Seit einem Jahr geistern immer mehr Visionen für ein motorisiertes Neuseenland durch die Welt. Mal ist es eine Planung für einen Elster-Saale-Kanal mit Schiffshebewerk, der zwangsläufig Motorboote in den Leipziger Gewässerknoten spülen soll, mal sind es die völlig abgehobenen Diskussionen um eine Schiffbarkeitserklärung für die Tagebauseen. Jetzt meldet sich der Sächsische Kanu-Verband zu Wort und fordert endlich eine andere Strategie für die Gewässer.
Denn viele der wilden und teuren Ideen, die mittlerweile auch in die kommunalen Entscheidungsgremien schwappen, bauen auf einem 2006 formulierten “Wassertouristischen Nutzungskonzept” (WTNK) auf, das zwar “nur” Diskussionsgrundlage sein sollte – aber seither immer wieder zur Begründung einzelner Entwicklungsschritte herhalten muss, die sogar gegen wichtige Aussagen des WTNK verstoßen – so wie dieser: “Da ein Großteil der Gewässer in der Region Leipzig in wertvollen Naturräumen liegt, ist neben der Vereinbarkeit mit der Zielsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (EU-WRRL) zum Gewässerschutz frühzeitig zu klären, ob die prognostizierten Gewässernutzungen und die Ausbaumaßnahmen mit den Zielen und Anforderungen des Naturschutzes verträglich gestaltbar sind.”
Hier steht es schwarz auf weiß. Aber selbst bei den Planungen für die Befahrbarmachung des Floßgrabens ließ man diesen wichtigen Stolperstein außer Acht. Am Ende war es der Eisvogel, der das Projekt in diesem Jahr erst einmal ausbremste. Eigentlich selbst für die Verantwortlichen in den Kommunen des Grünen Ringes ein deutliches Zeichen: So geht es nicht. Die Visionen für einen ausufernden Wassertourismus verstoßen schon vom Grunde her gegen die gültigen Naturschutzregelungen im Leipziger Auwald.
Und weil dieses “Aha!” aus den Verwaltungsgremien nicht wirklich zu vernehmen ist, hat sich das Präsidium des Sächsischen Kanuverbandes zusammengesetzt und einen Appell formuliert.
“Der Sächsische Kanu-Verband spricht sich eindeutig für eine natur- und landschaftsverträgliche wassersportliche Nutzung der Leipziger Gewässer aus und fordert daher die zuständigen Stellen auf, unter Einbindung aller Beteiligten ein gemeinsames Konzept zu entwickeln”, heißt es darin. Denn ein Weiter-so auf Basis des WTNK kann nicht funktionieren. Es braucht eine Gesamtstrategie, die auf die Naturschutzbedingungen Rücksicht nimmt und akzeptiert, dass Vieles, was sich einige Beteiligte ausmalen, so nicht funktioniert, nicht funktionieren kann.
Das Präsidium des Sächsischen Kanu-Verbandes (SKV) hat sich bei mehreren Tagungen zusammen mit dem Wasserwander-Ausschuss Leipzig in den letzten Wochen intensiv mit der weiteren Entwicklung auf den Leipziger Gewässern beschäftigt. Als Ergebnis hält es nun fest, dass für die Leipziger Gewässer ein einheitliches Konzept unter Beteiligung aller Betroffenen erarbeitet werden muss.
Aus Sicht des SKV müssen darin folgende Eckpunkte geregelt sein:
– der Erhalt der bisherigen Nutzbarkeit aller Paddelgewässer für Mitglieder des Deutschen Kanu-Verbandes
– die Entwicklung eines behutsamen, natur- und landschaftsverträglichen Wassertourismus mit muskelkraftbetriebenen Booten
– die Nichtzulassung privater Motorboote (gleich welcher Antriebsart) auf sämtlichen Leipziger Gewässern
– die Sicherung der bisherigen Nutzbarkeit aller Trainingsflächen und Übungsflächen für den Leistungs- und Breitensport, insbesondere die Kinder- und Jugendarbeit
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Für ökologisch besonders sensible Gewässerabschnitte müssen verursachergerechte und differenzierte Reglungen gefunden werden, so der Kanu-Verband. Aus seiner Sicht sind das:
– ein generelles Verbot für alle Motorboote (gleich welcher Antriebsart) und
– die Einschränkung gewerblichen Verleihbetriebs von muskelkraftbetriebenen Booten auf eine Zulassung ausschließlich im Rahmen von geführten Touren.
Der Sächsische Kanu-Verband betont auch, dass er nicht nachvollziehen kann, warum mit einer Allgemeinverfügung die angebliche besondere Schutzwürdigkeit des Floßgrabens hervorgehoben wird, was ein generelles Befahrungsverbot zwingend erfordere, dann aber schon kurzfristig Ausnahmen für Motorboote erteilt werden. “Hier entsteht der Eindruck, dass sich einzelne Lobbygruppen erfolgreich durchsetzen können, während Partner des Naturschutzes – zu denen sich der SKV zählt – auf die Ausübung ihres natur- und landschaftsverträglichen Sports verzichten müssen. Hier sieht der SKV für die Zukunft dringenden Klärungsbedarf”, betont das Präsidium des Verbandes.
www.kanu-sachsen.de
Das Wassertouristische Nutzungskonzeot auf der Website des Grünen Rings Leipzig: www.gruenerring-leipzig.de/images/download_Dokumente/WTNK_Broschuere_2006.pdf
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