Am Mittwoch, 12. Oktober, nahm die Posttochter DHL unter einem Großaufgebot der sächsischen Politik zwei neue Terminals in Betrieb, die die Kapazität des Umschlags am Flughafen Leipzig/Halle noch einmal um 50 Prozent erhöhen. Und nichts ist geklärt. So seltsam weltfremd haben Sachsens Politiker lange nicht ins Blitzlichtgewitter geschaut. Nicht nur die Bürgerinitiative „Gegen die neue Flugroute“ ist sauer. Auch ein Ortschaftsrat hat so langsam die Nase voll.

Für die Bürgerinitiative meldete sich am Donnerstag, 13. Oktober, der Pressesprecher Matthias Zimmermann zu Wort, der die Schönwetterreden der üblichen Einweihungsgäste nicht mehr hören kann und noch einmal auflistet, wo die Verantwortlichen in den vergangenen zwölf Jahren schon falsche Versprechungen gemacht haben.

Er spricht schon von einer aus Steuern gebauten „DHL-Startbahn“, was ja so fern nicht liegt, denn für den Passagierflugverkehr reicht die Nordbahn völlig aus. Hauptnutzer der auch nachts favorisierten Südbahn ist DHL. Und steigendes Frachtaufkommen bedeutet nun einmal – anders als behauptet – auch steigendes Flugaufkommen. Und zwar in der Nacht, wenn die Expressflüge gebündelt werden.

Besonders ärgerlich ist das Einweihungs-Meeting natürlich vor allem deswegen, weil das Oberverwaltungsgericht Bautzen nun schon zum zweiten Mal eine Klage gegen die Kurze Südabkurvung abgewiesen hat. Wieder mit derselben Begründung wie 2012, dass ein Naturschutzverein kein „Mitwirkungsrecht bei der Festlegung der Flugrouten für den Flughafen  Leipzig/Halle“ habe. Das Bundesverwaltungsgericht hatte die Klage hingegen für zulässig erachtet. Doch das OVG beließ es bei seinem 2012 geäußerten Standpunkt und ließ eine Revision nicht mehr zu.

Was natürlich auch die Position all der vom Fluglärm betroffenen Kommunen am Flughafen Leipzig/Halle untergräbt. Denn von dieser Südabkurvung sind ja nicht nur die Naturschutzgebiete im Auenwald betroffenen, sondern auch große Teile des Leipziger Westens und Nordwestens. Gerade in Böhlitz-Ehrenberg fragen sich etliche Bewohner mittlerweile, ob sie im falschen Film sind. Denn da der Planfeststellungsbeschluss keinen Überflug des Leipziger Westens vorsah, hatten die Bürger auch keine Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Den Lärm haben sie quasi geschenkt bekommen.

Deswegen hatte der Ortschaftsrat von Böhlitz-Ehrenberg schon selbst versucht, in der Fluglärmkommission eine Untersagung der kurzen Abkurvungen sowohl nach Süden als auch nach Norden gerade in der Nachtzeit durchzusetzen. Doch dort wurde der Antrag mit feudaler Herablassung abgelehnt, die Böhlitz-Ehrenberger mögen sich doch bitte an ihren Stadtrat wenden, die Stadt Leipzig müsse die Südabkurvung doch eigentlich nur per Beschluss untersagen.

Was wahrscheinlich so nicht stimmt. Denn ein Antrag der Stadt Leipzig an die Fluglärmkommission, die Südabkurvung einzustellen, blieb bis dato ebenso unbeschieden.

Aber an wen noch wenden, fragte sich der Ortschaftsrat Böhlitz-Ehrenberg. Er wendet sich wieder hilfesuchend an den Leipziger Stadtrat, wo wenigstens zugehört wird.

„Dieser Antrag, den der OR Böhlitz-Ehrenberg direkt an den Vorsitzenden, Herrn Heumos, gestellt hatte, wurde von der FLK für die Sitzung am 06.04.2016 abgewiesen, u. a. deshalb, da er nicht durch einen Stadtratsbeschluss legitimiert war“, heißt es jetzt im Antrag des Ortschaftsrates an den Leipziger Stadtrat. Die Verblüffung über die Ausreden des Vorsitzenden der Fluglärmkommission ist nicht zu überlesen: „Dies ist befremdlich, denn es gab bereits eine andere Antragstellung für die Sitzung am 12.11.2014 vom OR Böhlitz-Ehrenberg. Diese wurde zwar an das Leipziger Mitglied der FLK übergeben, jedoch von Frau von Fritsch nicht zurückgewiesen. Allerdings findet sich zu diesem Antrag auch keine Anmerkung im Protokoll zur 47. Sitzung der FLK.“

In den Protokollen der Fluglärmkommission steht Vieles nicht. Zum Beispiel auch das Wichtigste nicht: Wer von den versammelten Teilnehmern der Kaffeerunde hat wie argumentiert, wer hat welche Vorschläge gemacht und wie wurde abgestimmt? Von Transparenz hat das Gremium noch nie etwas gehört. Aber alle Beschlüsse deuten darauf hin, dass es nur dazu da ist, ein Feigenblatt für die unbeeindruckt arbeitende Flughafengesellschaft zu sein.

Und so beantragt der Ortschaftsrat Böhlitz-Ehrenberg jetzt direkt beim Leipziger Stadtrat:

„Der Antrag des Ortschaftsrates Böhlitz-Ehrenberg vom 20.03.2016 an die Fluglärmkommission ‚Untersagung der Starts von der Südbahn über die kurze westliche und östliche Nordabkurvung in der Nachtkernzeit von 0:00 Uhr bis 5:00 Uhr‘ wird vom Stadtrat legitimiert und über den Vertreter der Stadt Leipzig in der Fluglärmkommission des Flughafens Leipzig/Halle eingereicht. Der Antrag ist zur nächstmöglichen Sitzung der Fluglärmkommission durch das ständige Mitglied einzureichen (voraussichtlich Frühjahr 2017).“

Stellungnahme der Bürgerinitiativen „Gegen die neue Flugroute“ und „Gegen Flug- und Bodenlärm“.

Pressemitteilung des OVG Bautzen.

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