Im Vorfeld der (über-)nächsten Stadtratssitzung am 22. Juni bekamen jetzt alle Ratsfraktionen auch noch ein Schreiben von Dr. Lutz Weickert zum Flughafen Leipzig/Halle. Er hatte die fehlenden Sicherheitseinrichtungen am Flughafen als Einwohneranfrage thematisiert und darauf eine völlig unbefriedigende Antwort bekommen. Also hat er noch einmal nachgefragt. Und wieder eine Antwort bekommen, die ihn überhaupt nicht befriedigt.
Anders als in der Ratsversammlung am 23. März, als Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht (CDU) auf Weickerts Einwohneranfrage noch antwortete: „Der FLH ist für einen Parallelbetrieb…zugelassen. Die hierfür notwendige Sicherheitstechnik und Infrastruktur ist seit Inbetriebnahme beider Landebahnen vorhanden und gewährleistet einen sicheren Flugbetrieb“, gestand er nun in einem Schreiben an Weickert zu, dass es genau für den geschilderten Fall eben keine eingebaute Sicherheitstechnik gibt.
Denn die eingebaute Technik ermöglicht nur tagsüber die wechselseitige Nutzung der beiden Startbahnen – auch deshalb, weil die Passagierflugzeuge eben nur tagsüber fliegen dürfen und ihren Aufstellungsbereich zentral haben.
Was auf die Frachtmaschinen von DHL nicht zutrifft.
Uwe Albrecht: „Die Frachtmaschinen vom Hauptnutzer DHL haben ihren Startplatz bzw. ihren Zielort auf dem südlich der Südbahn gelegenen Vorfeld (DHL-Vorfeld). Somit rollen die Frachtmaschinen nachts hauptsächlich zum DHL-Vorfeld bzw. vom DHL-Vorfeld zur Startbahn. Damit ein Luftfahrzeug von der Nordbahn zum DHL-Vorfeld gelangen kann, muss das Luftfahrzeug aufgrund der derzeit gegebenen Infrastruktur die aktive Südbahn kreuzen. Das Kreuzen der aktiven Südbahn ist ebenso beim Start der Luftfahrzeuge von der Nordbahn erforderlich, wenn sie vom DHL-Vorfeld kommen. Gemäß Einschätzung der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) stellt das Kreuzen von aktiven Bahnen ein sehr hohes Sicherheitsrisiko dar. Zur Verhinderung von Zwischenfällen und Katastrophen sind entsprechende Vorsorgemaßnahmen, die das Risiko eines Flugunfalls senken, zu treffen.“
Womit er genau das bestätigt, was auch in der Fluglärmkommission thematisiert wurde. Dem Flughafen wurde also eine Nachtflugerlaubnis für Frachtflieger gegeben, ohne dass er über die Technik verfügte, die Kreuzung der Startbahn Süd abzusichern.
Und genau darüber muss in der letzten Sitzung der Fluglärmkommission auch geredet worden sein – nur taucht das so im Protokoll nicht auf, denn dort hat man es in den nichtöffentlichen Sitzungsteil verlegt. Logisch, dass Weickert über so viel Heimlichtuerei sauer ist.
„Für die im Schreiben angedeutete Geheimhaltung, der mit dem Thema verbundenen Aktivitäten und Kosten, fehlt mir jegliches Verständnis. Diese fehlende Sicherheitstechnik wurde über 8 Jahre der Öffentlichkeit, einschließlich dem Stadtrat von Leipzig, verschwiegen“, schreibt er jetzt an die Leipziger Ratsfraktionen. „Stattdessen wurden in FLK- Sitzungen, Arbeitsgruppen, dem Dialogforum und diversen Gutachten zur Bahnverteilung zehntausende Euro an Steuermitteln verschwendet. Gerade hier sind die vom Stadtrat gewählten MFAG- bzw. FLH- Aufsichtsratsmitglieder Jung und Albrecht in der Verantwortung.“
Wie die Fluglärmkommission mit dem Thema umgeht, schilderte Uwe Albrecht so: „Hierzu bedarf es einer neuen Risiko- und Sicherheitsbewertung aufgrund der dann höheren Anzahl von Kreuzungsvorgängen auf den Start- und Landebahnen. Deswegen sollte die DFS zusammen mit den Systempartnern DHL und der Flughafen Leipzig/Halle GmbH Maßnahmen ableiten, die auftretende Risiken bei Änderung des Bahnnutzungskonzeptes minimieren. Erste Vorschläge zu einer sicheren paritätischen Flugbahnnutzung im Nachtflugbetrieb wurden in einer nichtöffentlichen Sitzung der Fluglärmkommission von der DFS vorgestellt. – Diese Maßnahmen sind derzeit noch nicht abschließend in der Fluglärmkommission behandelt und werden erst nach Herstellung des Einvernehmens aller am Nachtflug Beteiligten der Öffentlichkeit präsentiert. Derzeit können wir weder über den Zeitplan noch über die Art der Maßnahmen oder die Kosten eine Auskunft geben. Ich bitte um Verständnis. Sobald die Einwilligung der Verfasser hinsichtlich einer öffentlichen Diskussion vorliegt, informieren wir den Stadtrat darüber und berichten im Dialogforum.“
Da so etwas beim Tempo in der Fluglärmkommission in der Regel ein paar Jahre braucht, dürfte das Thema weiter gären und qualmen und ganz öffentlich vor sich hinstinken. So aber funktioniert Politik, wenn sie von den eigentlich gewählten und beauftragten Vertretern an intransparente Gremien delegiert wird, die nichts und niemandem rechenschaftspflichtig sind.
Der Brief von Lutz Weickert an die Fraktionen in voller Länge:
Sehr geehrte Damen und Herren,
seit November 2015 ist der Öffentlichkeit bekannt, dass am Flughafen Leipzig/Halle die erforderliche Sicherheitstechnik fehlt, damit das DHL- Frachtzentrum seine Starts und Landungen gleichmäßig auf beide Bahnen verteilen kann. Ich zitiere aus der Berichterstattung zur 49. FLK- Sitzung:
„Flughafen braucht mehr Sicherheitstechnik – Ohne Aufrüstung wäre 50:50 Nutzung der Bahnen zu riskant“ ….„Für eine gleichmäßige Nutzung der beiden Start- und Landebahnen müsste zur Minimierung der Risiken beim Kreuzen der Bahnen weitere Sicherheitstechnik installiert werden hatten Flughafen und DHL vorgetragen. Es geht ums Geld, denn jemand muss die Technik bezahlen, so Heumos“ (LVZ vom 05.11.2015)
Dazu hatte ich zur Ratsversammlung am 23.03.16 eine Einwohneranfrage gestellt, auf die Herr Albrecht wie folgt geantwortet hat:
„Der FLH ist für einen Parallelbetrieb…zugelassen. Die hierfür notwendige Sicherheitstechnik und Infrastruktur ist seit Inbetriebnahme beider Landebahnen vorhanden und gewährleistet einen sicheren Flugbetrieb.“
Diese Antwort ist falsch, wie mir auch Vertreter des Dialogforums und der FLK, die an den Beratungen teilgenommen haben, bestätigten. Unvermögen oder Absicht von dem Beigeordneten und Mitglied des Aufsichtsrates der Flughafen Leipzig/Halle GmbH Herrn Albrecht? Deshalb habe ich mit erneuten Anträgen zu den Ratsversammlungen am 20.04. und 18.05. um ordnungsgemäße Beantwortung meiner Fragen gebeten. Dieses wurde, wie mir schriftlich mitgeteilt wurde, durch OBM Jung abgelehnt. Stattdessen erhielt ich am 31.06. von Herrn Albrecht ein Schreiben (beiliegend), indem meine konkreten Fragen erneut nicht beantwortet werden.
Für die im Schreiben angedeutete Geheimhaltung, der mit dem Thema verbundenen Aktivitäten und Kosten, fehlt mir jegliches Verständnis. Diese fehlende Sicherheitstechnik wurde über 8 Jahre der Öffentlichkeit, einschließlich dem Stadtrat von Leipzig, verschwiegen!!! Stattdessen wurden in FLK-Sitzungen, Arbeitsgruppen, dem Dialogforum und diversen Gutachten zur Bahnverteilung zehntausende Euro an Steuermitteln verschwendet. Gerade hier sind die vom Stadtrat gewählten MFAG- bzw. FLH- Aufsichtsratsmitglieder Jung und Albrecht in der Verantwortung.
Ich bitte deshalb erneut um die schriftliche Beantwortung folgender Fragen zur Ratsversammlung am 22.06.2016
Seit wann ist den Aufsichtsratsmitgliedern der MFAG OBM Herrn Jung der Flughafen Leipzig/Halle GmbH bekannt, dass die im Planfeststellungsbeschluss geforderte gleichmäßige Bahnverteilung von Starts und Landungen aufgrund fehlender Sicherheitstechnik nicht möglich ist?
Bis wann werden die fehlenden Sicherheitseinrichtungen am Flughafen Leipzig-Halle nachgerüstet?
Welche Kosten sind mit der Nachrüstung verbunden?
Mit besten Dank
L. Weickert
PS: Herr Dulig wurde jüngst im DLF wie folgt zitiert: „Es wurde in den letzten Jahren zu wenig getan, dass sich die Demokratie in Sachsen gefestigt hat“. Verantwortlich dafür ist die Arroganz der politischen Elite dieses Landes, nicht zuletzt auch der in der Provinz. Beispiele dafür sind Herr Albrecht aber insbesondere der OBM Burghard Jung, dem jegliches Verständnis für Leipzig und dessen Einwohner fehlt. Das zeigt der Umgang mit Einwohneranfragen im Allgemeinen und obiger im Speziellen.
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