoßen wird.
Auf die Gleichverteilung der Startbahnen wird nicht die Bohne geachtet. Auch im Mai wurde in der Nacht zu 97 Prozent auf der Südbahn gelandet und gestartet, sodass wieder dasselbe Gebiet mit schwerem Fluggerät verlärmt wurde.
Denn anders als andere Flughäfen beschränkt der Leipziger Flughafen die Starts und Landungen von schweren, lauten und alten Maschinen überhaupt nicht, schränkt deren Benutzung nicht einmal durch erhöhte Startentgelte ein.
Und das führt dazu, dass jede Steigerung der Luftfracht eben auch dazu führt, dass nachts noch mehr Flugzeuge von der Südbahn abheben. Rekord kann man das nicht mehr nennen. Das ist eine Ausweitung der Rücksichtslosigkeit, wenn in den ersten fünf Monaten des Jahres 2016 insgesamt 1.625 Flugbewegungen in der Kernnacht auf der Südbahn registriert wurden, ein Jahr später schon 1.824 und 2018 nun sogar schon 2.010.
Da fallen die Anwohner nicht nur im jetzt schon bestehenden Siedlungsbeschränkungsgebiet immer wieder aus den Betten, denn die Flieger dürfen ja mit Genehmigung der Deutschen Flugsicherung auch zwei niemals planfestgestellte „Kurze Abkurvungen“ nutzen, also gleich nach dem Start nach Norden oder Süden abdrehen und direkt in niedriger Flughöhe über Naturschutzgebiete und dicht besiedeltes Gebiet fliegen.
Und da sowieso Nacht ist, werden in dieser Zeit auch gern die schweren russischen Frachter über diese Route geschickt – damit alle Leipziger etwas haben von dem Lärm.
Und da es der alte und der neue Bundesverkehrsminister fertiggebracht haben, die vom Bundestag längst beschlossene Petition einfach zu ignorieren, fühlen sich die DFS und die Frachtunternehmen im Aufwind, denn wenn nicht einmal eine vom Bundestag beschlossene Petition umgesetzt wird – auf wen sollten sie noch Rücksicht nehmen? Auf eine windelweiche Staatsregierung in Dresden?
Da dröhnen sie drauf.
Ergebnis: Es vergeht kaum noch ein Tag, an dem nicht dutzende Flüge über die Kurze Südabkurvung geführt werden, die eigentlich nur für bestimmte Ausnahmeflüge für kleine Flugzeuge bis 30 Tonnen gedacht ist. Egal, ob tags oder nachts: Hier sparen die Frachtgesellschaften, allen voran DHL, auf Kosten der Leipziger Sprit und Zeit.
1.255 Flüge gingen in diesem Jahr schon über die Kurze Südabkurvung, 329 davon direkt von der Südbahn, was jedes Mal ein langanhaltendes Dröhnen über großen Teilen des Auenwaldes und des Stadtgebietes bedeutet. Selbst im Leipziger Südosten ist man davon mittlerweile genervt. Eine entsprechende Stadtratsanfrage liegt schon vor.
Und dieser Missbrauch verschwindet natürlich nicht, wenn die LVZ nicht darüber berichtet. Er ist ja für alle Leipziger offensichtlich. Schlimmer ist es, wenn die verantwortlichen Politiker so tun, als würden sie davon nichts mitbekommen. Allen voran der sächsische Verkehrsminister.
Aber der singt lieber das Lied, das für gewöhnlich auch in der LVZ zu lesen ist. Zur Bilanz des Leipziger Flughafens sagte er am 19. Januar: „Erfreut zeigt sich Minister Dulig zudem von der Frachtbilanz in Leipzig/Halle: ‚Der nunmehr 13. Frachtjahresrekord in Folge ist eine Erfolgsgeschichte, die wir fortschreiben wollen. Als richtungsweisend sehe ich dafür das kürzlich unterzeichnete Memorandum of Understanding mit der chinesischen Provinz Hubei. Demnach wird der Leipzig/Halle Airport bei künftigen Frachttransporten aus Hubei eine strategisch wichtige Rolle spielen und generell den Wirtschaftsstandort Sachsen weiter stärken.“
Das klingt nicht wirklich ermutigend für die Fluglärmbetroffenen in Leipzig. Aber es erklärt wohl auch, warum auch der Besuch der Leipziger Fluglärminitiativen im Verkehrsministerium ausging wie das Hornberger Schießen.
Der Fluglärmreport für Mai 2018.
Leipzigs Stadtrat stimmt mehrfach gegen die Ausweitung der Fluglärmbelastung im Leipziger Norden
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Statt dessen fährt doch neuerdings eine Straßenbahn mit Werbung für diese unsere – wie habt ihr letztens so schön geschrieben – outgesourcte Demokratie durch die Stadt. An die können wir ja dann denken, wenn wir uns schlaflos im Bett wälzen, weil die Flieger darüberweg dröhnen.