LeserclubAm 6. Oktober 2014 gab es bereits eine Informationsveranstaltung mit ersten Informationen zum geplanten Ideenwettbewerb, am 18. Oktober gab es einen Bürgerspaziergang entlang der „Umbaustrecke“, Workshops und Gespräche mit beteiligten Interessengruppen folgten. Am 5. März dann der Startschuss für Teil 2 der Bürgerversammlungen: die eingesandten und angesprochenen Anregungen und Ideen wurden vorgestellt und diskutiert. Etwa 120 Markkleeberger hörten gespannt zu. Das Planungsbüro hat jetzt die Unterlagen aus der Präsentation zur Verfügung gestellt.
Die Besucher mussten jedoch noch ein wenig auf die Präsentation der Ergebnisse warten, denn ein anderes Thema beherrschte in den vergangenen Tagen die Gespräche in der Stadt: die Stilllegung der Straßenbahnlinie 9 im Dezember 2015. Nach einer knappen halben Stunde, in der OBM Karsten Schütze über die Entscheidung informierte und alle Fragen gestellt und beantwortet wurden, begann dann die geplante Diskussion zur Umgestaltung des Markkleeberger Stadtzentrums.
Karsten Schütze gab kurz einen Überblick über die bisher erfolgten Schritte und die weiteren zeitlichen Planungen. Er sagte, dass die von den Markkleebergern per Fragebogen, Brief, E-Mail, Zeichnungen oder in persönlichen Gesprächen eingebrachten etwa 500 Ideen, Anregungen und Vorschläge in den vergangenen Monaten gesichtet, sortiert und eingeordnet wurden. Und übergibt damit das Wort an Michael Rudolph.
Die Stadtverwaltung schreibt: „Michael Rudolph und sein Team vom beauftragten Büro Station C23 hatten die nicht leichte Aufgabe, alle 500 Vorschläge zur Neugestaltung und Aufwertung der Rathausstraße vom Ring bis zum Rathausplatz aufzunehmen, abzuwägen und in die Aufgabenstellung für den nun folgenden Architekten-Wettbewerb einfließen zu lassen.“
Womit sie das Problem genau umrissen hatte. An einem anschaulichen Beispiel machte Michael Rudolph die Schwierigkeiten deutlich: Während die einen sagen „Mehr Grün! Weg mit den Autos!“, sagen die anderen „Wir brauchen mehr Pkw-Stellplätze!“. Das sei aber nur ein Beispiel und sei fast auf alle Bereiche übertragbar. Mehr von dem, weniger von dem! Mal so, mal so. Also habe man erstmal geschaut, welche Themen an welchen Schwerpunkten von den Beteiligten – Einwohner, Händler und Gewerbetreibende, Investoren, Denkmalpflege, Politik/Stadtrat, Verwaltung, Verkehrsplaner – am häufigsten angesprochen wurden.
Vier verschiedene Gebiete/Bereiche entlang der Rathausstraße
Verschiedene Nutzungen und Schwerpunkte unter einen Hut bringen
Verschiedene Nutzungen
- Wie können verschiedene Nutzungen sinnvoll kombiniert und mit vorhandenen Angeboten ergänzt werden? (Gastronomie, Café, Kino, Stadtbibliothek, …, multifunktionale Räume für verschiedene Nutzungen und Veranstaltungen, Angebote für Kinder und Jugendliche (Jugendhaus), Wohnungen, Einzelhandel und Dienstleistungen, …)
Grünräume und kinderfreundliche Strukturen
- Wie erreicht man eine höhere Aufenthaltsqualität (Spielplätze, Sitzgelegenheiten, …) und größtmögliche Barrierefreiheit?
- Welche Rolle spielt die Begrünung auf den Straßen?
Kunst und Orientierung
- Wie kann Kunst im Straßenraum integriert werden?
- Warum ist ein einheitliches Erscheinungsbild wichtig?
- Wo sind Informations- und Orientierungsmöglichkeiten über Kultur- und Freizeiteinrichtungen, Handel und Dienstleistungen, … sinnvoll?
Verkehr
- Wie werden Verkehrsströme geregelt und gelenkt?
- Wie können die unterschiedlichen Wünsche nach der verkehrlichen Nutzung berücksichtigt werden?
- Wie geht man mit dem ruhenden Verkehr um?
Aus diesen Fragestellungen und Schwerpunkten lassen sich in den vier festgelegten Bereichen entlang der Rathausstraße unterschiedliche Empfehlungen für die Umgestaltung ableiten, die von Michael Rudolph vom begleitenden Leipziger Planungsbüro Station C 23 präsentiert wurden.
Die Vorschläge und Empfehlungen des Planungsbüros und der Stadt Markkleeberg
Erklärung zu den Präsentationsunterlagen
Im oberen Bereich finden Sie die Anregungen und Wünsche, die von den Einwohnern eingebracht wurden. Darunter die Vorschläge, die vom Planungsbüro zugeordnet und daraus abgeleitet wurden. Diese Empfehlungen werden nun in die Unterlagen eingearbeitet, die den Planern und Architekten im bevorstehenden Gestaltungswettbewerb als Vorgaben für die Erstellung ihrer Beiträge und Unterlagen dienen sollen.
Teilbereich 1: Westliche Rathausstraße (Kreuzung Am Ring, Rathausgalerie bis zum Bahnübergang)
Teilbereich 2: Westliche Rathausstraße (vom Bahnübergang bis zur Kreuzung Fr.-Ebert-Straße, vorbei am Bahnhofsvorplatz bis zur Brücke S-Bahnhof, darin eingeschlossen der Bereich südlich der Rathausstraße mit der Buswendeschleife und der Schwimmhalle)
Teilbereich 3: Östliche Rathausstraße (von der Brücke am S-Bahnhof über die Kreuzung Hauptstraße bis zur Raschwitzer Straße)
Teilbereich 4: Rathausplatz (Straßenbereich direkt vor dem Rathaus und der gesamte Rathausplatz davor)
Die anschließende Diskussion
Auch in der sehr angeregten Diskussion wurde über einzelne Schwerpunkte sehr widersprüchlich diskutiert. Mehrere Markkleeberger traten an das Mikrofon, um ihre Fragen an OBM Karsten Schütze oder Michael Rudolph vom Planungsbüro zu richten.
Ist die Einrichtung einer verkehrsberuhigten Zone sinnvoll?
Michael Rudolph antwortet, dass es sehr gute Erfahrungen aus anderen Städten gibt, die zeigen, wie dies mit gestalterischen Mitteln und Umstrukturierungen gelingen kann. Verkehrszählungen haben ergeben, dass man in Markkleeberg mit etwa 4.000 – 4.500 Fahrzeugen pro Tag rechnen muss. Schwierigkeiten bereite eher der ruhende Verkehr. Wo können Möglichkeiten geschaffen werden, das Auto beim Einkauf oder bei Veranstaltungen abzustellen? Hier sehe er die Lösung vor allem in der geplanten Tiefgarage gegenüber der Rathausgalerie und in einem Parkhaus am Rathausplatz. Auch der Wegfall der Straßenbahngleise (mit Einstellung der Linie 9) bietet neue Optionen bei der Gestaltung des Straßenraums.
Ein anderer Anwohner berichtet aus seinem Erleben, dass Manchen selbst der Weg vom Parkhaus zum Geschäft in der Rathausstraße zu weit ist. Sie erwarten, dass man direkt vor dem Geschäft parken kann. Auch viele Gewerbetreibende und Händler haben dies während der Workshops gefordert. Michael Rudolph erklärt, dass es nicht darum gehe, alle Plätze zu streichen, sondern dass man von den Wettbewerbsteilnehmern gute Vorschläge erwartet, wie diese besser integriert werden können, um lange Blechlawinen am Straßenrand zu vermeiden.
Andere Markkleeberger sorgen sich darum, ob es alle Verkehrsteilnehmer schaffen, sich gleichberechtigt durch die verkehrsberuhigte Zone zu bewegen. Kommt es da nicht immer wieder zu gegenseitigen Behinderungen, wenn Fußgänger und Radfahrer gemeinsam mit den Autos – und dem Bus – durch die Straße fahren?
Auch über die Kreuzung der Rathausstraße an der Hauptstraße wird noch kurz diskutiert. Hier sehen einige Anwohner vor allem das Problem, dass die derzeitige Vorfahrtreglung der Fahrzeuge auf der Hauptstraße dann aufgehoben wird und die Fahrzeuge den verkehrsberuhigten Bereich in der Rathausstraße queren müssen. Ob das nicht zu gefährlich sei, da die Hauptstraße ja von Vielen als Zufahrt zur Seenallee/B2/B95/A38 benutzt wird.
Ist der Neubau gegenüber der Rathausgalerie für weitere Geschäfte notwendig?
Die eigentliche Frage dahinter kam aber erst wenig später zur Sprache: Muss Markkleeberg dann nicht mit weiteren Schließungen in der Rathausstraße rechnen? OBM Karsten Schütze entgegnet, dass es ja erklärtes Ziel sei, dort ein ergänzendes Angebot zum Sortiment der bestehenden Händler zu schaffen. Zudem verspricht er sich von der Umgestaltung der Stadtmitte entlang der gesamten Rathausstraße eine Belebung des Stadtzentrums. Der verkehrsberuhigte Bereich soll zum Spazierengehen und Bummeln einladen. Die geplanten Veranstaltungsflächen (Kino, Kabarett, Lesungen, …), die Schwimmhalle, die neue Tourist-Info und evtl. später dann auch wieder die Bibliothek sollen Besucher und Käufer anziehen – Markkleeberger und die Gäste der Stadt. Schütze weist auch noch mal darauf hin, dass es nicht darum gehe, da einen Discounter hinzusetzen, sondern lieber kleinteiligen Handel und Dienstleistungen anzusiedeln. Der Biomarkt wird wieder ins Gespräch gebracht und ob es nicht gut wäre, wieder eine Post in zentraler Lage zu haben. Laut Schütze gehe es darum, möglichst optimale Voraussetzungen zu schaffen, um “eine kritische Masse” an Besuchern und damit auch an Bummlern und Einkäufern in der Rathausstraße zu erreichen.
Ein “Medienhaus” in der Rathausstraße
Als dieses Wort am Mikrofon genannt wird, zucken viele Anwesende mit den Schultern. Was soll man sich darunter vorstellen? Einen Markt, in dem man CDs und Videos kaufen kann? Die anschließenden Erklärungen bringen Erleuchtung – und sorgen für zustimmendes Gemurmel und Kopfnicken. Kann man nicht die im Neubau gegenüber geplanten (Veranstaltungs)-Angebote – Bibliothek, Kino, Lesungen, Räume für Jugendliche (z.B. für Computernutzung) – in einem altersübergreifenden “Medienhaus” zusammenfassen? Dazu ein kleines Kultur- oder Lesecafé … ?
Das gefällt auch Markkleebergs OBM. Dankbar greift er diesen Vorschlag auf.
Denkmal am Rathausplatz
Schon länger diskutieren engagierte Markkleeberger mit der Stadtverwaltung über einen möglichen Standort für ein Denkmal zur Erinnerung an die Opfer des Konzentrationslagers Buchenwald, das 1944/1945 am Equipagenweg eingerichtet war. Der Bahnhofsvorplatz oder der Platz vor dem Rathaus wurden vorgeschlagen. OBM Schütze sieht dieses Denkmal aber am historisch richtigen Ort, nämlich im Equipagenweg, besser aufgehoben.
Haltestelle Markkleeberg-Mitte
Ein Markkleeberger fragte nach, was denn eigentlich mit der Haltestelle der Deutschen Bahn in Markkleeberg-Mitte wäre. Der Bahnsteig grenzt doch direkt an das neu zu bebauende Areal gegenüber der Rathausgalerie an. Könne der dann nicht weg? OBM Karsten Schütze beginnt seine Erklärung mit der Information, dass der Haltepunkt erhalten bleiben müsse, da bei Störungen im regulären S-Bahnnetz dieser Halt für die Umleitungsstrecke gebraucht wird. Sollte der S-Bahnhof Markkleeberg mal nicht anfahrbar sein, so wird der Bahnverkehr von und nach Leipzig über die Waldbahn umgeleitet. Es gibt allerdings Überlegungen, den Haltepunkt zu verlegen und auf der anderen Seite neu zu bauen. Die Deutsche Bahn sei gesprächsbereit, so Schütze. Vorteilhaft wäre diese Lösung, da dann zwischen Bahn und Bussen (in der Wendeschleife) ein direkter Übergang möglich wäre.
Die nächsten Schritte
Mit dem ehrgeizigen Ziel, bis zum Ende des Jahres 2015 mit dem Gestaltungswettbewerb fertig zu sein, erfolgt nach der Einarbeitung der jetzt noch eingegangenen Hinweise und Anregungen die Vorlage im Markkleeberger Stadtrat. Im Mai beginnt die Auslobung des Wettbewerbs, im September wird der Abgabetermin für die Planungsbüros sein, damit schon im Oktober das Preisgericht tagen und über die eingereichten Entwürfe und Vorschläge befinden kann. Für November werden die Ergebnisse des städtebaulichen Wettbewerbs erwartet, dem soll eine zweiwöchige Ausstellung folgen.
Und dann folgen Schritt für Schritt in den ersten Bereichen die ersten Baumaßnahmen. Los geht es – so OBM Karsten Schütze – wohl als erstes rund um den Bahnhofsvorplatz. Hier steht 2016 die Eröffnung der Schwimmhalle an, das gesamte Umfeld muss noch geplant und gestaltet werden – möglichst nicht losgelöst, sondern in Zusammenhang mit den Planungen rund um das neu entstehende Stadtzentrum Markkleebergs.
Hier noch mal die gesamte Präsentation (pdf-Datei) mit den gesammelten Anregungen der Einwohner und den daraus abgeleiteten Empfehlungen: Städtebauliche Entwicklung Rathausstraße und Bahnhofsumfeld in Markkleeberg
Keine Kommentare bisher
Es ist echt eigenartig, dass im Deutschland des 21. Jhds Fußgängerzonen immer noch auf Vorbehalte und Ablehnung stoßén, nur weil einigen Autofahrern der Fußweg zu lang ist.
Und woher wollen die Experten Einzelhändler denn immer so genau wissen, dass sie wegen einer autofreien Zone vor ihrer Ladentür weniger Umsatz machen?
Jedenfalls: Da, wo es Fußgängerzonen gibt, steppt immer der Bär. In zivilisierten Großstädten lecken sich die Händler die Finger danach, ein Ladengeschäft in einer zentralen Fußgängerzone zu haben.
Daran, dass Leipzig immer noch nicht ausreichend zivilisiert ist, gewöhne ich mich langsam und schwer. Aber dass die Gartenstadt Markkleeberg in Sachen Stadtverkehr auch vierzig Jahre hinterher sein will, erstaunt mich dann doch…