Kommt irgendwann das Nachtflugverbot in Deutschland? Gibt es irgendwann den großen Cut, weil es dann genug Beweise gibt, dass der nächtliche Fluglärm die Gesundheit der Flughafenanrainer zerstört? - Noch ist das offen. Denn während an Flughäfen wie Leipzig/Halle seit sechs Jahren die Nacht zum Tag gemacht wird, kommen die Forschungsberichte zur Gesundheitsbelastung erst nach und nach zusammen. Einer stützt jetzt die Klage der Fluglärmgegner zusätzlich.

Am 3. Mai 2010 hatten Musterkläger der IG Nachtflugverbot Leipzig/Halle e.V. eine Beschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg eingereicht. Jeweils im Februar 2011 und 2013 wurden Nachreichungen in das Verfahren eingeführt. Darin ging es um neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu gesundheitlichen Auswirkungen von Fluglärm und um die fehlende wirtschaftliche Rechtfertigung eines großen Teils der Nachtflüge.

Jetzt wurde in einer dritten Nachreichung am 27. November die bahnbrechende Studie eines Forscherteams der Uni Mainz als Beweis in das Verfahren eingeführt. Darin werden erstmals die physiologischen Wirkmechanismen von Nachtfluglärm nachgewiesen. Bereits kurzzeitige Beschallung mit Nachtfluglärm bewirkt eine Schädigung der Innenwand der Blutgefäße. Je stärker der Fluglärm, desto mehr nimmt die Erweiterungsfähigkeit der Arterien ab. Das führt bei länger anhaltendem Nachtfluglärm zu chronischem Bluthochdruck und erhöht in der Folge unter anderem das Herzinfarktrisiko.”Eine Gewöhnung an Fluglärm – wie vom Flughafen behauptet – gibt es dabei nicht”, erklärt dazu Michael Teske, Vorsitzender der IG Nachtflugverbot Leipzig/Halle e.V. “Im Gegenteil: Je höher die Vorbelastung, desto stärker reagiert der Körper! Dies geschieht völlig unabhängig davon, ob der Mensch durch Fluglärm aufwacht oder ob er sich subjektiv gar nicht gestört fühlt.”

Für Teske ist damit eines klar: “Das Schallschutzkonzept des Flughafens Leipzig/Halle ist auf Sand gebaut und bietet keinen ausreichenden Schutz für die Flughafenanwohner. Denn in der sogenannten DLR-Studie, die ihm zugrunde liegt, wird behauptet, dass es ohne zusätzliche Aufwachreaktionen keine Gesundheitsschädigungen durch Nachtfluglärm gäbe. Flughafenanwohner wissen aus eigener Erfahrung, dass das nicht stimmt. Denn auch Menschen, die rechnerisch weniger als eine ‘zusätzliche Aufwachreaktion’ pro Nacht hinnehmen müssen, sind durch Nachtfluglärm massiv gesundheitlich beeinträchtigt.”

Selbst Leipzigs OBM Burkhard Jung sagte ja im OB-Wahlkampf deutlich, dass er nichts tun werde, um die Nachtfliegerei einzuschränken. Städte wie Leipzig sind erpressbar, wenn Flughafenbetreiber mit gefährdeten Arbeitsplätzen argumentieren.

“Dem dummen Spruch der Luftfahrt-Lobby ‘Die Fracht braucht die Nacht’ setzen wir die glasklare wissenschaftliche Erkenntnis entgegen, dass der Mensch ohne nächtliche Ruhe und Erholung nicht auskommt. Fluglärm gehört nicht in die Nacht”, sagt Teske. “Selbst wenn ‘die Wirtschaft’ angeblich nicht auf Nachtflüge verzichten kann, muss Gesundheit vor Profit gehen. Der positive Trend der Nachtflugverbote an immer mehr deutschen Flughäfen (zuletzt Berlin und Frankfurt) wird durch die Studie erneut gestützt. Wir sehen voller Optimismus der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte entgegen.”

Die “Ärztezeitung” zur Studie über die gesundheitlichen Auswirkungen von Fluglärm: www.aerztezeitung.de/medizin/krankheiten/herzkreislauf/bluthochdruck/?sid=842141

IG Nachtflugverbot Leipzig/Halle e.V.: www.Nachtflugverbot-Leipzig.de

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Redaktion über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar