Am 15. Mai soll eine Vorlage aus dem Umweltdezernat im Stadtrat abgenickt werden, in der sich das Dezernat gern die Unterstützung für den Ausbau des Elster-Saale-Kanals für bis zu 45 Meter große Motorschiffe abholen möchte. 106 Millionen Euro soll der Bau kosten, davon allein 38 Millionen für ein Schiffshebewerk. Weitere 45 Millionen würde eine noch zu bauende Marina am Lindenauer Hafen kosten. Nicht nur der Nabu ist entsetzt. Jetzt schrieb der Regionalverband Leipzig eine ausführliche Stellungnahme, die er an die Fraktionen des Stadtrates verschickte.

Sehr geehrte Abgeordnete im Stadtrat Leipzig,

vom Leipziger Dezernat für Umwelt, Ordnung und Sport erhielten Sie eine Beschlussvorlage über das weitere Vorgehen zum Projekt der “Anbindung des Saale-Elster-Kanals an die Saale”. Zu diesem Vorhaben äußert sich der Naturschutzbund, Regionalverband Leipzig kritisch in seiner Stellungnahme vom 03.05.2013, die Ihnen mit diesem Schreiben ebenfalls zur Kenntnis gebracht wird.

Wir bitten Sie zu Gunsten der Natur und im wirtschaftlichen Interesse der Bürgerinnen und Bürger der Stadt Leipzig gegen dieses Projekt zu stimmen und sich für eine bessere Einbindung der Umweltverbände in den Planungsprozess einzusetzen.

Regionalverband LeipzigDie Stellungnahme des NABU RV Leipzig zu den Vorhaben der Stadt Leipzig, die Gewässer für die touristische Nutzung auszubauen:

Der NABU RV Leipzig tritt für eine sensible und ausgewogene Nutzung der Naturräume in und um Leipzig ein. Es ist jedoch darauf zu achten, dass besonders Schutzgebiete von schädlichen Einflüssen aller Art fern gehalten werden. Es ist z.B. wenig sinnvoll, vom Forstamt zu verlangen, Flächen durch Prozessschutz von der Nutzung auszuschließen, diese aber durch erhöhte Freizeitnutzung dennoch in ihrer ungestörten Entwicklung zu gefährden. Jede Art der Nutzung führt unweigerlich zu Konflikten. Durch eine gute Zusammenarbeit aller Akteure könnte dennoch für alle ein zufriedenstellendes Ergebnis erzielt werden.

Derzeit entsteht jedoch der Eindruck, alles müsse sich einer touristischen Nutzung der Räume unterordnen, und zwar egal was es kostet. Schon mit der Aufstellung des Wassertouristischen Nutzungskonzeptes (WTNK) haben die Beteiligten sehr wenig Sensibilität mit den Belangen der Natur und allen Lebewesen in ihr bewiesen. Schon in der Aufgabenstellung zum WTNK heißt es, dass das vorhandene Gewässernetz für den Tourismus “aufgewertet” werden soll. Der Wert des natürlichen Zustandes wird dabei nicht erwähnt. Weiterhin werden für den Kanubetrieb nicht nutzbare Fließstrecken als “Störstellen” bezeichnet, die es auszubauen gilt. Gerade diese sogenannten Störstellen bilden jedoch im Gewässer wichtige Kleinlebensräume, ein Ausbau würde zu einer Verarmung und Vereinheitlichung der Flora und Fauna führen.

Schon allein die Wortwahl lässt alle Naturschützer aufhorchen. Noch gravierender sind die Auswirkungen, sollte das Gewässernetz durchgängig für den Motorbootverkehr ausgebaut werden. Öffentlich wird dies von Seiten der Stadt nicht zugegeben, aber es gibt Tendenzen, die vermuten lassen, dass dieses Ziel verfolgt wird. Ein Schritt in diese Richtung ist die von der Stadt Leipzig in Auftrag gegebene “Touristische Potentialanalyse”, die im Mai dem Stadtrat vorgelegt werden soll. Die folgende Karte stammt aus der Broschüre “Der touristische Gewässerverbund Leipziger Neuseenland – von der Vision zur Wirklichkeit”. Der Untertitel deutet auf das vorher erwähnte hin.

Die rotpunktierte Gewässerverbindung parallel zum Floßgraben verläuft durch das FFH-Gebiet “Leipziger Auensystem”. Damit ist der Weg frei für die Durchfahrt des Leipzig-Bootes aus der Stadt zum Cospudener See und so weiter. Da bis zum Floßgraben Motorboote bis 30 m zugelassen werden sollen, kann mit dem Bau der Verbindungsstrecke auch eine Zulassung in das Seengebiet angenommen werden. Mit der angegebenen Investitionssumme muss sogar mit anderen Motorbooten als nur mit Leipzig-Boot gerechnet werden. Mit einer solchen Vorstellung auf die Zukunft kann sich der NABU nicht einverstanden erklären und lehnt diese Pläne ab.
Ein weiterer Planungsbaustein, der hier diskutiert werden soll, ist die Anbindung des Elster-Saale-Kanals an die Saale. Auf den wirtschaftlichen Aspekt soll hier nur insofern eingegangen werden, dass die Gesamtinvestitionen auf 106 Mio. ? geschätzt werden. Die Zerstörung der Natur entlang dieses Vorhabens ist laut “Touristische Potenzialanalyse” durch Naturschutzausgleichsmaßnahmen mit 0,5 Mio. ? auszugleichen. Die Trasse des Kanals durchläuft bzw. tangiert eine Anzahl geschützter Gebiete. Es handelt sich um die FFH-Gebiete “Leipziger Auensystem”, “Bienitz und Moormergelgebiet”, “Schafhufe westlich Günthersdorf”, die Vogelschutzgebiete “Leipziger Auwald” und Saale-Elster-Aue südlich Halle” sowie die Landschaftsschutzgebiete “Elster-Luppe-Aue” und “Kiesgruben Wallendorf/Schladebach”.

Diese Gebiete sind durch EU-Richtlinien und Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt, werden in dieser Studie aber nicht einmal erwähnt.

Die Kosten für eine Umweltprüfung sind nicht aufgeführt, damit kann angenommen werden, dass man dieses Instrument überhaupt nicht anwenden will, obwohl die Prüfung der Verträglichkeit von Projekten oder Plänen mit den festgelegten Erhaltungszielen der betreffenden Gebiete gesetzlich vorgeschrieben ist.

Es soll an dieser Stelle auch erwähnt werden, dass der Einsatz des Leipzig-Bootes ein Kompromiss ist zwischen den vom Tourismus lebenden Menschen und den Naturschutzverbänden. Ein weiterer Schritt für mehr Motorboote mit größerer Leistung wird durch den NABU abgelehnt. Da der Ausbau des Elster-Saale-Kanals diesem Zweck dient und außerdem negative Auswirkungen auf die Schutzgebiete nicht auszuschließen sind, wird auch dieses Vorhaben abgelehnt.

Es muss nicht alles gemacht werden was einmal gedacht wurde. Es gibt auch Möglichkeiten für einen umweltverträglicheren Umgang mit neu entstehenden Landschaften. Es könnten bspw. einzelne Seen für die Natur reserviert werden, damit nicht alle dem Tourismus zum Opfer fallen. Weiterhin sollten die Fließgewässer eher ihren natürlichen Lauf zurück erhalten, als weiter künstliche Wasserwege zu bauen. Es gibt statt Schleusen auch Bootsrutschen als Hilfen zur Überwindung von Höhenunterschieden. Dies wäre auf jeden Fall weniger kostenintensiv.

Mit dem gesparten Geld ließen sich sicherlich 25 Kita bauen, Schulen und Turnhallen oder auch das marode Straßennetz sanieren.

Der NABU RV Leipzig erhofft sich eine bessere Zusammenarbeit bei der Planung der landseitigen Infrastruktur, die hoffentlich bald beginnt. Es sind Ökosysteme im Ganzen zu betrachten, dazu gehören nun mal die Gewässer mit ihrem Umland.

Die Stellungnahme auch mit der Karte, die schon in der L-IZ veröffentlicht wurde: www.nabu-leipzig.de/images/stories/pdf/verbandsbeteiligung/gewaesserausbau_touristische_nutzung.pdf

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