Am Dienstag, 14. November, gab es im Schloss Hartenfels in Torgau einen Projekttag Demografie. Da stellte das Institut für Länderkunde die Ergebnisse einer kleinen Demografie-Studie zum Landkreis Nordsachsen vor. Die der Landkreis natürlich aus gutem Grund bestellt hat: Man braucht belastbare Zahlen, um die richtigen Weichen für die Zukunft zu stellen. Wir haben Landrat Kai Emanuel (parteilos) mal gefragt, wie er das sieht.
Sehr geehrter Herr Emanuel, was erhoffen Sie sich von den Ergebnissen der Demografie-Analyse? Wird das Ihre Politik im Landkreis Nordsachsen ändern?
Wir werden die Ergebnisse der Demografie-Studie dafür nutzen, Zukunftsszenarien für Nordsachsen zu entwickeln, um den Landkreis optimal aufzustellen. Das betrifft alle Bereiche und wird direkt in unser Kreisentwicklungskonzept einfließen.
Ist die demografische Entwicklung aus ihrer Sicht etwas Zwangsläufiges oder wurden wirklich politische Fehler gemacht? Und wenn ja: Welche?
Wenn man das Ende der DDR nicht als politischen Fehler betrachtet, dann hat die demografische Entwicklung etwas Zwangsläufiges. Nach der Wende fiel die Geburtenrate in Nordsachsen am Anfang der Neunzigerjahre auf ein Drittel. Das Land war im Umbruch, die Verunsicherung groß. Wer wegging, bekam seine Kinder woanders. Diese Entwicklung wirkt bis heute nach, da die geburtenschwachen Jahrgänge von damals die Familiengründer von heute sind.
An welchen Punkten sehen Sie zwingend Änderungsbedarf in der Politik? Und was steht in Ihren Möglichkeiten und wo müssten andere handeln – das Land zum Beispiel?
Wir sind nicht die Deppen vom Lande mit der Mistgabel in der Hand. Die Menschen leben gern hier, wissen die Werte des ländlichen Raumes zu schätzen, sind selbstbewusst. Politische Konzepte, die sich aus großstädtischem Denken speisen, nützen hier nichts. Zum Beispiel, dass der ÖPNV nur dann etwas taugt, wenn alle zehn Minuten ein Bus kommt. In dünn besiedelten Gebieten macht es viel mehr Sinn, intelligente Alternativen zu entwickeln und die Fahrgäste bedarfsgerecht per Rufbussystem zu befördern.
Welche demografischen Chancen sehen Sie für den Landkreis?
Von der wachsenden Großstadt Leipzig profitiert auch der Landkreis durch Zuzüge. Insbesondere in den stadtnahen Umlandgemeinden und dort, wo es eine gut funktionierende Infrastruktur gibt. Der Landkreis ist aber umgekehrt auch eine Chance für Leipzig, wenn aus der wachsenden keine kollabierende Großstadt werden soll.
Und wo sehen Sie Ansätze, dass sich der positive Trend verstärkt bzw. verstärken lässt?
Was die Menschen im ländlichen Raum suchen, das müssen sie hier auch finden. Darum sind die wissenschaftlichen Untersuchungen für uns so wichtig, damit wir nicht ins Blaue hinein planen. Bei den Befragungen hat sich zum Beispiel herausgestellt, dass 40 Prozent der zugezogenen jungen Paare ihre Wurzeln im ländlichen Raum hatten. Dahin wollen sie wieder zurück, diese Erfahrungen möchten sie auch ihren Kindern mitgeben. Das ist ebenfalls ein wichtiger Ansatz, der für die Zukunft optimistisch stimmt.
Welche Rolle würde dabei die Zusammenarbeit innerhalb der Region Leipzig spielen. Braucht es bessere Zusammenarbeit der Landkreise und der Kreisfreien Stadt?
Die braucht es immer. Stadt und Umland leben voneinander, ihr Wachstum muss ausgeglichen und wohltemperiert sein. Sonst würde die prosperierende Großstadt rasch überhitzen, könnte sich die Region nicht vernünftig entwickeln.
Und gibt es schon Projekte, wo man das Thema gemeinsam anpackt? Und welche könnten noch folgen?
Da gibt es eine ganze Reihe: ÖPNV, Grüner Ring, Regionalplanung, Tourismusmarketing… Und natürlich geht da noch mehr. Eine engere Verzahnung könnte es zum Beispiel im Bildungsbereich geben, um Schulkapazitäten gemeinsam zu planen und abzustimmen.
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