Jetzt, genau in dieser Zeit der Corona-Krise, wäre die ideale Gelegenheit, endlich ein Projekt umzusetzen, das überfällig ist, um die zunehmenden Probleme in der sozialen Sicherung zu lösen. Am 16. März forderte der Deutsche Musikrat – wenigstens vorübergehend – ein Grundeinkommen für all die von den Veranstaltungsabsagen sofort und direkt betroffenen Künstler.
„Das Corona-Virus grassiert und damit gehen zahlreiche Maßnahmen einher. Unabhängig davon, ob diese gerechtfertigt sind oder nicht, haben sie unmittelbare Auswirkungen, nicht nur auf betroffene Firmen, Unternehmen, Gesellschaften u. ä., sondern – im Fall von Absagen von Veranstaltungen wie Konzerten, Messen, Aufführungen in Theatern, Opern- und Konzerthäusern u. a. – auch auf etliche Freiberufler, die von den Einnahmen aus solchen Veranstaltungen ihren Lebensunterhalt bestreiten“, heißt es in einer parallel gestarteten Petition, die mittlerweile von über 200.000 Menschen unterschrieben wurde.
„Aufgrund dieser Freiberuflichkeit leben viele dieser Künstlerinnen und Künstler (Sänger, Instrumentalistinnen, Veranstaltungs- und Bühnentechniker, Fotografinnen, Filmkünstler, freie Autorinnen und Autoren und Journalisten etc., aber letztlich jeder freiberuflich Tätige, von der Tagesbetreuung und der Jugendarbeit bis hin zu vielen MitarbeiterInnen in Museen und Gedenkstätten, ja selbst VeranstalterInnen von Events, Konzerten, Festivals etc. sind oft Freiberufler; siehe Schlussbemerkung) ohnehin am Rand des Existenzminimums, aber durch die derzeitige massenhafte Absage von Veranstaltungen drohen sie über diesen Rand gestoßen zu werden. Dabei greifen auch nicht die gesetzlichen Regelungen für den Verdienstausfall.“
Die Petition macht deutlich, wie schnell gerade freiberufliche Künstler in Existenznot kommen, wenn ihre Veranstaltungen gleich für die nächsten Wochen und Monate reihenweise abgesagt werden. Die Petition fordert zwar nur schnelle Hilfe und noch kein Grundeinkommen.
Aber ein befristetes Grundeinkommen, so der Deutsche Musikrat, würde den Kreativschaffenden wenigstens für die Hochzeit der Krise die persönliche Existenz sichern. Dazu ruft auch eine Petition auf change.org auf: Mit dem bedingungslosen Grundeinkommen durch die Coronakrise.
Am Montag, 16. März, begrüßte der Deutsche Musikrat die Erklärung der Kulturstaatsministerin, Prof. Monika Grütters vom 13. März 2020, die Kultur- und Kreativwirtschaft angesichts der Coronakrise massiv zu unterstützen.
„Die Auswirkungen der Coronakrise sind dramatisch für das gesamte Musikleben. Dazu gehören neben den vielen kleinen und mittelständischen Unternehmen der Musikwirtschaft im Produktions- und Veranstaltungsbereich vor allem die freiberuflichen Musikerinnen und Musiker, die in den folgenden Bereichen tätig sind: in der Amateurmusikszene, den freien Ensembles, im Ausbildungs-, Fort- und Weiterbildungsbereich mit den Musikhochschulen, Universitäten und Landesmusikakademien, im musikpädagogischen Bereich von den allgemeinbildenden Schulen, den Musikschulen bis zum Soloselbstständigen und den Komponistinnen und Komponisten ebenso wie die freiberuflich Tätigen in den Chören, Orchestern und Musiktheatern, dem Musikjournalismus und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk”, so der DMR.
Wozu Prof. Christian Höppner, Generalsekretär des Deutschen Musikrates, erklärt: „Der DMR fordert ein auf sechs Monate befristetes Grundeinkommen in Höhe von € 1.000 für alle freiberuflichen Kreativschaffenden. Die Einkommen der freiberuflichen Musikerinnen und Musiker, sei es im Veranstaltungsbereich wie in den musikpädagogischen Berufsfeldern, brechen mit dem bundesweiten Shutdown sofort weg, während die Kosten weiterlaufen.
Bei einem laut Künstlersozialkasse durchschnittlichen Bruttojahreseinkommen freiberuflicher Musikerinnen und Musiker von € 13.000 ist kein Spielraum für Rücklagen gegeben. Das hat auch die erste Zwischenauswertung der noch bis zum 31. März laufenden Umfrage des Deutschen Musikrates zu den Auswirkungen der Coronakrise auf den Musikbereich ergeben. Entscheidend ist, dass jetzt rasch und ohne bürokratischen Aufwand geholfen werden kann.“
Über 100 Dachverbände des Musiklebens sind als Mitglieder im Deutschen Musikrat vertreten. Vom Instrumentenbau über die Kirchenmusik, den Clubbetrieb, den Musikjournalismus bis hin zu den Verlagen: Von der aktuellen Krise sind alle Kreativbranchen betroffen.
Aber das Problem geht ja weiter. Denn mit der um sich greifenden Krise sind ja auch die Tafeln unter Druck geraten. Auch weil mehr Menschen dort um Hilfe nachsuchen, die mit einem Grundeinkommen auf diesen Weg gar nicht angewiesen wären.
Es wäre also auch die Gelegenheit, das desolate deutsche Sozialsystem endlich aufzuräumen und das Grundeinkommen generell für alle Menschen am Existenzminimum einzuführen.
Und so fordert auch Jane C. Otto, die sich in der Leipziger Kulturszene engagiert: „Das wäre doch jetzt genau die Zeit. Es gibt so viele Leute, denen die Einnahmen wegbrechen. Die Regierung sagte, sie lässt keinen hängen. Grundeinkommen jetzt, für 6 Monate für jeden einen Tausender. Schnell und unbürokratisch.“
Die Umfrage des Deutschen Musikrates läuft noch bis zum 31. März 2020.
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