Nicht nur im Leipziger Stadtrat kochten die Emotionen hoch, was die geplanten Filialschließungen der Sparkasse Leipzig betrifft. Auch in den Landkreisen fragt man sich, ob das Kreditinstitut tatsächlich noch Rücksicht nimmt auf die Kunden in der Region. Aus Delitzsch bekommt Sparkassen-Chef Harald Langenfeld jetzt einen geharnischten Brief.

Denn auch Dr. Manfred Wilde, Oberbürgermeister der Stadt Delitzsch, ist sauer. Am 6. April hatte er die geplante Filialschließung in Delitzsch-Nord und die des Automatenstandortes in Delitzsch Ost zum 1. Januar 2018 in einem Brief an Dr. Harald Langenfeld, den Vorstandsvorsitzenden der Sparkasse Leipzig, thematisiert und die damit zusammenhängenden Probleme angesprochen. Doch in der Antwort scheint Langenfeld darauf gar nicht eingegangen zu sein.

Da fühlte sich der OBM von Delitzsch – der nicht im Verwaltungsrat der Sparkasse sitzt, anders als Leipzigs OBM Burkhard Jung – mehr als verärgert. Am Montag, 24. April, schickte er deshalb nicht nur einen weiteren Brief an den Sparkassen-Vorstand, sondern machte ihn als Offenen Brief auch öffentlich.

Hier ist er:

„Offener Brief
Filialschließungen der Sparkasse Leipzig in Delitzsch

Sehr geehrter Herr Dr. Langenfeld,

Ihr Schreiben vom 12.04.2017 habe ich erhalten. Dessen Inhalt verwundert mich insofern, als dass Sie auf das besondere Anliegen des Rechts auf öffentliche Information im Rahmen einer Stadtratssitzung und insbesondere auf die Anliegen von Vertretern der Sozial- und Behindertenverbände nicht eingehen. In unserem Schreiben vom 06.04.2017 haben wir insbesondere auf die Belange von behinderten und älteren Bürgern hingewiesen, die vom Wegfall des SB-Standortes in Delitzsch Ost ganz besonders betroffen sind. Ihr Verweis auf die 2 km entfernt gelegene Sparkassenfiliale Delitzsch-Mitte hilft einem im Rollstuhl sitzenden oder einem auf einen Rollator angewiesenen Bürger gar nicht. Sie verkennen auch, dass aus den Delitzscher Ortsteilen Spröda, Laue, Beerendorf Ost und Selben Bürger dann zum Teil über 10 km zurücklegen müssen und somit eine Teilnahme am Geldverkehr gar nicht mehr infrage käme.

Vor diesem Hintergrund sehen wir die Erhaltung des SB-Standortes in Delitzsch-Ost als zwingend notwendig und unabdingbar an.

Insofern sehe ich mich auch im Namen der Sozial- und Behindertenverbände gezwungen, mit diesem öffentlichen Brief auch in die Öffentlichkeit zu treten, da ich das Recht der Sparer, die Sie ja auch vertreten sollten, nicht mehr wahrgenommen sehe.

Ich weise deshalb noch einmal ausdrücklich auf Ihre Pflichten, auch als öffentlich-rechtliche Institution, die auch von Kommunen getragen wird, hin und fordere Sie nochmals zu einer öffentlichen Sachdarstellung im Rahmen einer Stadtratssitzung auf. Sollte dies nicht möglich sein, biete ich auch gern eine moderierte öffentliche Veranstaltung im Bürgerhaus der Stadt Delitzsch an. Gleichzeitig erwarte ich von Ihnen, dass Sie Ihre Aufgabe als Sparkasse Leipzig durch die Trägerschaft einer Kunsthalle und als Großsponsor für Veranstaltungen auf der Leipziger Messe begründen, da es sich ja auch in diesem Fall um Erträge aus von Sparern angelegten Vermögen, aus Kreditgeschäften und gezahlten Gebühren Ihrer Kunden handelt.

Die Diskrepanz zwischen wirtschaftlich notwendigen Filialschließungen, Deinstallation von Geldautomaten auf der einen Seite und Ausgaben für Großsponsoring auf der anderen Seite erscheint mir gegenüber den Sozial- und Behindertenverbänden für besonders erklärungsbedürftig.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wilde
Oberbürgermeister“

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