Es gibt zwei Passagen im Protokoll der letzten Sitzung der Fluglärmkommission des Flughafens Leipzig/Halle, die machen recht deutlich, was da in der Kommission falsch läuft. Während es der Stadt Halle endlich gelang, den Ostteil der Saalestadt von Überflügen zu entlasten, wurde ein ähnlicher Antrag der Stadt Leipzig zur so genannten "kurzen Südabkurvung" einfach abgelehnt.

Die beiden Protokollabsätze lauten schlichtweg so – zur Stadt Halle: “Mehrheitlich folgte die Fluglärmkommission der von der Stadt Halle beantragten Modifizierung der Abflüge nach Norden bei Betriebsrichtung West und empfahl der DFS die entsprechende Umsetzung.” Damit sollen zukünftig östliche Stadtteile von Halle vom Fluglärm verschont werden.

Auf die “kurze Südabkurvung” über Leipzig trifft im Grunde dasselbe zu. Die Kommission hätte dem Leipziger Antrag also ebenso folgen können. Tat es aber nicht, sondern rückte – im Schatten einer Einschätzung des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung nun zusammen, um just die Klage gegen die Südabkurvung als Begründung dafür zu nehmen, dass man die Südabkurvung nicht aufgibt.

Im Protokoll lautet die Passage: “Den Antrag der Stadt Leipzig auf Aussetzung der kurzen Südabkurvung lehnte die Kommission mehrheitlich ab. Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 19.12.2013 über die Zulässigkeit der Klage eines Umweltverbandes gegen dieses Flugverfahren entschieden, ohne eine inhaltliche Bewertung seiner Rechtmäßigkeit vorzunehmen. Das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung informierte zum Verfahrensstand und legte seine Rechtsposition dar. Eine Aussetzung im Vorgriff auf die Sachentscheidung des sächsischen Oberverwaltungsgerichts konnte die Kommission nicht befürworten.”

Was natürlich in der Formulierung Quatsch ist: Wenn das Bundesverwaltungsgericht die Zulässigkeit einer Klage feststellt, dann stellt es auch deren Rechtmäßigkeit fest. Dann ist nur noch offen, wie das Oberverwaltungsgericht dazu entscheidet. Was eh schon peinlich genug ist, denn der Fall Halle zeigt, das die Fluglärmkommission auch ohne richterlichen Beschluss beschließen kann, dass besiedelte Stadtgebiete nicht überflogen werden.

Deswegen hat die “Gegen die neue Flugroute” postwendend wieder einen Antrag gestellt, die Fluglärmkommission möge beschließen, die Südabkurvung abzustellen. Denn bis das Oberverwaltungsgericht überhaupt zu einer Entscheidung kommt, können Jahre vergehen. Schon jetzt sind sieben Jahre vergangen, in denen Gerichtsprozesse immer wieder ausgesessen, vertagt, mit nicht nachvollziehbaren Gründen gar nicht erst begonnen werden. Im Grunde ist die Fluglärmkommission das einzige Gremium, das von betroffenen Bürgern direkt angesprochen werden kann – doch gerade da, wo es Leipzig betrifft, scheinen die meisten Kommissionsmitglieder sich auf die Aussage von OBM Burkhard Jung zu berufen, er werde nichts unternehmen, um den Betrieb am Flughafen Leipzig/Halle zu beeinträchtigen. Eine Art Freibrief – die Position Leipzigs in der Kommission ist damit geschwächt und weder Betreiber (Leipzig ist ja als Miteigentümer auch Mitbetreiber) noch Nutzer noch Flugsicherung sehen sich bemüßigt, der Stadt überhaupt entgegen zu kommen.

Am Mittwoch, 12. November, wird in der Fluglärmkommission des Flughafens Leipzig-Halle nun wiederum das Thema Abschaffung der kurzen Südabkurvung auf der Tagesordnung stehen. So jedenfalls erwartet es die Bürgerinitiative “Gegen die neue Flugroute”. Betroffene Gemeinden haben hierzu mit Unterstützung der Bürgerinitiative erneute Anträge eingereicht. Zeitgleich reichte auch das Netzwerk “Zukunft Leipzig”, ein Zusammenschluss aller Bürgerinitiativen zur Bekämpfung von Fluglärm am LEJ, einen entsprechenden Antrag ein. Das Netzwerk bezeugt damit, dass die Abschaffung der kurzen Südabkurvung ein Kernthema aller Bürgerinitiativen zum Thema Fluglärm am LEJ darstellt, ungeachtet möglicher differenzierter konkreter Ziele.”Die Vertreter der Stadt Leipzig in der Fluglärmkommission sind damit aufgefordert, sich mit aller Intensität und Leidenschaft für die Abschaffung der kurzen Südabkurvung einzusetzen”, erklärt dazu Matthias Zimmermann, Sprecher der Bürgerinitiative “Gegen die neue Flugroute”. “Kein anderer Oberbürgermeister in Deutschland kann sich beim Thema Flugrouten/Fluglärm der Unterstützung eines ehemaligen Bundesverkehrsministers gewiss sein.”

Und er zitiert den ehemaligen Bundesverkehrsminister und SPD-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Tiefensee, der im August 2013 der Bürgerinitiative gegenüber erklärte: “… sehe ich bei einer Abschaffung der kurzen Südabkurvung keine Gefährdung der Existenz des Flughafens. Darüber hinaus sprechen keine ökologischen Gründe für die Abkurvung, während die Belastungen für die Bevölkerung zunehmen. Daher unterstütze ich Sie in Ihrem Vorhaben und mache mich gemeinsam mit der SPD-Bundestagsfraktion insgesamt für eine breitere Bürgerbeteiligung bei Flugroutenplanungen stark.”

Die umstrittene – nicht nur aus Sicht der Bürgerinitiative rechtswidrige – kurze Südabkurvung ist seit ihrem Inkrafttreten ununterbrochener Gegenstand des Widerstandes der Bürgerinitiative “Gegen die neue Flugroute”, die sich immerhin auf über 2.000 Unterstützerunterschriften berufen kann. Unterstützt wird deren Forderung nach Abschaffung der kurzen Südabkurvung vom Stadtrat der Stadt Leipzig sowie Landes- und Bundestagsabgeordneten. Spätestens seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19. Dezember 2013 wird die kurze Südabkurvung in einem rechtsfreien Raum beflogen, stellt Zimmermann fest.

Das Bundesverwaltungsgericht hatte festgestellt, dass die Grüne Liga sehr wohl gegen die Südabkurvung klagen dürfe. Im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss für die Start- und Landebahn Süd war sie nicht enthalten und wurde dann von der Deutschen Flugsicherung 2007 aus eigenem Ermessen einfach eingeführt. Die im Planfeststellungsverfahren verankerte Bürgerbeteilung wurde damit in einem wesentlichen Element einfach unterlaufen.

“Trotzdem reagierte die Fluglärmkommission im Frühjahr diesen Jahres nicht entsprechend und lehnte einen Antrag zur Aussetzung/Abschaffung der kurzen Südabkurvung ab”, kritisiert Zimmermann. “Und dies, obwohl sie zeitgleich einem Antrag der Stadt Halle zur Änderung einer Flugroute und damit Entlastung von östlichen Stadtteile von Halle mehrheitlich zustimmte. Ein großer Erfolg für Halle, deren Betroffenen es von Herzen gegönnt sei. Allerdings, fast scheint es, Leipzig, immerhin Anteilseigner am Flughafen Leipzig-Halle, lässt sich stets am Katzentisch platzieren, geht es um die Belange ihrer Bürger, immerhin 60.000 Betroffene. Dies ist nicht im Sinne des Stadtrates, der sich bekanntlich parteiübergreifend für eine Abschaffung der kurzen Südabkurvung ausgesprochen hat. Die Verwaltung der Stadt Leipzig hat also einen klaren Auftrag, sich vehement für die Abschaffung der kurzen Südabkurvung einzusetzen, unabhängig Parteizugehörigkeit oder eventueller persönlichen Befindlichkeiten/Betroffenheiten.”

Und als Appell an den Leipziger Oberbürgermeister: “Herr Jung, nutzen Sie diesen Rückenwind!”

www.fluglaermleipzig.de

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