Es ist einer der Wunschbausteine im Leipziger Gewässerverbund: Mit dem Boot vom Leipziger Stadthafen bis zum Störmthaler See zu fahren. Das geht heute noch nicht. Dazu fehlt das Verbindungsstück von der Pleiße zum Markkleeberger See, die so genannte Wasserschlange. Und auch die Pleiße selbst ist nicht bootsgängig. Thema: Störstellen.

Seit dem 15. November sind sie wieder Thema, als die LVZ titelte: “Störstellen werden plötzlich teuer”. Es ist nur eines der vielen Themen, bei denen sich im Lauf der Zeit herausstellt, wie blauäugig all die Planungen im Gewässerverbund immer vorangetrieben wurden, mehr dominiert von politischen Wunschvorstellungen als von einem nüchternen Blick auf die Realitäten. Von Kosten in Höhe von 250.000 Euro für Leipzig und 200.000 Euro für Markkleeberg ging man noch 2008 bei den Planungen aus. Schon das erstaunlich geringe Summen für einen Gewässerabschnitt von 1,3 Kilometer Länge.

Am Mittwoch, 13. November, “trafen sich Beteiligte der Tagebausanierung und berieten, wie damit verfahren werden soll”, berichtete die LVZ. “Es sei beschlossen worden, einen ‘begrenzten Kostenumfang’ bereitzustellen, um die alte Planung zu überarbeiten und mit allen Beteiligten nach Möglichkeiten zu suchen, wie mit kleinen Leistungen begonnen werden könne, um das Baurecht nicht verfallen zu lassen, erklärte gestern Sprecherin Karin Franke von der Lausitzer und Mitteldeutschen Bergbauverwaltungsgesellschaft (LMBV).”

Markkleebergs OBM Karsten Schütze sieht das Dilemma in den veränderten Förderbedingungen des Freistaats Sachsen. “Der Freistaat hat die Spielregeln verändert, aber wir haben keine Haushaltsmittel dafür bereitstehen, auch nicht in der langfristigen Finanzplanung”, zitiert ihn die LVZ.

Wasserschlange und Pleiße gehören zum Kurs 5 im Gewässerverbund. Für die Wasserschlange fehlen auf Jahre hinaus die Gelder, nachdem sich die Steuerungsgruppe Neuseenland darauf verständigt hat, mit den knapper gewordenen §4-Mitteln erst einmal den Harth-Kanal zu bauen. Baubeginn soll dort 2013 sein. Die Wasserschlange sollte ursprünglich parallel angegangen werden. Deswegen stand auch die Beseitigung der Störstellen in der Pleiße im Plan. Aber auch dieses Thema hat man unterschätzt. 2009 hat die Landesdirektion Leipzig schon die Genehmigung zur Beseitigung der Störstellen ausgegeben. Die Finanzierung aber kam Jahr um Jahr nicht zustande. Jetzt aber drängt auf einmal die Zeit, denn das Baurecht droht zu verfallen.

Eigentlich auch das eine klare Botschaft, dass Vieles, was vor zehn Jahren im Neuseenland geplant und visioniert wurde, schlicht nicht zu finanzieren ist. Ein Blick auf die Website des Kommunalen Forum Leipziger Südraum zeigt, dass es eben nicht nur um die Beseitigung von Störstellen geht. “Zwischen S-Bahn-Brücke und Goethesteig” soll “eine naturnahe Ausgestaltung des westlichen Uferbereiches in Form einer Böschungsabflachung als ökologische Ausgleichsmaßnahme erfolgen”, heißt es da. Denn die Pleiße in diesem Abschnitt ist ja in Folge des Bergbaus ein künstlich geschaffener Kanal. Nur die Störstellen zu beseitigen, würde gar nichts bringen, denn Wasser hat “Gedächtnis” – die Strudel und Störstellen würden sich in kurzer Zeit wieder bilden.

Verhindern kann man das nur durch eine Beruhigung der Strömung und die “natürlichere Gestaltung des Flusslaufs”. Doch dafür fehlt das Geld. Im Grunde geht es um ein Flussprojekt in Millionendimension wie Harth-Kanal und Wasserschlange. Dass es hier “plötzlich” zu einer Kostensteigerung kommen sollte, ist ein Märchen. Da haben sich einige Akteure gegenseitig Sand in die Augen gestreut.

Aber das Wörtchen “plötzlich” hat auch den Sächsischen Kanu-Verband aufgeschreckt. Denn wenn Verwaltungsinstanzen solche Alarmstimmung verbreiten, dann ist Gefahr im Verzug, dann werden oft und gern Projekte “durchgezogen”, ohne noch weiter Rücksicht zu nehmen auf all die Beteiligten, die per Gesetz sonst gefragt werden müssten.Entsprechend deutlich ist die Stellungnahme von Heiner Quandt, dem Präsidenten des Sächsischen Kanu-Verbandes:Heiner Quandt

Der Sächsische Kanu-Verband lehnt aufwändige und teure wasserbauliche Eingriffe in bereits existierende Gewässer im Namen eines angeblichen Gewässertourismus entschieden ab. Dazu gehören insbesondere die Entfernung von so genannten “Störstellen”, wie sie nach Pressemeldungen an der Pleiße jetzt vorgesehen sind, aber auch Begradigungen, Verbreiterungen und Vertiefungen von Flussläufen. Solcherlei Maßnahmen sind für den Kanutourismus nicht notwendig, aber sie bedeuten immer einen Einschnitt in das ökologische System und dienen hauptsächlich einem von uns unerwünschten Motorbootverkehr. Die so genannten Störstellen auf der Pleiße mögen den Betrieb maschinell angetriebener Wasserfahrzeuge erschweren, manuell angetriebene Boote stören sie nicht.

Der SKV strebt eine möglichst weiträumige und uneingeschränkte Nutzung aller existierenden und im Rahmen des Gemeingebrauches mit muskelbetriebenen Booten nutzbaren Gewässer der Leipziger Region an und setzt sich darüber hinaus für einen naturverträglichen Kanutourismus ein. Ziel ist es, die Gewässer für Mehrtagestouren bzw. Tagestouren und als Rundkurse auch über die Landesgrenzen hinweg nutzen zu können. Aus ökologischer Sicht zu bevorzugen sind dabei Streckenführungen mit guter Anbindung an das öffentliche Verkehrsnetz und generell Rundkurse, die ohne umweltschädlichen Gewässerausbau auskommen, denn nicht nur Motorboote, sondern auch zusätzliches Transportaufkommen auf den Straßen belasten unsere Umwelt.

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Für einen behutsamen, naturnahen und landschaftsverträglichen Wassertourismus ist ein Ausbau der Gewässer nicht oder nur in minimalem Maße und mit vergleichsweise geringen Mitteln nötig. Erforderlich ist ein schrittweiser und bedarfsgerechter Ausbau der Infrastruktur für naturnahen Kanutourismus.

Wichtig für einen solchen naturnahen und umweltschonenden Kanutourismus sind geeignete, möglichst naturbelassene, ökologisch und ökonomisch sinnvolle Umtragestellen an Querverbauungen oder/und kombinierte Fischaufstiegshilfen mit Bootsgassen oder ähnlichem. Um einer wilden und unkontrollierbaren Belegung der Umwelt vorzubeugen, sind an geeigneten Stellen Pausen- und Biwakplätze sowie Ein- und Ausstiegstellen mit Anschluss an die vorhandene Infrastruktur vorzusehen. Sie helfen den Kanutourismus zu steuern und können, wenn durchdacht platziert, die örtliche Wirtschaft (Gastronomie und Übernachtungen) fördern.

Aus ökologischer und kanusportlicher Sicht fordern wir den sukzessiven Rückbau von Querverbauungen und die Umsetzung der EU-WRRL mit ihrem Ziel der Erreichung des guten ökologischen Zustandes der Gewässer.

Wir Kanusportler wollen unseren Sport auf naturnahen und ökologisch intakten Gewässern ausüben und die Natur mit Flora und Fauna erleben und entdecken. Die künstliche Vertiefung vorhandener Flussläufe lehnen wir ab.

Anm. d. Red.: Was dann nach Adam Ries 1,8 Millionen Euro macht. Denn der Eigenanteil der Kommunen beträgt nun nach dem jüngsten Verwaltungabkommen zur Tagebausanierung 25 Prozent. Danke für den Hinweis.

www.kanu-sachsen.de

Zu den Bauplänen an der Pleiße: www.kommunalesforum.de/cms/cms/front_content.php?idcat=66&lang=1

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