Achja, der Lärmaktionsplan. Der soll ja nun wieder überarbeitet werden, die Leipziger sind aufgerufen, sich mit Vorschlägen zu beteiligen. Aber die großen Probleme, die die Leipziger 2012 und 2013 gequält haben, sind immer noch da. Und so langsam verzweifeln die Stadträte an der Duldungspolitik der Stadtverwaltung gegenüber den Lärmproblemen um den Flughafen genauso wie die betroffenen Bürger.

Das Eignerkonsortium des Flughafens hat sich rund um den Flughafen bis jetzt genauso verhalten wie die große Politik zunehmend gegenüber der großen Wirtschaft in den letzten Jahren: Man weicht klaren Regularien zum transparenten Finanzverkehr genauso aus wie einer klaren gesetzlichen Aufsicht für Umwelt- und Abgasstandards, verkündet dann vollmundig – meist mit fotografischem Schulterschluss mit den großen Bossen -, dass sich die freundlichen Unternehmen selbstverpflichtet haben. Und in der Regel platzt dann ein paar Jahre drauf die Bombe: Nichts wurde getan, um die Selbstverpflichtung auch umzusetzen.

Auch am Flughafen Leipzig / Halle wimmelt es von Selbstverpflichtungen. Zu einer hat sich DHL bekannt: Der Frachtdienstleister wollte bis 2015 alle alten russischen Propellermaschinen vom Typ Antonow ausmustern. Doch schon 2013 bekamen die Leipziger so eine Ahnung, dass es wieder nur eine halbe Selbstverpflichtung war. Denn im Schatten von DHL nutzen auch andere Frachtgesellschaften die fast grenzenlosen Möglichkeiten des Flughafens mit seiner kompletten Nachtflugerlaubnis für Frachtflieger.

Am 9. August 2013 brannte auf dem Vorfeld des Flughafens eine Frachtmaschine vom Typ Antonow 12 aus – tausende Küken verbrannten dabei. Die Maschine gehörte aber nicht DHL, sondern einer kleinen holländischen Fluggesellschaft. Man nutzt die zum Teil über 50 Jahre alten russischen Maschinen, um sich Neuanschaffungen zu ersparen. Aber an die Selbstverpflichtung erinnerten sich die Bürgerinitiativen gegen den Fluglärm immer wieder. Im Frühjahr 2015 konfrontierten sie die Lärmschutzkommission wieder mit dem alten Versprechen.

Für die russischen Turbopropmaschinen des Typs Antonow 26 forderte die IG Nachtflugverbot Leipzig/Halle e. V. eine drastische Betriebsbeschränkung.

„Sieben Jahre DHL-Luftfrachtdrehkreuz; und noch immer müssen die Anwohner nachts über ihren Dächern extrem laute Frachtflugzeuge ertragen. Spitzenschalldruckpegel zwischen 90 und 100 Dezibel sind in manchen Ortschaften keine Seltenheit, wohlgemerkt NACHTS“, merkte damals Michael Teske für die IG an. „Wir fordern von DHL endlich die Ausmusterung der russischen Turbopropmaschinen Antonow 26. Weiterhin fordern wir ein sofortiges Nachtflugverbot für besonders laute Frachtmaschinen wie die AN 124-100, IL 76, Boeing 747 usw. sowie für Flugzeuge, die über bestimmten Lärmgrenzwerten liegen. An keinem stadtnahen Flughafen in Europa ist die Freizügigkeit der zuständigen Behörden so groß – besonders lärmintensive Flugzeuge nachts unbegrenzt landen und starten zu lassen – wie am Flughafen Leipzig/Halle.“

Aber das hat sich auch im Januar 2016 nichts geändert.

Und jetzt kündigen auch die Grünen im Leipziger Stadtrat so langsam das Stillhalteabkommen auf, das so ungefähr seit 2009 herrscht, seit sich Leipzigs Verwaltung bereit erklärte, ein Dialogforum Flughafen Leipzig / Halle einzurichten. Das diskutiert zwar ein bisschen offener als die Fluglärmkommission, aber gebracht hat es auch nichts. Im Gegenteil: Wenn es in der Stadtratssitzung Anfragen zum Fluglärm gibt, werden sie von der Verwaltungsspitze mit freundlichen Worten abgewehrt. Wirkliche Auskünfte gibt es keine, Änderungen auch nicht.

Kurze Abkurvungen bleiben in Betrieb, die alten russischen Militärtransporter fliegen genauso weiter wie zuvor.

„Vielleicht können sich die Manager der DHL in Leipzig nicht mehr an ihre gesprochenen Worte erinnern, die Anwohner am Flughafen Leipzig-Halle allerdings schon. Vor einigen Jahren versprach der Geschäftsführer der DHL-eigenen Fluggesellschaft EAT, Herr Otto, gegenüber der Fluglärmkommission, den Stadträten von Leipzig und Schkeuditz und den Anwohnern, dass bis spätestens Ende 2015 keine alten und extrem lauten Propellermaschinen vom Typ AN-12 und AN-26 mehr für die DHL fliegen werden“, werden die Grünen nach jahrelanger Zurückhaltung nun wieder deutlicher in ihrer Problembenennung. „Doch im Januar 2016 fliegen noch immer Maschinen dieses Typs den Flughafen im Auftrag der DHL an. So z. B. am 27. Januar 2016 zwei AN26 (z. B. Start 5:43 Uhr, Landung 23:53 Uhr) und eine AN12.“

Und das ist nur eines von vielen Problemen, die sich mittlerweile zu einem ganzen Berg von nicht eingehaltenen Versprechen stapeln. Seit Anfang 2015 wissen nun alle Beteiligten, dass noch nicht mal die Hälfte des passiven Schallschutzes umgesetzt wurde.  Und den Bau der neuen Halle für DHL hatten die Verantwortlichen mit einer ganzen Reihe von Versprechen begleitet, dass sich dadurch das nächtliche Fluggeschehen nicht erhöhen werde. Pustekuchen war’s.

„Zur feierlichen Grundsteinlegung des Erweiterungsbaus der DHL in Schkeuditz vor zwei Jahren haben die verantwortlichen Manager der DHL versprochen, dass es mit Inbetriebnahme der Erweiterung keine zusätzlichen Flüge geben wird, noch im Oktober bestätigte dies deren Sprecher Wohsmann“, kritisieren die Grünen diese Schönmalerei. „Die Erweiterung wird nur eine effektivere Nutzung der vorhandenen Flugzeuge möglich machen, hieß es sinngemäß. Die Realität verzeichnete jedoch nach Inbetriebnahme der Erweiterung im Dezember 2016 einen Anstieg der Zahl der Starts und Landungen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 17 % auf bis zu 140 in einer Nacht.“

Der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen im Schkeuditzer Stadtrat, Oliver Gossel, und der verkehrspolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Leipziger Stadtrat, Daniel von der Heide, fordern deshalb DHL auf, die übermäßige Lärmbelastung endlich zu begrenzen und unverzüglich ihre gemachten Versprechungen einzuhalten. Wobei durchaus zu bedenken ist, dass der Flughafen im Schkeuditzer Stadtrat immer wieder mal Rede und Antwort stehen muss, im Leipziger nicht.

„Die Gesundheit und das Wohlergehen der Anwohner der umliegenden Orte kann nicht weiter für das Gewinnstreben von DHL geopfert werden“, erklärt Gossel. „Wir erwarten einen sofortigen Stopp der Anflüge der Propellermaschinen des Typs AN12 und AN26 am Flughafen und keine Erhöhung der Starts und Landungen in der Nachtzeit.“

Und Daniel von der Heide ergänzt: „Wenn Selbstverpflichtungen nicht greifen und die DHL ihre Versprechungen nicht einhält, müssen die Geschäftsführung des Flughafens und seine Gesellschafter endlich dafür sorgen, dass zumindest die lautesten Flugzeuge buchstäblich aus dem Verkehr gezogen werden. Zum Beispiel durch Einführung der Bonusliste, wie es der Leipziger Stadtrat schon seit 2010 fordert.“

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