2021 schon beschloss der Stadtrat, dass Leipzig drei eigene Fluglärm-Messstationen anschafft, um endlich eigene Daten über den Fluglärm in den besonders vom Lärm betroffenen Ortsteilen zu bekommen. Nur eins war damit noch nicht gelöst: die Frage, wer denn eigentlich die Daten auswerten kann? Würde es die Stadt selbst machen, würde das schnell fünfstellige Zusatzkosten im Jahr erzeugen, wie die Grünen-Stadträtin Sylvia Herbst-Weckel in ihrer Rede in der Ratsversammlung am 19. März feststellte. Da hatte die Stadt eine Lösung auf den Tisch gelegt.
„Eine eigene oder anderweitig beauftragte Auswertung der gemessenen Daten in Anlehnung an die Vorgaben der DIN 45643 würde einen hohen technischen als auch personellen Aufwand erfordern. Hier sei erwähnt, dass als Voraussetzung einer automatischen Zuordnung der Flugereignisse – wie unter Punkt 2 beschrieben – ein kostenpflichtiger Bezug von Radar-, Transponder- oder Flugplandaten erforderlich ist. Allein für Radardaten der Deutschen Flugsicherung GmbH würden jährliche Kosten von ca. mindestens 20.000,00 EUR anfallen“, hatte das Amt für Umweltschutz dargestellt.
Denn mit dem Beitritt zum Deutschen Fluglärmdienst e.V. (DFLD) bekommt Leipzig „eine kostengünstige und automatische Auswertung der geplanten stadteigenen Fluglärmmessungen sowie eine anschauliche Darstellung der Ergebnisse für die Öffentlichkeit. Einerseits können im Portal des DFLD je Messstandort die täglichen Fluglärmsituationen auf die Minute genau angesehen und Tages-Statistiken erkannter Überflüge betrachtet werden“, schreibt das Amt für Umweltschutz, das die Vorlage dazu erstellte.
„Andererseits können Abweichungen und längerfristige Trends in den Monats- und Jahresauswertungen abgelesen und bei Bedarf frühzeitig gehandelt werden.“
Worauf auch Sylvia Herbst-Weckel einging. Denn bis jetzt ist die Stadt bei allen Fluglärmproblemen immer nur auf die Fluglärmmessungen des Flughafens Leipzig / Halle angewiesen. Messungen, die aber – wie das Beispiel Lützschena-Stahmeln zeigte – oft nicht die realen Lärmbelastungen abbilden. Gerade die am stärksten von Fluglärm belasteten Leipziger Ortsteile sind überhaupt nicht Teil des offiziellen Lärmschutzgebietes. Die Bürger haben also auch kein Anrecht auf entsprechende Lärmschutznachrüstungen.
Und die Stadt steht ohne eine faktisch untersetzte Basis da, wenn sie in der Fluglärmkommission oder im Aufsichtsrat der Mitteldeutschen Flughafen AG die Lärmprobleme anspricht. Sie wird dort einfach nicht ernst genommen. Und die Stadträte, die sich um mehr Lärmschutz in Leipzig bemühen, stehen den betroffenen Bürgern genauso ratlos gegenüber, denn nur konkret nachweisbare Lärmspitzen können auch Grundlage politischer Interventionen sein.
Weshalb Herbst-Weckel die Vorlage natürlich begrüßte. Und eigentlich hätte man ein Votum erwartet, in dem dann alle Ratsfraktionen den Schritt begrüßen.
Aber einmal mehr wurde deutlich, dass ausgerechnet die CDU-Fraktion beim Thema Fluglärm kneift. Sie stimmte (fast) geschlossen gegen die Vorlage, die trotzdem mit 48:11 Stimmen eine deutliche Mehrheit erhielt. Leipzig wird also Mitglied im Deutschen Fluglärmdienst e.V. (DFLD) und die Leipziger Messdaten werden auf der Website des DFLD veröffentlicht. „Der Mitgliedsantrag wird umgehend nach erfolgter Zustimmung der Ratsversammlung gestellt.“
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Es gibt 2 Kommentare
“Aber einmal mehr wurde deutlich, dass ausgerechnet die CDU-Fraktion beim Thema Fluglärm kneift. Sie stimmte (fast) geschlossen gegen die Vorlage, die trotzdem mit 48:11 Stimmen eine deutliche Mehrheit erhielt.”
Wenn ich das richtig interpretiere stimmte also die AfD (12) und der BSW (7) geschlossen dafür . Ohne diese Stimmen wäre der Beschluss nicht zu Stande gekommen.
Warum das 4 Jahre dauern musste, verstehe ich nicht.
Aber ich freue mich darüber. Der Wahrheit ein Schritt näher.
Die CDU beweist mal wieder, wen sie eigentlich tatsächlich vertritt – die Bürger offenbar nicht!
Dabei dürfte in Erwähnung der zuletzt durch die Medien kolportierten Berichte und Interviews klar geworden sein, dass Sachsen mit 2 Flughäfen über seine Verhältnisse lebt. Die Flughäfen sind zu groß, zu schlecht ausgelastet und daher im Wettbewerb – noch dazu in der Nähe zu Tschechien – nicht konkurrenzfähig.
Das versuchte man bisher immer durch “Discount-Gebührensubventionen” und Invest-Geschenken der Steuerzahler für den Frachtverkehr zu kompensieren, elementare Festlegungen des PFV missachtend und wissend, die Bürger in der Nähe des Flughafens getäuscht zu haben.
Die Anschaffung der eigenen Lärmmessstellen war nur nötig, weil Sachsen und der Flughafen LEJ einfach nicht transparent machen wollen, was sie mit ihrem subventionierten Luftverkehr alles anrichten. Beim Menschen und der Natur.