Als das Leipziger Wirtschaftsdezernat seine Antwort auf die Einwohneranfrage von Dr. Lutz Weickert aus Böhlitz-Ehrenberg formulierte, klang es so, als hätte der Flughafen Leipzig/Halle alle nötige Sicherheitstechnik, um den parallelen Betrieb auf beiden Startbahnen zu gewährleisten. Nur die diversen Frachtfluggesellschaften müssten sich noch einigen. Davon glaubt Lutz Weickert kein Wort.

„Ich hatte für die letzte Ratsversammlung die beiliegende Einwohneranfrage gestellt, in der es unter anderem um Pflichtverletzungen der Aufsichtsratsmitglieder der MFAG, OBM Herrn Jung bzw. der Flughafen Leipzig/Halle GmbH, Herrn Albrecht ging. Die Beantwortung dieser Einwohneranfrage wurde durch den OBM ohne Begründung abgelehnt. Scheinbar will der OBM damit verhindern, dass diese Pflichtverletzungen öffentlich diskutiert werden“, stellt er fest. Und hat seine Einwohneranfrage aus dem März noch einmal eingereicht, um sie am 18. Mai in der Ratsversammlung vielleicht doch noch beantwortet zu bekommen.

Denn jetzt steht Aussage gegen Aussage.

Die eine hat die LVZ am 5. November 2015 gebracht, als sie den Vorsitzenden der Fluglärmkommission Manfred Heumos zitierte: „Für eine gleichmäßige Nutzung der beiden Start- und Landebahnen müsste zur Minimierung der Risiken beim Kreuzen der Bahnen weitere Sicherheitstechnik installiert werden hatten Flughafen und DHL vorgetragen. Es geht ums Geld, denn jemand muss die Technik bezahlen.“

Aber genau den Bedarf sah Leipzigs Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht nicht, als er auf Weickerts Frage dazu antwortete: „Der Flughafen Leipzig/Halle ist für einen Parallelbetrieb auf beiden Start- und Landebahnen zugelassen. Die hierfür notwendige Sicherheitstechnik und Infrastruktur ist seit Inbetriebnahme beider Landebahnen vorhanden und gewährleisten einen sicheren Flugbetrieb. Sie könnten sogar eine deutlich höhere Anzahl an Flugbewegung bewerkstelligen, als derzeit benötigt. Im Jahr 2014 hat die Deutsche Flugsicherung GmbH im  Ergebnis ihrer Sicherheitsbewertung das Sicherheitsrisiko aufgrund von Kreuzungsvorgängen für die vorgeschlagene Variante der Verteilung auf die Start- und Landebahnen nach geographischem Ziel in der Fluglärmkommission vorgestellt und nachgewiesen.“

Also reicht die Technik?

Vielleicht doch nicht. Denn irgendwie ist der Kreuzungsbetrieb am Boden nicht gesichert: „Die Kapazitäten der  Start- und Landebahnen werden nur durch am Boden kreuzende Verkehre beeinträchtigt.“

Was ja eigentlich heißt – wenn das so sein sollte – dass der Flughafen gar keine Betriebsgenehmigung für den Parallelbetrieb haben dürfte. Denn dann fehlt ja ein wesentliches technisches Element, das an anderen Flughäfen selbstverständlich zu sein scheint.

Dass es so ist, darauf deutet Albrechts Antwort auf die nächste Frage hin: „In der Kommission wird jedoch intensiv an einer Lösung zur Änderung des nächtlichen Bahnnutzungskonzeptes im Hinblick auf einen fluglärmschutzoptimierten und sicheren nächtlichen Parallelbahnbetrieb gearbeitet. Erst wenn sich alle am Nachtflug Beteiligte auf eine Variante verständigt haben, können Angaben zu evtl. anfallenden Kosten und Terminen zur Umsetzung gemacht werden.“

Wenn das so ist, dann hat jemand aus einem der diversen Aufsicht führenden Gremien ganz gehörig geschlafen oder das Thema wurde bewusst so lange verschleppt, bis die betroffenen Einwohner aus dem Leipziger Norden und Nordwesten endgültig an die Decke gingen und die gleichmäßige Bahnverteilung, die im Planfeststellungsbeschluss gesetzmäßig verankert ist, auf allen Fronten einforderten.

Lutz Weickert würde jetzt schon gern wissen, wer aus dem ganzen Hase-und-Igel-Spiel den Mumm hat, die Verantwortung für dieses fehlende Stück Technik zu übernehmen. Und damit stellt er auch die Frage nach zwei Gremien, die in der ganzen Debatte eigentlich nie auftauchen: den Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Flughafen AG (MFAG) – Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung ist für die Stadt Leipzig Mitglied im Aufsichtsrat – und den Aufsichtsrat des Flughafens selbst, wo Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht die Leipziger Belange vertritt. Und hat so ein Aufsichtsrat nicht die Pflicht, sich darum zu kümmern, dass die gesetzlichen Regeln eingehalten werden?

Also fragt Dr. Lutz Weickert mal genau danach: „Seit wann ist den Aufsichtsratsmitgliedern der MFAG OBM Herrn Jung bzw. der Flughafen Leipzig/Halle GmbH Herrn Albrecht bekannt, dass die im Planfeststellungsbeschluss geforderte gleichmäßige Bahnverteilung aufgrund fehlender Sicherheitstechnik nicht möglich ist?“

Die neue Einwohneranfrage von Lutz Weickert.

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Es gibt 2 Kommentare

Hallo Christian,
der Planfeststellungsbeschluss umfasst über 700 Seiten und war mal auf der Seite der Landesdirektion Sachsen online verfügbar. Nach m.K. jetzt aber nicht mehr. Hier ein paar Auszüge aus dem PFB zur Bahnverteilung:
Die 50:50 Bahnverteilung steht im Band I A „Verfügender Teil“ als Auflage (!) unter A II.4 „ Lärmschutz“ neben Auflagen wie A II.4.7.2 „Triebwerksprobeläufe dürfen nur auf dem Triebwerksprobelaufstand durchgeführt werden“ oder A II. 4.7.4 „Verbot der Schubumkehr“ und lautet:
A II. 4.7.6. „Die An- und Abflüge mit Flugzeugen sind unter Berücksichtigung der Siedlungsstruktur, soweit flugsicherheitlich vertretbar, gleichmäßig auf die beiden Start- und Landebahnen zu verteilen.“ (S.34)
Und wird nochmals unter Band C „Entscheidungsgründe“ unter C II.10 „Lärmschutz“ auf Seite 393 wie folgt begründet:
Die Auflage A II.4.7.6. soll sicherstellen, dass sich die Flugbewegungen auf beide Bahnen des Parallelsystems gleichmäßig verteilen, wie es auch in der Lärmberechnung unterstellt wurde.“

Die Frage nach der Einhaltung und Kontrolle gesetzlicher Vorgaben, auf der die Betriebserlaubnis fußt, ist eine lang überfällige! Entscheidet hier der Bock als Gärtner?

Hierzu interessieren mich Details:
– Wo kann man den PFB nachlesen?
– Wo stehen die erlassenen Schutzauflagen im PFB (gleichmäßige Bahnnutzung)?

Leider wird immer nur zitiert / behauptet; ein öffentlicher Zugang sollte die Meinungsbildung darüber fördern. Oder ist der PFB genau deswegen nirgends zu finden???

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