Vom 26. Februar bis zum 12. März lag der Planfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes zum geplanten Fahrradtunnel am Equipagenweg im Zimmer 006 der Stadtverwaltung Markkleeberg zur allgemeinen Einsichtnahme aus. Der ADFC Leipzig hat sich noch einmal die Mühe gemacht, das Ergebnis anzuschauen – und ist restlos enttäuscht. Denn wenn Politiker ein großes Beton-Bauwerk für teuer Geld bekommen können, wischen sie alle anderen Alternativen vom Tisch. Auch in diesem Fall.

Denn mit deutlich weniger Geld und Buddelei (und damit langen Sperrzeiten für die beliebte Strecke zum Cospudener See) hätte Markkleeberg eine Lösung bekommen können, die Radfahrern und Fußgängern wesentlich freundlicher entgegenkäme als ein knapp bemessener Betontunnel ohne Ausweichmöglichkeit. Die Bahn hatte es sogar angeboten.

„Auf dieser eingleisigen Strecke kommt nicht mal stündlich ein Zug vorbei, so dass ein beschrankter Bahnübergang für einen sicheren Verkehrsablauf ausreichend wäre“, erklärt Dr. Christoph Waack, Vorsitzender des ADFC Leipzig, die Situation. Dass eine solche Lösung funktioniert, zeige an derselben Strecke der Bahnübergang zum Teilungswehr. Aus diesem Grunde hatte die DB ursprünglich auch am Equipagenweg einen Bahnübergang mit Vollschranken geplant.

Der Bahnübergang am Teilungswehr - so hätte der Übergang am Equipagenweg auch werden können. Foto: Ralf Julke
Der Bahnübergang am Teilungswehr – so hätte der Übergang am Equipagenweg auch werden können. Foto: Ralf Julke

Aber die Verantwortlichen vor Ort wollten lieber einen Tunnel.

Mit Aussicht auf geringere Betriebskosten für die DB Netz AG erfolgte 2012 die Festlegung auf eine – damals deutlich breitere – Tunnellösung. Angesichts 100-prozentiger Förderung durch den Bund wurden die Mehrkosten von rund 3 Millionen Euro sowie die bei der Planung zutage tretenden Nachteile jedoch nebensächlich. Die Vorhabenträger kauften sich so auf Kosten der künftigen Nutzer, der flächenabgebenden Anlieger und der zahlenden Allgemeinheit von weiteren Überlegungen frei, kommentiert der ADFC Leipzig das nun vorliegende Ergebnis.

Logisch, dass der ADFC die vom Stadtrat Markkleeberg beschlossene Unterführung der Bahnlinie ablehnt.

Nach der Entscheidung zur Linienführung der Straßenbahn Linie 9 auf Markkleeberger Gebiet ist das die zweite Entscheidung, in der der Markkleeberger Stadtrat der Nachbarstadt den Mittelfinger zeigt und deutlich macht, dass die Verkehrsthemen Leipzigs die kleine Randstadt überhaupt nicht interessieren. An warmen Sonnentagen fahren tausende Leipziger über die Strecke Equipagenweg zum Cospudener See. Derzeit werden sie mit einer verengten Führung über die Bahngleise konfrontiert und gleich anschließend mit einer unübersichtlichen Querung mitten in einer Kurve der Brückenstraße.

Eine Brücke wäre an der Stelle kaum machbar, weil die Stromleitungen das verhindern.

Aber der Markkleeberger Rat machte sich auch nicht die Mühe, über eine wirklich attraktive Radwegeführung zum Cospudener See nachzudenken. Selbst wenn der Tunnel (nach wie viel Jahren Bauzeit?) fertig ist, treffen die Radfahrer auf die unübersichtliche Brückenstraße. Kein Problem ist wirklich gelöst.

Eine mit Rampen und Treppen ausgestattete Tunnellösung hat aber für Fußgänger und Radfahrer grundsätzliche Nachteile gegenüber einer ebenerdigen Querung, stellt auch der ADFC fest. Darüber hinaus weise die Planung erhebliche Schwächen auf. Die Unterführung werde nun so schmal, dass Ausweichen oder Überholen auf 120 Meter Länge kaum möglich sein werden. Da an beiden Ausfahrten die Vorfahrt zu beachten sein wird, werde es bei starkem Radverkehr zu Rückstaus kommen. In der engen Steigung mit 6 Prozent gelingt dann beispielsweise das Wiederanfahren nicht jedem. Man denke nur an Radfahrende mit Anhängern, Tandems und kleinere Kinder mit eigenen Rädern. Schiebepassagen, Stress für alle Beteiligten, aber auch Rempeleien durch Nachdrängende und Schlimmeres sind absehbar.

Und das alles für 3 Millionen Euro.

Das ist Schilda – direkt vor den Toren Leipzigs.

Und der ADFC geht in seiner Kritik an diesem Bauwerk noch weiter: Bei der Planung seien die einschlägigen Vorschriften für den Bau von Radverkehrsanlagen und das Entwicklungspotential nur unzureichend beachtet worden. Auch der ADFC-Vorschlag, durch eine flachere Bahnbrücke die Tunnellänge und damit die Kosten deutlich zu reduzieren und zugleich an den Zufahrten Platz zu gewinnen, fand keinen Widerhall.

Bereits heute nutzen in Spitzenzeiten mehr als 1.200 Radfahrende pro Stunde diese Route.

„Das Verkehrsaufkommen wird hier, auf dem künftigen Radschnellweg zwischen Leipzig und Markkleeberg, noch wesentlich zunehmen. Ein entsprechend breiter und sicherer Ausbau mit einem beschrankten Bahnübergang ohne Nadelöhr wäre dafür ein leistungsfähiger und kostengünstiger Auftakt“, sagt Waack. „Leider hat die Stadt Markkleeberg diese Chance vertan. Mit den Ausgaben für den Tunnel hätte man fast den gesamten Radschnellweg bis in die Leipziger City bauen können.“

Der Markkleeberger Rat hat also auch dieses Thema – das im Grunde elementar ist zur fahrradfreundlichen Erschließung des Neuseenlandes – völlig vergeigt. Die Leipziger Seebesucher werden jetzt mit einem betonierten Nadelöhr konfrontiert, das die Fahrt zu den Seen deutlich unangenehmer macht.

Der geplante Tunnel zum Cospudener See erzeugt erhebliche Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern

Der geplante Tunnel zum Cospudener See erzeugt erhebliche Konflikte zwischen Radfahrern und Fußgängern

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Verkehrspolitik in Markkleeberg hat nichts mit rationellen Gedanken zu tun. Es ist beschämend, wie wieder mal durch den Hass auf Leipzig eine Change vertan wurde.

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