Am Montag, 21. Dezember, hat Sachsens Umweltminister Thomas Schmidt den neuesten Waldzustandsbericht für Sachsen vorgelegt. Dazu gehen jeden Juli und August hunderte Forstwirte in die Wälder und begutachten den Zustand der Kronen und Böden. Das Umweltministerium fasste das Gesamtergebnis mit den Worten zusammen: "Sächsische Wälder bleiben auch 2015 gesund". Tatsächlich aber leiden Sachsens Wälder unter Stress.

Und es trifft wohl eher die etwas nachdenklichere Einschätzung von Umweltminister Thomas Schmidt zu: “Der Kronenzustand der Waldbäume liegt im Jahr 2015 im Bereich der vergangenen Jahre. Die Kronenverlichtung ist im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig gestiegen. Das ist angesichts der außergewöhnlichen Witterungsverhältnisse ein gutes Ergebnis.“

Denn: Die Rahmenbedingungen für den Wald waren infolge des Wasserdefizits aufgrund des milden und niederschlagsarmen Winters sowie des trockenen Frühjahrs insgesamt ungünstig. Der Trockenstress hat bei der Kiefer zum zweithöchsten Nadelverlust seit 1991 beigetragen. Außerdem verloren die Waldbäume mancherorts wegen des angespannten Wasserhaushaltes im Boden vorzeitig ihre Blätter. Unter der Trockenheit litten auch die im Frühjahr gepflanzten Jungbäume. Was das warme und trockene Wetter für das Auftreten von Schadinsekten wie den Borkenkäfer bedeutet, wird sich erst in der kommenden Beobachtungsperiode zeigen.

“Von massiven Schadereignissen wurden Wald und Waldbesitzer in diesem Jahr zum Glück verschont“, stellte Schmidt fest. “Nur das Sturmtief ,Niklas‘ führte im März zu einem erhöhten Bruch- und Wurfholzanfall.“

Zu mild, zu wenig Niederschläge

Der diesjährigen Erhebung des Waldzustandes ging ein sehr milder und niederschlagsarmer Winter, ein eher zu warmes Frühjahr und ein trocken-heißer Sommer voraus. Die unterdurchschnittlichen Niederschläge im Frühjahr verstärkten das winterliche Defizit. Der angespannte Bodenwasserhaushalt führte nicht nur im Tief- und Hügelland, sondern auch im Bergland zu Trockenstress. Da die Dürre annähernd zeitgleich mit der Waldzustandserhebung im Frühsommer auftrat, waren auf dem überwiegenden Teil der Waldstandorte die sichtbaren Auswirkungen auf den Kronenzustand gering. Die ab August sichtbaren Reaktionen auf die Trockenheit werden sich voraussichtlich erst im nächsten Jahr verstärkt auf Kronenzustand und Sterblichkeitsrate niederschlagen.

“Solche Extremereignisse werden sich in den kommenden Jahren häufen“, sagte Schmidt. “Deshalb werden wir den eingeschlagenen Weg beim Waldumbau hin zu standortgerechten, strukturreichen und damit stabilen und vitalen Mischwäldern konsequent fortsetzen.“

Bedingt durch die Trockenheit und Wärme im Sommer kam es lokal bereits Anfang/Mitte August zu frühzeitiger Blattfärbung (z. B. Eichen) und auch zum Abwurf noch ungefärbter Blätter (z. B. Buchen). Diese Symptome wurden erst nach der Waldzustandserhebung in vollem Umfang sichtbar.

Im östlichen Tiefland leiden die Birken

Die Ausprägungen des Kronenzustandes sind von Region zu Region unterschiedlich. Das Erzgebirge gehört heute zu den Regionen mit unterdurchschnittlichen Nadel- und Blattverlusten. Mit einer mittleren Kronenverlichtung von 15,5 Prozent ist es die Region innerhalb Sachsens mit dem geringsten Wert. Die östlichen Gebirge Elbsandsteingebirge und Zittauer Gebirge weisen einen gegensätzlichen Trend auf. Mit 20,9 Prozent liegt der diesjährige Wert zwei Prozentpunkte über dem Vorjahr. Das Vogtland ist die Region, die innerhalb der Zeitreihe die größte Veränderlichkeit aufweist. In diesem Jahr liegt der Nadelblattverlust bei 17,9 Prozent und somit rund drei Prozentpunkte über dem langjährigen Mittelwert. Im Mittelsächsischen Lößhügelland und im Erzgebirgsvorland entspricht die diesjährige Kronenverlichtung von 16,9 Prozent dem langjährigen Mittel. Im Lausitzer Hügelland und Becken liegt die mittlere Kronenverlichtung mit 17,4 Prozent einen halben Prozentpunkt über dem Mittelwert.

Im Östlichen Tiefland liegt der diesjährige Wert der Nadel- und Blattverluste mit 17,8 Prozent zwei Prozentpunkte über dem Vorjahreswert.

Und dann gibt es ja noch das Westliche Tiefland. Das ist die Region bei Leipzig. Die Kronenverlichtungen befinden sich hier mit 21,3 Prozent deutlich über den Landes- und Regionaldurchschnitten. Dies ist möglicherweise durch den sehr angespannten Wasserhaushalt in dieser Region bedingt, vermutet das Umweltministerium.

Hier dominieren Eichen und andere Laubbäume, der Eichenbestand soll künftig noch weiter ausgebaut werden. Andererseits war hier in der Vergangenheit auch immer ein besonderer Schwerpunkt des Befalls durch den Eichenprozessionsspinner. Besonders die Jahre 2011 bis 2013 waren durch einen besonders starken Befall durch diesen Schädling gekennzeichnet.

Sommerliche Trockenphasen werden zum Härtetest

Aber der war 2015 augenscheinlich nicht die Ursache für den erhöhten Stress in der Leipziger Region. Der entstand wohl dadurch, dass es schon im Winter zu wenige Niederschläge gab. Das hat dann auch Baumarten unter Druck gebracht, die sonst mit eher kargen Umständen ganz gut zurechtkommen. Im Bericht heißt es dazu: “Als kurzlebige Baumarten haben die in dieser Gruppe dominierenden Birken und Aspen ihr physiologisches Optimum zumeist schon überschritten. So ist es nur allzu natürlich, dass auch Bäume mit einer hohen Standortstoleranz, bedingt durch den Alterungsprozess, auf die sommerlichen Trockenphasen kaum noch reagieren können. Eine Fähigkeit, die insbesondere in den von wiederholten Trockenperioden gekennzeichneten Wuchsgebieten im sächsischen Tief- und Hügelland, wo mehr als drei Viertel der sonstigen Laubbäume stocken, gefragt ist.”

Womit sich eine klimatische Belastung abzeichnet, die es – so steht es auch im Waldzustandsbericht – künftig in Sachsens gehäuft geben wird: ausgeprägte Trockenzeiten mit zu geringen Niederschlägen, die sich dann nach schneearmen Wintern auch noch öfter mit starken Hitzeperioden im Sommer koppeln. Und während die sich stark von Nadelbäumen geprägten Gebirge (mit ihrer besseren Wasserbilanz) so langsam erholen, erleiden jetzt die vor allem von Laubwäldern geprägten Tieflandregionen (Wasser-)Stress. Was übrigens seit drei Jahren in der Bilanz der Baumkronen verstärkt sichtbar wird.

Der Wald im sächsischen Nordwesten dürstet. Und die Kronenzustandserhebung ist ja nur eine Momentaufnahme. Ob die Wälder unter dem heißen Sommer und der frühen Blattverfärbung gelitten haben, werde man dann erst im nächsten Jahr sehen, heißt es im Bericht: “Bis weit in die Berglagen führte der angespannte Bodenwasserhaushalt deswegen zu Trockenstress. Da die Trockenperiode annähernd zeitgleich mit der Erhebung im Frühsommer auftrat, ist zu erwarten, dass auf dem überwiegenden Teil der Waldstandorte die sichtbaren Auswirkungen auf den Kronenzustand in der aktuellen Erhebung gering sind. Die ab August sichtbaren Reaktionen auf die Trockenheit werden sich möglicherweise im Folgejahr verstärkt im Kronenzustand und der Sterblichkeitsrate niederschlagen.”

Der Waldzustandsbericht zum Nachlesen.

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