Es ist so ein bisschen wie Ostern und Weihnachten, wenn halbjährlich die Fluglärmkommission des Flughafens Leipzig/Halle tagt. Dann hoffen Bürgerinitiativen und Anrainer jedes Mal, die versammelten Herren und Damen mögen sich vielleicht doch einmal dazu durchringen, Maßnahmen zum Lärmschutz zu beschließen. Und immer wieder fiel die Bescherung aus. Am 13. November tagt die Kommission wieder.
Und wenn es eine in der Runde gibt, die zumindest darauf drängen könnte, dass auch nur die Beschlüsse des Leipziger Stadtrats gehört und umgesetzt werden, dann ist es die Entsandte der Stadt Leipzig. Im Grunde kämpfen die Bürgerinitiativen ja schon auf einem ganz kleinen Feld: der gleichmäßigen Bahnverteilung bei nächtlichen Starts und Landungen. Der Beschluss des Leipziger Stadtrates dazu ist nun auch schon wieder zwei Jahre alt. Passiert ist nichts.
Im Vorfeld der Sitzung schrieb Dr. Lutz Weickert im Namen der Bürgerinitiativen “Gegen die neue Flugroute”, “Gegen Flug und Bodenlärm” und “Lindenthal gegen Lärm” extra an Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung, damit auch amtlicherseits mehr Druck zur Umsetzung des Stadtratsbeschlusses von 2011 gemacht wird.”Sehr geehrter Herr Jung,
die unten aufgeführten Bürgerinitiativen haben mit Schreiben vom 17.10.2013 fristgemäß einen Antrag für die nächste Sitzung der Fluglärmkommission an den verantwortlichen Beigeordneten Herrn Rosenthal geschickt (alle Dokumente beiliegend).
Grundlage für diesen Antrag ist der Stadtratsbeschluss RBV-650/11 (siehe unten).
Leider gibt es bis heute keine Antwort von Herrn Rosenthal, ob dieser Antrag an den FLK- Vorsitzenden weitergeleitet wurde.
Wir möchten hiermit um Ihre Unterstützung bitten, dass das Thema Bahnverteilung endlich ergebnisorientiert in der FLK behandelt und im Sinne der Stadt Leipzig und der Betroffenen entschieden wird.
Der Stadtrat Leipzig hatte am 19. November 2011 parteiübergreifend und mit großer Mehrheit eine “Tage- oder wochenweise versetzte Nutzung der Start- und Landebahnen…” gefordert (RBV-650/11). Passiert ist nichts. Nach wie vor heben 90 Prozent der Flieger auf der stadtnahen Südbahn ab, nicht einmal 10 Prozent auf der Nordbahn. Weickert: “Die nunmehr über zweijährige Ignoranz der Herren Kopp und Näther gegenüber dem Stadtrat von Leipzig ist ein Skandal! Zumal die einseitige nächtliche Nutzung der Südbahn auch gegen Pkt.5.6 der gültigen Betriebserlaubnis verstößt.
Und da heißt es: “Die An- und Abflüge mit Luftfahrzeugen sind unter Berücksichtigung der Siedlungsstruktur, soweit flugsicherheitlich vertretbar, gleichmäßig auf beide Start- und Landebahnen zu verteilen.”Auf die Problematik Bahnverteilung bezieht sich auch Matthias Zimmermann, Sprecher der Bürgerinitiativen “Gegen die neue Flugroute” und “Gegen Flug- und Bodenlärm” in seinem Fluglärmreport für Oktober.
Zimmermann: “Aktuellstes Thema, der Dauerbrenner Bahnverteilung. Die Leipziger Bürgerinitiativen und die Bürgerinitiative ‘Gegenlärm Schkeuditz’ fordern die Fluglärmkommission auf, in ihrer Sitzung am 13.11.2013 endlich (nach Jahren der Beratung) einen Beschluss zur Bahnverteilung am Flughafen Leipzig-Halle zu fassen, der für die Anwohner eine echte Lärmminderung bringt.”
Er sieht den Flughafen auch keineswegs als die Zugmaschine, als der er zuweilen angepriesen wird: “Der Flughafen Leipzig-Halle ist derzeit zu lediglich 30 Prozent ausgelastet. Die Frachtentwicklung in Deutschland ist insgesamt seit Jahren stagnierend bis rückläufig, Leipzig profitiert derzeit auch von Umverteilungen und dem Chaos am Berliner Flughafen.”
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Dass der Landrat des Landkreises Nordsachsen, Michael Czupalla, in so einer Situation schon von einer dritten Landebahn träumt, hat ja schon für ein gewisses Gelächter gesorgt. Aber Zimmermann präsentiert auch zwei Karten, die zeigen, wie unterschiedlich Flughäfen mit der Nachtfliegerei umgehen. In Hannover, das ebenfalls über zwei Startbahnen verfügt, wird nachts prinzipiell nur die stadtferne Startbahn Nord genutzt und das Stadtgebiet von Hannover wird weiträumig umflogen.
Dass in Leipzig selbst die für die Flugrouten zuständige Deutsche Flugsicherung den Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm nicht erst nimmt, zeigt das Kartenbild vom 18. Oktober. In der Zeit von 0 bis 4 Uhr wurde nicht nur konsequent die stadtnahe Startbahn Süd genutzt. Es wurde auch im engen Radius das Gebiet von Markkleeberg, Markranstädt und der Süden von Leipzig überflogen. Nicht auf der Karte zu sehen ist Halle, wo das Stadtgebiet genauso wenig verschont wurde.
Und die wirtschaftliche Zukunft des Flughafens sieht Zimmermann so trübe wie die Wirtschaftswoche vor einem Jahr. Die titelte damals “Vom Hoffnungsträger zur Investitionsruine”. Die damals verheißenen 3 Millionen Fluggäste kamen 2012 so wenig zustande wie sie 2013 kommen werden. 2,2 Millionen wurden 2012 gezählt.
Der Beitrag vom 3. April 2012 in der “Wirtschaftswoche”: www.wiwo.de/unternehmen/dienstleister/flughafen-leipzig-halle-vom-hoffnungstraeger-zur-investitionsruine/6461538.html
Der Fluglärmreport für Oktober 2013 als PDF zum download.
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