Was der Petitionsausschuss des Bundestages am Mittwoch, 21. Juni, beschloss, ist nach zehn Jahren Warten, Klagen, Kritisieren die Bestätigung, dass die Bürgerinitiativen am Flughafen Leipzig/Halle die ganze Zeit Recht hatten. Auch Flugsicherungen können sich Planfeststellungsbeschlüsse nicht einfach auslegen, wie sie lustig sind. Bürger haben ein Recht darauf, dass solche Beschlüsse eingehalten werden.
Noch ist die Petition der Bürgerintiative „Gegen die neue Flugroute“ damit nicht durch. Aber der Petitionsausschuss hat der Petition den größtmöglichen Status verliehen. Jetzt muss noch der Bundestag zustimmen und das Anliegen zur Handlungsaufgabe der Bundesregierung machen.
Bei der Bürgerinitiative, die im Frühjahr den Neustart für die Petition wagte, ist jetzt zumindest wieder ein Stück weit Hoffnung aufgekeimt.
Matthias Zimmermann, Sprecher der Bürgerinitiative, zitiert Friedrich Schiller, der seinen Gordon, den Kommandant von Eger, in „Wallensteins Tod“ sagen lässt: „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben.“
„In leidiger Erfahrung eines nun schon 10 Jahre anhaltenden Kampfes – hier und heute gegen unnötigen Fluglärm und für die Einhaltung gemachter Zusagen am Flughafen Leipzig-Halle – hatten wir uns bisher mit einer Stellungnahme zum bisherigen positiven Abschluss unserer Petition zur Abschaffung der kurzen Südabkurvung zurückgehalten. Gleichwohl, die vielen Anfragen aufgrund der sich in Windeseile durchs Netz verbreitenden Information macht es notwendig, dass auch wir, die Petenten, eine erste Erklärung abgeben“, betont Zimmermann. „Ja, im Kampf gegen Fluglärm hat unsere Bürgerinitiative Unterstützung vom Petitionsausschuss des Bundestags erhalten, starke Unterstützung. Die Abgeordneten stimmten am Mittwoch dieser Woche dafür, unsere Petition mit dem Votum ‚zur Berücksichtigung‘ an die Bundesregierung zu überweisen. Zur Einschätzung dieses Votums ist es wichtig zu wissen, dass ein Beschluss des Petitionsausschusses, der Bundestag möge eine Petition der Bundesregierung ‚zur Berücksichtigung‘ überweisen, letztlich ein Ersuchen des Deutschen Bundestages an die Bundesregierung erster Klasse darstellt, nämlich dem Anliegen des Petenten zu entsprechen. Gemäß Bericht des Petitionsausschusses zu dessen Tätigkeit im Jahr 2016 wurden in 2016 11.236 Petitionen beim Petitionsausschuss eingereicht. Ganze zwei Petitionen erhielten den Status, die Petition der Bundesregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Ähnlich sehen die Zahlen in den Vorjahren aus.“
Das Votum ist also schon eine Bestätigung dafür, dass das Anliegen der Bürgerinitiative, wenigstens die Bedingungen aus dem Planfeststellungsbeschluss zur „kurzen Südabkurvung“ auch umzusetzen, nur zu berechtigt ist.
„Es müssen also schwergewichtige Gründe vorliegen, einer Petition dieses höchste Votum zuzusprechen“, sagt Zimmermann. „Wir haben diese vorgelegt. Der Petitionsausschuss hat dem einstimmig zugestimmt. Erfreulich dabei, dass sich sowohl Vertreter der Regierungskoalition als auch der Opposition zu diesem Votum verständigt haben. Dank dafür gehört vor allem den beiden Berichterstattern Monika Lazar (MdB, Bündnis 90/Die Grünen) und Günter Baumann (MdB und Petitionsobmann der CDU/CSU Bundestagsfraktion). Dank aber auch an die Bundestagsabgeordnete Daniela Kolbe (SPD), die genau wie Frau Lazar unsere Petition schon seit Jahren unterstützt.“
Monika Lazar, Leipziger Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und zuständige Berichterstatterin im Petitionsausschuss, erklärt zu der Entscheidung: „Die Leipziger Bürgerinitiativen ‚Gegen die neue Flugroute‘ und ‚Gegen Flug- und Bodenlärm‘ engagieren sich seit vielen Jahren für weniger Lärm, ungestörte Nachtruhe, saubere Luft und gesunde Lebensbedingungen für sich und ihre Kinder. In der Petition ging es darum, dass die kurze Südabkurvung am Flughafen Leipzig/Halle nur mit Flugzeugen mit einem Startgewicht von maximal 30 Tonnen beflogen werden soll. Ich freue mich außerordentlich, dass wir im Petitionsausschuss am 21.06.2017 ein einstimmiges überfraktionelles Votum herbeiführen konnten, das dem Bundestag empfiehlt, die Petition der Bundesregierung mit dem höchsten Votum ‚zur Berücksichtigung‘ zu überweisen und damit dem Anliegen der Petenten zu entsprechen. Der Beschluss zeigt einerseits, dass sich Bürgerengagement mit langem Atem lohnt. Petitionen sind ein wichtiges Instrument der Bürgerbeteiligung und gegen Politikverdrossenheit. Wirksame Teilhabe an demokratischen Entscheidungsprozessen stärkt unsere Demokratie, denn sie widerlegt die weit verbreitete Einstellung, die oder der Einzelne könne ohnehin nichts verändern. Andererseits ist die Entscheidung vom vergangenen Mittwoch ein schönes Beispiel für Kooperation im Sinne der Bürgerinnen und Bürger über Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg.“
Der nächste Schritt ist die Bundestagsentscheidung über die Petition.
„Wir hoffen nun, nein, wir erwarten eigentlich, dass der Deutsche Bundestag in ebensolcher Geschlossenheit nächste Woche die Beschlussempfehlung bestätigt und damit der Bundesregierung den Auftrag zum Handeln erteilt, die Betroffenen in Leipzig zeitnah vom Fluglärm zu entlasten“, sagt Zimmermann. „Eine Missachtung eines der wichtigsten Instrumente/Institutionen direkter Demokratie in diesem Lande wäre ein Schlag in das Rechtsverständnis aller Bürger dieses Landes.“
Und das im Umfeld eines Flughafens, der seit Jahren in der Kritik steht, wenn es um Lärmminderung geht. Selbst die ebenfalls im Planfeststellungsbeschluss festgelegte Gleichverteilung der An- und Abflüge auf beide Startbahnen steht seit der letzten Sitzung der „Fluglärmkommission“ wieder zur Disposition. Die hat sich längst als das Gegenteil dessen erwiesen, wozu Fluglärmkommissionen eigentlich einmal gedacht waren, nämlich die Vorschläge zur Fluglärmminderung aufzunehmen und der Flughafenleitung Lösungsvorschläge vorzuschlagen. Unter Leitung des CDU-Politikers Manfred Heumos ist sie zur Interessenvertretung der Flughafenbetreiber geworden, die alle Vorschläge zur Lärmminderung abblockt, wenn sie auch nur leichte wirtschaftliche Zugeständnisse bedeuten. Entsprechend hat die Bürgerinitiative gegen Heumos mittlerweile Anzeige bei der Landesregierung erstattet.
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