Die Markkleeberger Grünen sind alarmiert. Denn Sachsens Umweltminister Frank Kupfer will das Sächsische Wassergesetz novellieren. Und mit der Novelle werden - so ist es jedenfalls im Referentenentwurf des Gesetzes nachzulesen - gleich eine Reihe Seen im Leipziger Neuseenland für schiffbar erklärt. Im Klartext heißt das: Hier kann auch einschränkungslos mit dem privaten Motorboot gefahren werden. Eine nachhaltige Entwicklung des Neuseenlandes sieht anders aus.
Der Gesetzentwurf ist seit ein paar Tagen auf der Website des Sächsischen Umweltministeriums nachzulesen. Zur Schiffbarkeit muss das Land dabei nicht wirklich viele Angaben machen. Als schiffbar gelten in erster Linie alle vom Bund als solche definierte Wasserstraßen. Auf allen anderen Gewässern muss geklärt werden, ob eine Schiffbarkeit Sinn macht oder gar gewollt wird.
Und da wird es im Bereich von Neuseenland und Grüner Ring Leipzig schwierig. Denn bei allen Planungen suggerierte man den Bewohnern der Region einen umweltschonenden und nachhaltigen Umgang mit den Gewässern. Aus den Aufgaben und Zielen des Neuseenland e.V. zitiert: “Er fördert und koordiniert den Aufbau eines sozialverträglichen und umweltgerechten Tourismus als einen Wirtschaftsfaktor im Vereinsgebiet …”
Und aus dem Handlungskonzept des Grünen Ringes Leipzig: “Dessen Ziel ist es, eine umweltverträgliche Entwicklung der Kulturlandschaft der Region zu beschleunigen und zu steuern und dabei Umsetzungshemmnisse auszuräumen, sowie die Planungen und Vorhaben der Kommunen untereinander abzustimmen und auf das gemeinsame Ziel auszurichten.”
Und dann gibt es noch den Gewässerverbund als Ableger des Kommunalen Forums Südraum Leipzig, der sich extra für das sensible Leipziger Gewässersystem das “LeipzigBoot” ausgedacht hat. Nur dieser motorisierte Bootstyp darf eigentlich auf all den Auwald-Gewässern fahren.
Vor einem Jahr entschied auch die Steuerungsgruppe Neuseenland, dass es vorerst keine Schiffbarkeitserklärung für den Floßgraben geben werde. Da war man noch kurz vor dem erklärten “Tag Blau” und der Freigabe der Schleuse am Connewitzer Wehr. Doch schon damals wollte sich die Landesdirektion keineswegs festlegen in einer endgültigen Versagung der Schiffbarkeit.
Wenn Behörden sich aber nicht festlegen, sind Tür und Tor eigentlich geöffnet für genau das, was ursprünglich kaum einer wollte.
Und unübersehbar wird in Dresden längst Politik gemacht – mit Name und Adresse.Denn die von Frank Kupfer vorgestellte Novelle des Sächsischen Wassergesetzes sieht generell vor, den Cospudener, den Markkleeberger, den Störmthaler und Zwenkauer See sowie deren Überleiter als schiffbare Gewässer auszuweisen. Das heißt im Klartext, neben Fahrgastschifffahrt und nicht motorangetriebenen Booten können motorangetriebene (private) Sportboote fahren. So steht es auch in der Extraspalte zu jedem dieser Bergbaufolgegewässer.
“Dies wäre ein massiver Eingriff gegenüber der Umwelt, dem Natur- und Artenschutz sowie gegenüber Anwohnern und Touristen. Diese lehnen mehrheitlich den privaten Motorbootverkehr ab. Nach jahrzehntelangem Tagebau müssen Anwohner und Umwelt doch nicht weiterhin Lärm und Belastungen ausgesetzt werden”, erklärt dazu Grünen-Sprecher Tommy Penk. Auch eine jüngst im Auftrag der Industrie- und Handelskammer veröffentlichte Studie zum Tourismus in der Region erwähnt nicht einmal den individuellen Motorbootverkehr, warnt vor Großprojekten und setzt statt dessen auf einen naturverträglichen Tourismus kombiniert mit dem breiten Kulturangeboten Leipzigs. Der Einsatz von Motorbooten hat sogar wirtschaftliche Nachteile.
“Die Attraktivität, in der Nähe der Seen zu wohnen, sinkt, ebenso die Grundstückspreise. Des weiteren werden sich Touristen einen anderen Ort zur Erholung aussuchen. Damit entgehen Stadt und Gastronomie auch wichtige Einnahmen”, stellt Penk fest. Hinzu kommt, die nautischen Untersuchungen zu den möglichen Gewässerkursen sind längst noch nicht abgeschlossen.
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“Hier wird eindeutig der zweite Schritt vor dem ersten gemacht. Wir rufen daher die Einwohnerinnen und Einwohner auf, sich mit Hinweisen und Einwendungen zum Gesetzentwurf an das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft sowie an die Landtagsabgeordneten zu wenden. Dies sollte unbedingt wahrgenommen werden. Bereits 2009 konnte mit einem breiten bürgerlichen Engagement die Bebauung des Südufers am Cospudener See verhindert werden”, so Penk.
Nur lag diese Bebauung damals ganz im Hoheitsbereich der Stadt Markkleeberg. Mit der Schiffbarkeitserklärung für die Seen im Neuseenland werden auch Tatsachen für die nahe liegenden Fließgewässer geschaffen. Denn auch jetzt kontrolliert niemand, ob Motorbootbesitzer aus Schleußig und Plagwitz über den Floßgraben zum Cospudener See fahren. Schiffbarkeit heißt eben nach § 17, Abschnitt (1) der Gesetzesnovelle: “Schiffbare Gewässer dürfen im Rahmen des Schifffahrtsrechts von jedermann mit Wasserfahrzeugen befahren werden.”
Sollte das Gesetz mit den aufgelisteten Seen so verabschiedet werden, ist das übrigens auch das Ende des Projekts “LeipzigBoot”. Denn dieser speziell für die Leipziger Gewässer entwickelte Bootstyp macht nur Sinn, wenn es nur dafür eine Genehmigung gibt. Das Wassergesetz aber kennt so eine Einschränkung nicht. Und allein zur Passage durch den Floßgraben das “LeipzigBoot” zu benutzen, wird für die üblichen Motorbootbesitzer nicht wirklich attraktiv sein.
Der Gesetz-Entwurf auf der Website des SMUL: www.umwelt.sachsen.de
Der Gewässerverbund Leipzig und das “LeipzigBoot”: www.gewaesserverbund.de
Leipziger Neuseenland: www.leipzigerneuseenland.de
Grüner Ring Leipzig: www.gruener-ring-leipzig.de
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