Eine Frage kann man durchaus stellen: Warum lassen sich Steuerzahler gefallen, dass mit ihren Steuergeldern hantiert wird, wie es nicht einmal die flotteste Hausfrau täte? Da gönnen sich ein paar blitzlichtversessene Politiker einen Großflughafen, der auch zwei Nummern kleiner hätte ausfallen können, dort wird ein Kanalprojekt für 151 Millionen Euro konzipiert, das wirtschaftlich keine Früchte trägt und nie seine Kosten einspielen wird. Und warum stimmen die Volksvertreter der sonst so sparsamen Steuerzahler zu?
Weil sie gerade mal wieder in Geberlaune sind und glauben, sie müssten dem dürstenden Volk etwas schenken? Oder weil sie nicht als Spielverderber da stehen wollen, die ein “Jahrhundertprojekt” mit einem klaren “Nein!” beerdigen?
Oder wollen sie – wie die Linksfraktion am Mittwoch, 10. Juli, – nur ihren Bürgermeister nicht düpieren, der die Vorlage “Weiteres Vorgehen nach Vorlage der Touristischen Potenzialanalyse und Betrachtung der Grobvarianten der Trassen des Projektes ‘Anbindung des Saale-Elster-Kanals an die Saale'” eben noch verteidigt hat? Oder wie die SPD-Fraktion, die ihren OBM nicht düpieren will, der die Vorlage schon deshalb hätte kassieren müssen, weil er in den nächsten sieben Jahren jeden müden Euro in Schulen, Kitas, Straßen und Brücken investieren muss? Und die darauffolgenden sieben Jahre auch. Oft genug hat Burkhard Jung den Leipzigern nun vorgerechnet, dass sich allein das Gewerbesteueraufkommen verdoppeln muss, um nur die anstehenden Aufgaben finanzieren zu können.
Wer in so einer Situation Geld und Personal für ein Projekt bindet, das sich auch in 30 Jahren nicht rechnet, verstößt gegen die simpelsten Wirtschaftlichkeitsgrundsätze. Aber selbst das Deckblatt, das die Ersteller der Vorlagen ausfüllen müssen, steckt voller Widersprüche. Da muss nämlich angekreuzt werden, welche Auswirkungen der Beschluss auf die strategischen Ziele der Stadt hat. Und auf die Finanzen.Aber beim Punkt “Finanzielle Auswirkungen” hat das Umweltdezernat forscherweise einfach “Nein” angekreuzt. Weiter unten ist zu lesen, dass man mit privaten Geldgebern rechnet und mit Fördergeldern. Soll man da lachen oder weinen? Fördergelder werden nur gegeben, wenn die lokalen Akteure einen Eigenanteil bereitstellen. Rechnet man damit, dass der Saalekreis das überhaupt kann? Plant man erst mal ohne Geld und sucht dann einen Dummen?
Der Ökolöwe jedenfalls zeigt sich über den Stadtratsbeschluss vom 10. Juli zum weiteren Ausbau des Elster-Saale-Kanals doppelt enttäuscht.
“Das Verwaltungsmandat, den Durchstich zur Saale in Sachsen-Anhalt erst konzeptionell und ideell, später auch finanziell voranzutreiben, wird weit reichende negative Folgen für Leipzig und seine Gewässer haben”, warnt Florian Wüstneck vom Ökolöwen. Das geplante Prestigeprojekt kostet mehrere hundert Millionen Euro Steuergelder, welche durch Nutzungsgebühren nie erwirtschaftet werden können. Außerdem werden dann nicht nur Motorboote, sondern auch Fahrgastschiffe auf Leipzigs Gewässer drängen.
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Als anerkannter Naturschutzverband lehnt der Ökolöwe das Vorhaben aus naturschutzfachlicher Sicht ab. Der Verein warnte bereits im Mai in einer Stellungnahme vor den geplanten Eingriffen in bestehende Natura-2000-Schutzgebiete. “Deren Ziel ist es, die biologische Vielfalt in Europa zu bewahren und zu entwickeln”, sagt Wüstneck. “Die geplante Trassierung des Kanals beeinträchtigt auf sächsischer Seite erheblich das anliegende FFH-Gebiet ‘Bienitz und Moormergelgebiet’ sowie das Vogelschutzgebiet (SPA) ‘Leipziger Auwald’. Eine Veränderung der Lebensräume in diesen strengsten europäischen Schutzkategorien ist mit den gebietsspezifischen Erhaltungszielen laut FFH-Richtlinie sowie mit § 34 BNatSchG nicht zu vereinbaren. Nur eine FFH- bzw. SPA-Verträglichkeitsprüfung kann darüber entscheiden, ob der Kanal gebaut werden darf.”
Der Ökolöwe hofft daher, dass sich die sachsen-anhaltinischen Kommunen für sinnvolle Verwendungsmöglichkeiten ihrer Steuergelder und ihres Verwaltungspersonals entscheiden und den Kanalausbau ad acta legen. So könnte beispielsweise in den ökologischen Hochwasserschutz investiert werden. Und das ist – erst recht mit dem Blick auf das Hochwasser vom Juni 2013 – eine weit wichtigere Aufgabe.
Stellungnahme des Ökolöwen zur Stadtratsvorlage: www.oekoloewe.de/text,2439,umweltpolitische_arbeit.html
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