Der Diebstahl hochwertiger Fahrräder ist in Leipzig immer noch ein Problem. Weshalb Radaktivisten seit Jahren darum kämpfen, dass es im Hauptbahnhof endlich eine sichere Fahrradgarage gibt. An einigen S-Bahn-Stationen gibt es auch schon abschließbare Fahrradboxen. Aber viele wünschen sich solche auch in den Wohngebieten. Und da ist Leipzig nicht allein. Ein Hamburger Pilotprojekt hat die Linksfraktion dazu animiert, einen entsprechenden Antrag zu stellen, ob man das nicht auch in Leipzig ausprobieren könnte. Wäre da nicht das liebe Geld.
„Die Stadtverwaltung prüft ein Modellprojekt für Radboxen für das sichere Abstellen von Fahrrädern, ähnlich dem Hamburger Projekt ‘Radboxen im Quartier’, in zwei dicht besiedelten Wohnquartieren, darunter die Gottschedstraße“, hatte die Linksfraktion beantragt.
Und: „Dabei soll geprüft werden, in welchen Quartieren ein solches Modellprojekt infrage kommt und welche Kosten entstehen. Der Prüfbericht wird dem Stadtrat bis Ende des 1. Quartals 2025 als Informationsvorlage vorgelegt.“
Man merkt: Auch dieser Antrag hat seine Zeit gebraucht, um den Weg durch die Instanzen des Stadtrates zu nehmen.
„Der Radverkehr in Leipzig nimmt zu, was wir im Sinne der Verkehrswende begrüßen. Doch nicht alle Wohngebäude bieten die Möglichkeit, Fahrräder sicher und witterungsgeschützt abzustellen. Die Nutzung des Fahrrads im Alltag sollte aber nicht an der Abstellmöglichkeit scheitern“, hatte die Linksfraktion ihren Antrag begründet.
„Kostenpflichtige, langfristig nutzbare Radboxen in der Nähe der Wohnung sind eine diebstahlsicherere und wetterfeste Parkmöglichkeit für diejenigen, die keinen Stellplatz im Haus oder Hinterhof haben. Ein Modellversuch soll zeigen, ob diese Abstellmöglichkeit für die Leipziger Radfahrer/-innen attraktiv ist. Eine Hausgemeinschaft aus der Gottschedstraße ist mit dieser Idee auf uns zugekommen, weswegen wir das Quartier für eine Prüfung vorschlagen möchten.“
Ein vergleichsweise hoher Aufwand
Aber so schnell geht das nicht, stellte dann das Mobilitäts- und Tiefbauamt (MTA) in seinem Alternativvorschlag fest. Erst einmal wolle man sich in Hamburg überhaupt darüber informieren, wie das dortige Pilotprojekt funktioniert.
„Der Oberbürgermeister geht auf die Stadt Hamburg zu, um die Investitions- und Betriebskosten sowie das Betreiberkonzept in Erfahrung zu bringen. Bis Ende des Jahres 2025 wird der Fachausschuss Stadtentwicklung und Bau über die Ergebnisse informiert“, formulierte das MTA seinen Gegenvorschlag. Denn bis jetzt weiß die Verwaltung nicht einmal, wo das Geld für so ein Projekt herkommen soll.
„Der Betrieb der Radboxen erfordert eine ständige Betreuung und Unterhaltung durch einen Dienstleister, z. B. bei der Verteilung der Zugangsberechtigungen und Sauberhalten der Anlagen. Die Stadt Hamburg führt aktuell einen Modellversuch an 20 Standorten durch und hat mit der Abwicklung des Projektes einen externen Dienstleister beauftragt. Der Aufwand für die vorgeschlagenen zwei Modellstandorte wird als vergleichsweise hoch eingeschätzt und steht in keinem Verhältnis zu der aufgrund der geringen Fallzahlen geringen Validität der Ergebnisse. Im Austausch mit der Stadt Hamburg sollen hier ergänzende Informationen zusammengetragen werden, um dem Stadtrat die Grundlagen für eine fachliche Bewertung aufzubereiten“, umreißt das Mobilitäts- und Tiefbauamt die Probleme.
Stadtteilkonzepte fürs Fahrradparken
Und dort sieht man die Lösung eigentlich auch nicht im öffentlichen Raum. „Unabhängig davon wird der Bedarf für sicheres Fahrradparken in den Quellgebieten des Radverkehrs als Maßnahme zur Förderung des Radverkehrs im Sinne der Mobilitätsstrategie 2030 durchaus gesehen. An die Hauseigentümer von Häusern, die vor Inkrafttreten einer Stellplatzverordnung erbaut worden sind, kann nur appelliert werden, hier Lösungen auf den jeweiligen privaten Grundstücken zu finden“, so das MTA.
Was nicht bedeutet, dass man das Thema nicht bearbeiten möchte. Aber dazu brauche es erst einmal eine Bedarfsermittlung: „Im Radverkehrsentwicklungsplan 2030+ ist mit dem Zeithorizont 2030 als Maßnahme 1.7 auch die Erstellung von Stadtteilkonzepten Fahrradparken vorgesehen. Im Zuge dieser Maßnahme sind auch die Bedarfe für gesicherte Fahrradabstellanlagen im öffentlichen Raum zu ermitteln und Vorschläge zur Realisierung entsprechender, auch gesicherter Abstellmöglichkeiten inkl. Berücksichtigung von z. B. Lastenradabstellplätzen zu erwarten.“
Aber das Fazit war dann deutlich: „Der aktuelle Rahmenplan zur Mobilitätsstrategie 2030 sieht die oben genannte Maßnahme 1.7 oder einen Modellversuch Radboxen nicht zur Umsetzung vor. In Anbetracht der aktuellen Haushaltslage und einer Vielzahl an priorisierter Vorhaben im gesamten Stadtgebiet, wird eine zügige Aufnahme in den Umsetzungsplan, sowie die konzeptionelle Erstellung eines Modellprojekts abgelehnt.“
Was dann auch Linke-Stadträtin Franziska Riekewald einsah und statt des eigenen Antrags den Verwaltungsstandpunkt zur Abstimmung stellte. Der Fachausschuss für Stadtentwicklung und Bau erfährt also Ende des Jahres 2025, wie das Hamburger Projekt funktioniert und ob es in Leipzig überhaupt Sinn ergibt oder gar finanzierbar wäre. Dem stimmten dann 51 Stadträt/-innen auch zu, 13 stimmten dagegen.
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