Hat Leipzig tatsächlich genug Personal? Oder ist es für eine 600.000-Einwohner-Stadt doch viel zu wenig? Das wird eine der wichtigsten Fragen in den nun beginnenden Haushaltsverhandlungen zwischen Verwaltung und Stadtrat sein. Denn um den Doppelhaushalt 2025/2026 genehmigungsfähig zu bekommen, will die Verwaltung den aktuellen Stellenpool halten. Was auch bedeutet: Im Bürgerservice gibt es keinen weiteren Stellenzuwachs. Etwas, bei dem die Grünen-Fraktion gern gegenhalten möchte.

Denn nach Ansicht der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ist es so, dass „die Zustände in den Leipziger Bürgerbüros nach wie vor unbefriedigend sind. Wie zuletzt der Presse zu entnehmen war, müssen aktuell zahlreiche Bürgerbüros sowie der mobile Bürgerservice geschlossen bleiben.

Marvin Frommhold, Stadtrat und Sprecher für Digitales und Verwaltung der Grünen-Fraktion, erklärt dazu: „Durch unsere Initiative wurde in den letzten Jahren das Amt für Bürgerservice kontinuierlich verbessert und mit mehr Personal gestärkt. Trotzdem rächt sich jetzt, dass die von uns eingeforderte strategische Priorisierung beim Personal zu lang vor sich hergeschoben wurde. Das bekommen die Leipziger/-innen jetzt wieder einmal zu spüren.“

Umso weniger sei zu verstehen, dass mit dem vorliegenden Stellenplanentwurf sogar ein Abbau von Personal im Bürgerservice vorgesehen sei. „In Anbetracht der angespannten Personalsituation, der angezeigten Überlastungen und dem gegenüber anderen Ämtern viel höheren Krankenstand darf jetzt nicht am falschen Ende -beim direkten Kontakt mit den Bürger/-innen – gespart werden“, sagt Frommhold.

Kein Stellenabbau im Amt für Bürgerservice

Aus diesem Grund habe die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen auch entsprechende Haushaltsanträge in die aktuellen Verhandlungen für den Doppelhaushalt 2025/2026 gegen den vorgesehenen Stellenabbau im Amt für Bürgerservice und für eine über alle Ämter hinweg dringend notwendige Stellen- und Aufgabenkritik eingebracht.

„Auch das Amt Bürgerservice muss sich an der Thematik Stellensperrung und –umwandlung mit ihrem Anteil beteiligen und somit eine Prioritätensetzung für die Aufgaben im Amt vornehmen“, hat das Verwaltungsdezernat auf den Antrag der Grünen erwidert.

„Es handelt sich hierbei explizit nicht um einen Stellenabbau, da für die Sperrung und Umwandlung nichtbesetzte Stellen verwendet werden und der gesamtstädtische Stellenplan in der Anzahl der Stellen nicht verändert wird. Vielmehr handelt es sich um die gemeinschaftliche Unterstützung aller Ämter bzw. Referate zur Abdeckung eben dieser beschriebenen Bedarfe und zum Erreichen eines genehmigungsfähigen Doppelhaushaltes 2025/2026.“

Dass es gerade im Bürgerservice Mehrbedarf gibt, gesteht das Verwaltungsdezernat auch zu und betont: „Darüber hinaus wurden im Jahr 2024 im Amt Bürgerservice in zwei Abteilungen Organisationsuntersuchungen mithilfe externer Unternehmen durchgeführt. Im Ergebnis wurden Mehrbedarfe auf dem aktuellen Aufgabenstand festgestellt und ein Stellenzuwachs empfohlen.

Diesen Empfehlungen wird die Stadt Leipzig nach Validierung der Ergebnisse bestmöglich folgen und dem Amt Bürgerservice Stellen für den Doppelhaushalt 2025/2026 zur Verfügung stellen. Diese Stellen sind gem. Festlegung aus der HH-Klausur durch Stellenumwandlung zu kompensieren. Hierbei sind alle Ämter aufgefordert, Effizienzpotentiale bspw. in den Arbeitsprozessen eigenverantwortlich umzusetzen.

Dieser Mechanismus fordert allen viel ab und erfordert auch, dass das Amt Bürgerservice Optimierungspotentiale (Prozesse, Servicebreite und –tiefe) identifiziert und umsetzt.“

Höchste Zeit für Aufgabenkritik

Und da wäre man dann bei der vom Stadtrat immer wieder geforderten Aufgabenkritik, mit der ermittelt werden soll, wo es wirklich Lücken im Personalbestand gibt und wo es an anderer Stelle Möglichkeiten der Aufgabenzusammenlegung und Personalumsetzungen gibt.

„Gerade im Hinblick auf die aktuell schwierige Haushaltslage ist eine Aufgaben- und Stellenkritik notwendig, die kritisch auf Prozesse und Strukturen schaut und so etwa auch Aufwand durch Digitalisierung spart. Von daher begrüßen wir, dass das Budget zur Verwaltungsdigitalisierung im Haushaltsentwurf verdoppelt wird“, sagt Frommhold.

Eine umfassende Digitalisierung der Verwaltungsvorgänge könnte mittelfristig eine Menge Personal einsparen helfen. Aber auf kurzfristige Effekte durch Digitalisierung zu rechnen, sei zu blauäugig, stellt Frommhold fest: „Doch Digitalisierung macht sich nicht von allein. Kurzfristig braucht es für die Umstellung von Fachverfahren und Prozessen ebenso Personal. So stellen sich dann auch schneller Entlastungen und kürzere Bearbeitungszeiten ein, womit dann wiederum Personalaufwand eingespart werden kann.

Zusätzlich erhöhen wir mit gut gemachter Digitalisierung die Attraktivität der Stadt als modernem Arbeitgeber und wirken gleichzeitig dem demografischen Wandel sowie Fachkräftemangel entgegen.“

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