Haben Sie auch schon mal einen Brief vom Oberbürgermeister bekommen? Ist ganz einfach: Sie stellen eine Anfrage an Oberbürgermeister Burkhard Jung, die er dann in Rahmen der Ratsversammlung beantworten kann. Wichtig ist: Sie haben auch wirklich ein ernsthaftes Anliegen. Lösen kann er es nicht in jedem Fall. Aber eine briefliche Antwort gibt es – wie jetzt an Dr. Lutz Weickert, den die russischen Frachtflieger nicht schlafen lassen.

Aber wohin soll sich einer auch wenden wie Dr. Lutz Weickert, der nun wirklich nicht direkt an den Startbahnen des Flughafens Leipzig/Halle wohnt, seit 2007 aber trotzdem die volle Dröhnung bekommt, weil die Deutsche Flugsicherung meint, dass man die Frachtflieger auch mal kurz nach Süden abdrehen lassen kann – also über Auenwald und Böhlitz-Ehrenberg? Wo sie laut Planfeststellungsbeschluss nichts zu suchen haben. Die Route ist nur als Ausnahme für kleine Flugzeuge bis 30 Tonnen vorgesehenen.

Aber da ist man schon mittendrin im Dilemma von Lutz Weickert. Denn rund um den Flughafen Leipzig/Halle gibt es mindestens fünf verschiedene Instanzen, die irgendetwas zu entscheiden haben – aber keine einzige fühlt sich an den Planfeststellungsbeschluss gebunden. Nicht mal das zuständige Verkehrsministerium in Dresden, das selbst einem hartnäckigen Landtagsabgeordneten wie Wolfram Günther von den Grünen antwortet, das läge ganz allein in der Entscheidung der Deutschen Flugsicherung (DFS). Also damit beim Bund, der eine Menge Geld aufgewendet hat, um die bekannte Klage der Grünen Liga gegen diese Ausnutzung der Kurzen Südabkurvung abzuschmettern.

In Deutschland gewinnt nicht der die Prozesse, der ein gerechtes Anliegen hat, sondern der, der die besten Anwälte bezahlen kann.

Oder trifft das nur für Gerichte in Sachsen zu?

Das fatale Ergebnis für Leipzig, das ja durch die Kurze Südabkurvung direkt betroffen ist?

Burkhard Jung in seinem Brief an Lutz Weickert: „Weiterhin kann ich Ihnen mitteilen, dass sich die Stadt Leipzig seit dem Jahr 2007 u. a. bei den zuständigen Behörden und in der Fluglärmkommission mehrfach dafür eingesetzt hat, die Einstellung der Flugverfahren der kurzen Südabkurvung zu erwirken. Dabei konnte nur der bekannte Kompromiss hinsichtlich einer Begrenzung für Flugzeuge mit einem Abfluggewicht bis maximal 136 Tonnen (leicht und mittelschwer) erreicht werden. Auch die Klage der Grünen Liga Sachsen e. V. gegen die Bundesrepublik Deutschland zur Abschaffung der kurzen Südabkurvung wurde im vorigen Jahr vom Sächsischen Oberverwaltungsgericht abgelehnt. In Verbindung mit der zuvor geschilderten Sachlage, dass im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten keine Handlungsoptionen für eine Betriebsuntersagung für die in Rede stehenden Luftfahrzeugtypen bestehen, sind die Handlungsmöglichkeiten begrenzt.“

Das nennt man Machtlosigkeit. Nicht einmal die Stadt, die direkt betroffen ist, hat ein Einspruchsrecht gegen die staatlich genehmigte Verlärmung.

Und das trifft auch auf die alten russischen Flugzeuge zu, die in Leipzig/Halle noch immer starten und landen wollen.

Die Fluglärmbetroffenen hatten sehr darauf gehofft, dass wenigstens das mit den über 50 Jahre alten Mühlen, der AN 12 und der AN 26, ab 2016 zu Ende ist. Vorher schienen die nächtlichen Frachtfliegerflotten ja nur aus solchen lauten Uralt-Frachtern zu bestehen. Dann kam das Versprechen von DHL, dem Hautnutzer des Flughafens, dass man ab 2016 diese AN 26 nicht mehr fliegen lassen wolle.

Und was ist passiert?

DHL habe sich tatsächlich an das Versprechen gehalten, teilt Burkhard Jung mit.

Aber da sind augenscheinlich eine Reihe Flugunternehmen unterwegs, die gar nicht daran denken, die Uralt-Röhren auszusondern. Und die fliegen – weil es in Leipzig so schön billig ist – auch mitten in der Nacht, nach Ost und West und Süd, je nachdem, wie es die Flugsicherung zulässt.

„Während im Jahr 2015 noch insgesamt 759 Flugbewegungen mit AN-26, davon 475 Flugbewegungen in der Nachtzeit, durchgeführt wurden, fanden im Jahr 2016 nach Auskunft der Mitteldeutschen Flughafen AG am Flughafen Leipzig/Halle noch insgesamt 195 Flugbewegungen mit Luftfahrzeugen des Typs AN-26, davon 97 in der Nachtzeit (22:00 Uhr bis 6:00 Uhr), statt. Somit ist 2016 bei diesem Flugzeugmuster insgesamt ein Rückgang um 75 % und im Nachtzeitraum ein Rückgang um 80 % zu verzeichnen“, kann Burkhard Jung mitteilen auf Weickerts Anfrage. Das Aber ist freilich unüberlesbar.

Denn wirklich verpflichtet hat sich DHL nur zur Einstellung des Flugbetriebs mit der AN 26, nicht bei der AN 12. Und andere Leute wollen augenscheinlich unbedingt mit den alten Russenmaschinen in Leipzig landen. Burkhard Jung: „Die DHL handelt im Sinne ihrer Selbstverpflichtung indem sie seit dem Jahr 2016 am Flughafen Leipzig/Halle planmäßig keine AN-26 mehr einsetzt. Allerdings können bei Schlechtwetterlagen an anderen Flughäfen, wie sie zu Beginn des Jahres 2016 aufgetreten sind, Ausweichlandungen am Flughafen Leipzig/Halle notwendig sein. Weiterhin erfolgen auch im Auftrag anderer am Flughafen Leipzig/Halle verkehrender Fluggesellschaften Flugbewegungen von Flugzeugen des Typs AN-26.“

Womit Burkhard Jung bestätigt, dass auch Leipzig nur Hase ist im beliebten Märchenspiel am Flughafen. Man säße zwar als Mini-Anteilseigner auch im Aufsichtsrat. Aber von dort könne er nicht wirklich erzählen, betont Jung. Bleibt am Ende immer nur die Fluglärmkommission, wo die Flughafenlobby die Mehrheit hat und die Kommunen sich auch nur über geringste Zugeständnisse freuen. Die dann in der Regel kaum Entlastung bringen, nur gut klingen.

Die Antwort von Burkhard Jung an Dr. Lutz Weickert.

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