Seit 2009 bewegt der notwendige Neubau der B 2 in Markkleeberg die Gemüter. Seinerzeit wurde der schon recht marode Zustand des Stelzenbauwerks im agra-Park bekannt. Aber auch die Pläne des damaligen sächsischen Verkehrsministers wurden diskutiert, die Bundesstraße vierstreifig auszubauen. Das ließ in Markkleeberg und Leipzig alle Alarmglocken klingeln.
Und es ließ die Planer vor Ort ins Nachdenken kommen: Will man eigentlich die B 2 künftig immer noch auf Stelzen durch den agra-Park führen? Wo die Schnellstraße nun eindeutig stört. Nicht nur Kinder finden das Betonbauwerk aus den 1970er Jahren doof. In Markkleeberg gründete sich gleich eine Bürgerinitiative Pro agra-Park, die vehement für die Tieferlegung der Bundesstraße warb. Seitdem wird die gedeckelte Variante diskutiert, die von der Stadt Leipzig ebenfalls befürwortet wird.
Und in Dresden scheint sich nach dem Regierungswechsel tatsächlich etwas zu tun. Darüber berichtete Karsten Schütze, Oberbürgermeister der Stadt Markkleeberg, am Dienstag, 6. Oktober, auf der öffentlichen Tagung der AG Landschaft des Grünen Rings Leipzig im Weißen Haus, mitten im schönen agra-Park. Und nicht nur die sehr sachliche Arbeit des Pro-agra-Park e.V. scheint Wirkung zu zeigen. Denn die Sachargumente, die für eine Tieferlegung der Schnellstraße sprechen, beschäftigen auch das sächsische Verkehrsministerium.
So langsam kommt man nämlich unter Handlungsdruck. Die Betonelemente der stark befahrenen Straße verschleißen. Mit einer schlichten Sanierung ist das Bauwerk nicht mehr zu retten. Jede vergipste Stelle erzählt von einem neuen Riss, der sich auftut. Was im Klartext heißt: Um einen Neubau käme der Bund, der die Straße im Bundesverkehrswegeplan unterbringen müsste, gar nicht umhin.
Aber ein anderes Thema ist mittlerweile auch den Landesverkehrsplanern aufgefallen: Die Trasse führt gleich durch ein doppeltes Naturschutzgebiet: ein SPA-Vogelschutzgebiet und ein Fauna-Flora-Habitat. Das merkt man zwar manchmal nicht, wenn auch unter der Brücke die Autos parken, als wäre das hier der Stellplatz für den Flughafen. Aber offiziell gelten noch immer beide Schutzmaßstäbe. Was im Landesverkehrsplan dann die Konfliktklasse 1 ergibt. Höher geht nicht.
Was auch bei Sachsens Verkehrsplanern die Türen aufgestoßen hat, das Projekt nicht mehr stur in einer Trassenlösung zu denken. Zur Verblüffung von Karsten Schütze gibt es mittlerweile auch eine stark diskutierte Variante, die weit über die Wünsche des Pro agra-Park hinausgeht. Der hatte nur eine gedeckelte Variante vorgesehen: Bei Einfahrt in das Parkgelände würde die Piste einfach abtauchen. Obendrüber würden ebenerdige Verbindungen endlich wieder ein geschlossenes Parkbild herstellen. An der Seenallee würde man wieder auftauchen. Nicht nur die hässlichen Betonstelzen wären weg, auch der ewige Lärm.
Doch in Dresden scheint man jetzt sogar über eine komplette Tunnellösung nachzudenken, die gleich am Goethesteig beginnt und erst an der Seenallee endet. Eine Lösung übrigens, die nun ausgerechnet die Spezialisten aus dem Leipziger Verkehrsplanungsamt skeptisch sehen. Denn eine längere Tunnelvariante würde natürlich die Kosten gewaltig in die Höhe treiben. Und man würde im Abstand von 400 Metern neue Belüftungsschächte brauchen, die dann wieder mitten im Park aufragen würden.
Entschieden ist noch nichts, meint Schütze. Derzeit würde erst einmal geprüft in Hinsicht auf die hydrologischen Verhältnisse (immerhin würde man ja mitten im Seengebiet mit einem hohen Grundwasserstand abtauchen), auf den Naturschutz natürlich und auf den Denkmalschutz. Diesmal ist es nicht die Betonstraße, die unter Denkmalschutz steht, sondern der agra-Park, der in seiner Grundsubstanz ja der historische Herfurthsche Park ist.
Bis Dezember, so schätzt Schütze ein, könne man dann wohl wirklich erfahren, welches die Vorzugsvariante des Landesamtes für Straßenbau und Verkehr ist. Vorher, so hofft er, gibt es für die Betroffenen aus Markkleeberg und Leipzig noch einen gemeinsamen Termin in Dresden. Und im Regionalplan für Westsachsen sollte das Projekt jetzt ebenfalls dringend auftauchen. Im aktuellen Rohentwurf des Regionalplans fehlt es noch.
Aber auch der neu gewählte Landrat Henry Graichen stehe hinter dem Projekt, stellt Schütze fest. Man sei also in der Region recht einhelliger Meinung, dass die B 2 im Bereich des agra-Parks unbedingt unter die Erde soll. Da ist eher die Frage, ob die B2 es dann recht schnell auf die Prioritätenliste des Bundesverkehrswegeplans schafft. Immerhin nagt unübersehbar der Zahn der Zeit.
Auch wenn es manchmal gut ist, wenn Projekte nicht überstürzt beschlossen werden, wie Dr. Gabriela Lantzsch, Bürgermeisterin der Gemeinde Großpösna und Leiterin der AG Landschaft im Grünen Ring Leipzig, feststellt: 2009 war die B2 schon mal als Schnellschussprojekt im Konjunkturpaket des Bundes angedacht gewesen – und wurde dann zum Glück nicht als neues Stelzenbauwerk gebaut. Jetzt liegt die echte Chance auf dem Tisch, dass die Betonstelzen in ein paar Jahren aus dem agra-Park verschwinden.
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