Eigentlich darf und muss man von Politikern und Behörden erwarten, dass sie mögliche Gefahren ernst nehmen und danach handeln. Als das MDR-Magazin "exakt" am 21. März über die Gefährdungsanalyse des sächsischen LKA zum Flughafen Leipzig/Halle berichtet, war zumindest klar, dass wenigstens eine Behörde ihre Arbeit ernst nimmt. Die Bundestagsabgeordnete Monika Lazar (B'90/Die Grünen) hat daraufhin auch die Bundesregierung gefragt.
Immerhin ist sie es, die die Verantwortung trägt, wenn internationale Truppen über den Flughafen Leipzig/Halle in die Kriegsgebiete von Irak und Afghanistan transportiert werden. Und das Bundesverteidigungsministerium trägt Verantwortung für die deutschen Soldaten und die Waffentransporte, die von Leipzig aus nach Afghanistan fliegen.
Und selbst wenn der Flughafen dadurch nicht zu einem Ziel für Terroranschläge werden sollte, sollte man deshalb trotzdem verstärkte Sicherheitsmaßnahmen erwarten. Der “exakt”-Bericht zeigte, dass das aus sächsischer Sicht keineswegs der Fall ist.
Und der Bund? “Ich habe die Bundesregierung zu ihrer Einschätzung der Gefahrensituation der militärischen Nutzung des Leipziger Flughafens gefragt und diese nichtssagende Antwort erhalten”, stellt Monika Lazar fest.
Ole Schröder (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium, antwortete ihr lapidar: “Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, wonach der Flughafen Leipzig/Halle durch eine etwaige militärische Nutzung einer Gefährdungslage unterliegt, die besondere Maßnahmen erforderte.”
Besonders pikant ist das Wörtchen “etwaige”.
Dass die us-amerikanischen Truppentransporte aufgrund der Befürchtungen der irischen Bevölkerung, der Flughafen Shannon könne deshalb zum terroristischen Anschlagsziel werden, nach Schkeuditz umgelenkt wurden, scheint man in Berlin jedenfalls nicht wirklich ernst zu nehmen.
Auch in Leipzig sind es eher die Bürger, die diese Gefahr sehen und sich von den Behörden nur noch veralbert fühlen. Der in Gundorf lebende Flughafen-Kritiker Lutz Weickert: “Das Verantwortungsbewusstsein, oder richtigerweise die Moral, der sächsischen Politiker ist schon grenzwertig. Da müssen in Shannon (Irland) die amerikanischen Streitkräfte Ihre Zwischenstopps auf dem Weg nach dem Irak und Afghanistan aufgeben, da nach massiven Protesten der Bevölkerung die Gefahr terroristischer Anschläge zu groß ist. Als neuen Zwischenstopp bieten die politisch Verantwortlichen Sachsens und Leipzigs den stadtnahen Flughafen Leipzig-Halle (FLH) an. Nach dem diese militärische Nutzung und damit verbundene terroristische Gefahr jahrelang geleugnet wurde, ist jetzt der Schuldige gefunden. Nicht der Verursacher, sondern die Überbringer der Nachricht sind verantwortlich. Die Bürger, die auf diese Gefährdung hingewiesen haben.”
Zuweilen wissen ja die Anwohner des Flughafens gar nicht mehr, wogegen sie zuallererst protestieren sollen. Denn die Militärflieger starten und landen ja im Windschatten der Frachtflieger, die den Flughafen seit 2007 praktisch zu einem Nachtflughafen gemacht haben.
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Weickert zu dieser Problematik: “Noch unverständlicher, die Ansiedelung des DHL-Frachtdrehkreuz. Auf Grund der massiven gesundheitlichen Gefährdung der Anwohner, verbieten die politisch Verantwortlichen in Brüssel den weiteren Betrieb des DHL-Hubs und nehmen dafür sogar den Verlust von tausenden Arbeitsplätzen in Kauf. Das Frachtdrehkreuz wird mit massiver Unterstützung sächsischer Politiker und Millionen von Steuergeldern in eine der dichtbesiedelten Regionen Deutschlands verlagert. Glauben die Verantwortlichen für diese Ansiedelung wirklich, dass die mit über 31.000 nächtlichen Start bzw. Landungen/Jahr (2011) verbundene gesundheitliche Gefährdung von den Betroffenen jemals akzeptiert wird? Ist die Gesundheit der FLH-Anwohner weniger wert, als die der Bürger von Brüssel?”
Aber es ist wohl wie mit der militärischen Nutzung: Man tut einfach so, als gäb’s da draußen keine betroffenen Anwohner. Weickert korrigiert auch die Zahl der in der L-IZ veröffentlichten 84 nächtlichen Flugbewegungen. “Die nächtlichen Starts- und Landungen liegen wochentags bei zirka 120. Spitzenwert war bisher 148.”
Nur zur Erinnerung: Beim Verbot der Nachtflüge in Frankfurt am Main am 4. April am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ging es um 17 nächtliche Flüge. Jüngere Zahlen für Leipzig aus der Woche vor Ostern: Von den 962 Flügen vom 1. bis 6. April fanden nur 285 noch tagsüber statt, 124 in der Tagesrandzeit. 553 Flüge aber fanden nachts statt. Nach Adam Ries über 57 Prozent. Am 4. April, dem Tag des Urteils am Bundesverwaltungsgericht, kamen auf 50 Tagesflugbewegungen und 22 in der Tagesrandzeit (Morgen, Abend) 124, die in der Nacht stattfanden.
Die Antwort der Bundesregierung an Monika Lazar als PDF zum download.
Die Flugbewegungen in Leipzig/Halle von 1. bis 6. April als PDF zum download.
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