So kurz und knapp kann es sein: "Der Oberbürgermeister wird beauftragt dem Sächsischen Staatsministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr die Auffassung mitzuteilen, dass die A 72 nicht in das Stadtgebiet eingeführt sondern an der A 38 enden soll." So ist die Beschlussvorlage des Dezernats Stadtentwicklung und Bau, die am 20. Februar im Stadtrat Thema werden soll.

Es ist nicht die erste Verlautbarung der Stadt Leipzig zu den Plänen des sächsischen Verkehrsministers Sven Morlok (FDP), die Autobahn A 72 über den Autobahnring hinweg ins Leipziger Stadtgebiet hinein zu verlängern. Doch die Sache ist wieder aktuell, weil jetzt über die Vorhabenliste diskutiert wird, die im Bundesverkehrswegeplan 2015 stehen soll. Neben Dutzenden anderen Straßenneubauprojekten (unter anderem die B87) hat das sächsische Staatsministerium für Verkehr auch den Abschnitt der jetzigen B 2 von der A 38 bis nach Connewitz in diesen Plan geschrieben und will ihn auch 2015 wieder drin sehen – 52 Millionen Euro für einen autobahnmäßigen Ausbau, den weder Markkleeberg noch Leipzig wollen.

Leipzig mit der berechtigten Furcht, dass man neue Verkehrsströme mitten ins Stadtgebiet hinein projektiert, die man schon mühsam und mit mittlerweile Milliardenaufwand in Teilen wieder herausgelenkt hatte – auf den Autobahnring zum Beispiel.

Aktuell werden auf der B2 durchschnittlich 44.000 Kraftfahrzeuge am Tag gezählt. In seiner Stellungnahme zum Thema zitiert das Verkehrs- und Tiefbauamt eine Prognose, die von bis zu 49.000 Fahrzeugen im Jahr 2020 ausgeht. Das würde die jetzige Bundesstraße noch verkraften. Das eigentliche Nadelöhr kommt nämlich erst ganz am Ende, da, wo die Bundesstraße in die Wundstraße übergeht. Während auf der Trasse der B2 praktisch keine Staus beobachtet werden, kommt es bei diesem Übergang gerade in Stoßzeiten immer wieder zu Staus. Aus nachvollziehbaren Gründen. Hier werden nicht nur die Straßenquerschnitte schmaler, hier wird auch das Tempo deutlich gedrosselt – durch diverse Ampeln, die rund um den Ring den sich überschneidenden Verkehr irgendwie zu regeln versuchen.Die Stadt versucht zwar, einen Teil des Verkehrs von der B 2 dann auf das Tangentenviereck abzuleiten. Aber das ist an dieser Stelle die Kurt-Eisner-Straße, eine im Alltag ebenso hoch belastete Verkehrstrasse. Irgendwo im Rathaus werden ja auch noch die Träume geträumt, den Verkehr noch früher abzuleiten. Selbst OBM Burkhard Jung rutschte ja in der Wahlkampfdiskussion das Wort Mittlerer Ring heraus. Und dieser – eigentlich seit Jahren schon aufgegebene – Gedanke, den Mittleren Ring durch den Südlichen Auenwald zu führen, spukt auch durch die Pläne des SMWA, die A72 bis nach Connewitz zu führen.

“Eine Weiterführung der A 72 in das Stadtgebiet Leipzig hinein bis zum geplanten Mittleren Ring Süd – Bereich Connewitz wirkt aufgrund der höheren Streckenkapazität und der möglichen höheren Geschwindigkeiten zusätzlich verkehrsanziehend”, heißt es dazu in der Verwaltungsvorlage. Das Verkehrs- und Tiefbauamt geht sogar davon aus, dass ein solcher autobahnmäßiger Ausbau bis Connewitz zusätzliche 11.000 Kraftfahrzeuge pro Tag auf der Strecke induziert.Noch fehlt das klare Signal der Stadtverwaltung, die Restbestandteile des Mittleren Ringes, die schon aus Naturschutzgründen nicht gebaut werden können, endgültig zu entsorgen. Auch in dieser Vorlage steht es noch so: “Da der Neubau des Mittleren Ringes Süd – Bereich Connewitz zeitlich nicht eingeordnet ist und in der Überarbeitung des Flächennutzungsplanes der Stadt Leipzig nur als Trassenkorridor enthalten ist, würde der Verkehr der A 72 für lange Zeit in Richtung Stadtzentrum geleitet bzw. über die Richard-Lehmann-Straße verteilt werden.”

Die Stellungnahme stammt übrigens schon aus dem Oktober und reagiert auf eine direkte Anfrage aus dem SMWA vom 4. September 2012, in dem dieses um eine verbindliche Aussage zur Weiterführung der A 72 zwischen dem Autobahndreieck (AD) A 72 / A 38 und der Anschlussstelle (ASS) Leipzig-Connewitz bis zum Jahresende 2012 gebeten hatte.

Höchste Zeit also für die Antwort. Aber der Stadtrat muss es noch absegnen. Der Bundesverkehrsminister weiß übrigens schon seit 2011 Bescheid. Im Januar 2011 hatte der Stadtrat den OBM beauftragt, dem Bundesverkehrsminister mitzuteilen, dass man die Autobahn 72 nicht im Stadtgebiet haben möchte.

Doch das sächsische Landesamt für Straßenbau und Verkehr plant trotzdem weiter in Autobahndimensionen und auch weiterhin als Brückentrasse durch den agra Park. In der Vorlage heißt es dazu: “Sowohl die Stadt Leipzig als auch die Stadt Markkleeberg lehnen den Ersatzneubau in Form einer Brücke ab und befürworten den Bau einer gedeckelten Einschnittvariante vor allem aus Gründen des Denkmalschutzes, des Landschaftsbildes und des Lärmschutzes. Weiterhin lehnten beide Städte bisher den Ausbau der B 2 zur A 72 ab.”

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