Während Politiker im Neussenland noch fröhlich daran arbeiten, millionenteure Wasserwege für Motorboote zu planen, sind die Leute, die mit den kraftstoffbetriebenen Booten ihre Rennen austragen wollen, längst da. Auf dem Elster-Saale-Kanal fahren sie ihre Rennen. Und während der Beitrag der LVZ zum Thema am 13. Dezember sich noch so las, als könnte da keine staatliche Instanz irgendwie was machen, liest sich das Protokoll der Ortschaftsratssitzung ein klein wenig anders.
Der Ortschaftsrat hatte zu seiner Sitzung am 10. Dezember extra Gäste eingeladen, von denen man vermuten könnte, sie wären qua Amt in der Lage, die wilden Rennen und nächtlichen Lärmbelastungen zu unterbinden. Angelika Freifrau von Fritsch, Leiterin des Amtes für Umweltschutz der Stadt Leipzig, und Ulrich Weber vom Wasser- und Schifffahrtsamt Magdeburg/Merseburg. Eingeladen war auch Thomas Krümmling, Abteilungsleiter SC DHfK, Abt. Rudern.
Als Tagesordnungspunkt 5 kam die nächtliche Motorbootbelärmung zur Sprache. Der komplette Protokollauszug dazu:
“TOP 5 Besprechung mit dem Umweltamt und dem Wasser- und Schifffahrtsamt über die auf dem Saale-Elster-Kanal fahrenden und verwendeten motorbetriebenen Wasserfahrzeuge
OV (Stefan, d. Red.) Köster betont, dass die schriftliche Stellungnahme des Umweltamtes den OR nicht befriedigt, zumal Burghausen in der Umweltzone liege und die Motorboote die entsprechenden Auflagen wohl nicht erfüllen würden.
Freifrau von Fritsch führt aus, dass die Umweltzone nur für den Straßenverkehr gelte. Wasserstraßen seien hiervon ausgenommen. Die in Burghausen gemessenen Werte (ausgenommen an der B181) lägen im Übrigen deutlich unten den zulässigen Grenzwerten.
OR (Sabine, d. Red.) Fuchs betont, dass der Saale-Elster-Kanal für Schleppkähne und nicht für Motorboote ausgelegt und gebaut worden sei. Die recht alten Boote des Bootsverleihs hätten einen hohen Schadstoffausstoß und seien sehr laut. Sie schlägt vor, die Benutzung von Elektrobooten – wie teilweise auf anderen Leipziger Gewässern- vorzuschreiben.”
Zwischenbemerkung der Redaktion: Der erwähnte Bootsverleih ist der Motorbootsverleih Leipzig in der Lyoner Straße, der am 1. Mai 2013 am östlichen Kanalende kurz vorm Lindenauer Hafen seinen Betrieb aufnahm. Dabei nutzte Inhaber Stephan Lademann ein “Loch” in der Leipziger Gewässerlandschaft: Der Elster-Saale-Kanal gilt als Bundeswasserstraße – die Stadt Leipzig hat hier keine Eingriffsrechte. Seine Motorboote kann man auch ohne Bootsführerschein mieten, wirbt Lademann.
Weiter im Protokoll:
“Freifrau von Fritsch erwidert, dass es sich beim Saale-Elster-Kanal (Saale-Leipzig-Kanal) grundsätzlich um eine sonstige Bundeswasserstraße handele, die nicht in die Zuständigkeit des Leipziger Umweltamtes falle. Der Kanal sei deshalb nicht mit anderen Leipziger Gewässern vergleichbar.
Herr Weber erläutert ausführlich die Sachlage aus Sicht seiner Behörde. – Er sehe keine Möglichkeit, die Kanalnutzung auf Elektroboote zu beschränken, da der Kanal eine Bundeswasserstraße und für alle Wasserfahrzeuge mit max. von 8 km/h befahrbar sei. Eine Ausnahmeregelung gebe es nur für die DHfK-Ruderer. Siehe auch Binnenschifffahrtsordnung, Kapitel 25, Saale-Leipzig-Kanal.
Der Kanal sei für die sog. 1000-Tonnen-Schiffe gebaut worden und der Wellenschlag durch die Motorboote schade weder dem Kanal noch Pflanzen und Tieren.
Er schätzt Herrn Lademann (Bootsverleiher) als seriösen Geschäftsmann ein, der mit ordnungsgemäßen CS-geprüften Booten fahre. Wenn sich dessen Kunden trotz Belehrung nicht an den Nutzungsvertrag hielten, sei dies nicht von ihm zu verantworten. Der jeweilige Bootsführer sei verantwortlich. Bei offensichtlichen Ordnungswidrigkeiten empfiehlt er, die Bootsnummer und die Uhrzeit zu notieren und mit Herrn Lademann zu sprechen, der so den Fahrer feststellen könne. Zuständig für den Kanal sei die Wasserschutzpolizei Riesa und in Vertretung das Polizeirevier Leipzig-Nord.
Herr Weber sagt, er sehe aktuell mehr Probleme an Land entlang des Kanals, z.B. durch Vermüllung, Diebstähle und Befahrung der Dämme mit Mopeds/Quads.
Herr Dr. Krümmling berichtet, dass der Ruderverein bisher kaum negative Erfahrungen mit den Booten des Bootsverleihs gemacht hätte. Er hält eher die steigende Zahl der Individualnutzer, die ihr Boot meist unter Autobahnbrücke ins Wasser lassen, für problematisch. Auch er sieht die größeren Probleme entlang des Kanals und verweist auf zahlreiche Diebstähle, Vandalismus, Müll, Hundekot usw.
Allerdings würde der Algenwuchs im Kanal immer zunehmen und es müsste dringend etwas dagegen unternommen werden. Zufällig sei einer der fünf Wasserpolizisten aus Riesa auch Übungsleiter im Ruderverein; evtl. könne dieser in zukünftige Maßnahmen eingebunden werden.
Auf den Hinweis einer Bürgerin der Kanal liege im FFH-Gebiet, erwidert Freifrau von Fritsch, dass dies nur für die Landflächen entlang des Kanals gelte, die Wasserfläche sei hiervon ausgenommen. Sie sagte aber zu, mit dem Ordnungsamt Kontakt aufzunehmen und auf die störenden Nutzungen aufmerksam zu machen.
Herr Weber will sich mit der Wasserschutzpolizei in Verbindung setzen, um Wege für eine erhöhte Polizeipräsenz am Kanal zu finden.”
Was schwierig werden dürfte, denn die zuständige sächsische Wasserschutzpolizei hat nur fünf Beamte – und die sind in Riesa stationiert. Auch das laxe Abtun des Themas FFH-Gebiet klingt nicht wirklich danach, als wolle sich die Leipziger Stadtverwaltung wirklich mit dem Thema Naturschutzgebiet beschäftigen. Und jetzt die Bürger selbst wieder zu Polizeihelfern zu machen, kann nicht wirklich die Lösung sein.
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