Das Leipziger Aktionsnetzwerk teilt mit, dass vier von fünf angeschriebenen Leipziger Bundestagsabgeordneten ein Verbotsverfahren gegen die AfD begrüßen und angekündigt haben, den Entschließungsantrag der Abgeordneten Wanderwitz, Renner, Wegge, Steffen, Seidler zu unterstützen. Das Aktionsnetzwerk hatte in einem offenen Brief die derzeit fünf Leipziger Bundestagsabgeordneten gebeten, zu dieser Frage Stellung zu beziehen.

Geantwortet haben bislang vier der Abgeordneten: Paula Piechotta (Grüne), Nadja Sthamer (SPD), Holger Mann (SPD) und Sören Pellmann (Die Linke). Von Jens Lehmann (CD) steht eine Antwort noch aus.

„Die Antworten zeigen deutlich, dass sich die Leipziger Bundestagsabgeordneten mit der Frage auseinandergesetzt haben und sich alle, die reagierten, einig sind, dass die AfD sich in den letzten Jahren immer weiter radikalisierte. Dies dürfte auch der Grund sein, dass nunmehr die Mehrheit für ein Verbotsverfahren ist“, kommentiert Irena Rudolph-Kokot für das Aktionsnetzwerk die eingegangenen Antworten.

„Das muss betont werden, da noch vor anderthalb Jahren die Meinungslage eine andere war. Wir finden auch wichtig, dass sich die Abgeordneten klar positionieren und deutlich machen, dass die Ultima Ratio des Parteiverbotes niemals leichtfertig gezogen werden darf. Wir erwarten, dass der Antrag zeitnah zur Abstimmung gestellt wird und sich die Leipziger Bundestagsabgeordneten der SPD in ihrer Fraktion für eine Zustimmung starkmachen. Bedauerlich ist, dass der Abgeordnete der CDU, Jens Lehmann, trotz mehrfacher Nachfragen nicht geantwortet hat.“

Jona Schulze von den Studis gegen rechts ergänzt: „Es ist ein ermutigendes Zeichen, dass sich die Leipziger Bundestagsabgeordneten so klar positionieren. Wir hätten uns von der Politik früher ein Zeichen in diese Richtung gewünscht, etwa nach den Massenprotesten Anfang des Jahres 2024. Die völkisch-chauvinistische Politik der AfD befördert die Spaltung der Gesellschaft und hat auch zu einem Ansteigen von rechtsextremer, menschenfeindlicher Gewalt geführt. Dagegen müssen wir uns klar stellen und immer wieder deutlich machen, dass die AfD keine demokratische Partei ist, sondern eine Partei, die diese Demokratie überwinden und die Menschenrechte abschaffen will.“

„Die Stimmungslage ist inzwischen sehr deutlich. Das erleben wir an unseren regelmäßigen Ständen in der Stadt. Die Mehrheit der Gesellschaft will, dass ein Verbotsverfahren durch das Bundesverfassungsgericht geprüft wird und dass deutlich wird, dass ‚Nie wieder!‘ gilt“, erklären Katrin Saborowski und Rena Wilkens von den Omas gegen rechts Leipzig.

„Viele Menschen haben uns gegenüber Angst vor einer Machtergreifung der AfD geäußert. Es geht auch darum, die Ängste der Hunderttausenden ernst zu nehmen und zu hören, die Angst vor einer weiteren Zunahme von Hass und menschenfeindlicher Gewalt haben. Der AfD begegnet man nicht, indem man ihre menschenfeindliche Sprache übernimmt, sondern klare Haltung für die Menschenrechte einnimmt und Grenzen gegen Rassismus und Hetze zieht.“

Es braucht mehr als ein Verbot

Dass ein Parteiverbot allein nicht die Lösung ist, merkte u.a. Nadja Sthamer in ihrem Antwortbrief auf den Offenen Brief des Aktionsnetzwerkes an: „Zugleich ist mir bewusst, dass wir die AfD aufgrund ihrer hohen Zustimmungswerte in der Bevölkerung auch politisch stellen müssen. Denn ein Parteienverbot allein wird die Einstellungen der Menschen, welche die AfD wählen, nicht ändern.

Hier braucht es Investitionen in Bildung, in die Infrastruktur, in soziale Dienste und in den ländlichen Raum, genauso wie gute Löhne und Demokratieprojekte. Anstatt rechte Narrative zu übernehmen, müssen wir Vereine und Initiativen gut ausfinanzieren, die sich dem Rechtsextremismus entgegenstellen.

Insbesondere in Ostdeutschland müssen wir denjenigen Menschen, die weiterhin bleiben und für die Demokratie kämpfen, endlich genügend Mittel zur Verfügung stellen. Dafür setze ich mich im Bundestag und in der SPD ein.“

Und auch Paula Piechotta äußerte sich ähnlich: „Natürlich bestreitet niemand der Unterstützerinnen und Unterstützer des Antrags, dass durch ein Verbotsverfahren und ein Parteiverbot allein rechtes Gedankengut verschwindet. Deshalb braucht es weiterhin ein starkes zivilgesellschaftliches Engagement aller Demokratinnen und Demokraten, die mit Entschlossenheit gegen Rechtsextremismus und Feinde der Demokratie vorgehen.

Darüber hinaus ist es weiterhin Aufgabe der Politik, sich inhaltlich mit diesen Themen auseinanderzusetzen und insbesondere den globalen Herausforderungen und dem damit einhergehenden länderübergreifenden Erstarken von Populisten entschieden entgegenzutreten. Wir Grüne werden uns auch künftig mit aller Kraft für den Schutz unserer Demokratie, gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Freiheit und Sicherheit aller Personen in unserer Gesellschaft einsetzen – unter anderem durch ein starkes Demokratiefördergesetz und eine Politik, die die Sorgen und Probleme der Bürgerinnen und Bürger ernst nimmt.“

Eine Zustimmung zum Verbotsantrag kann nur der erste Schritt sein. Die Verteidigung der Demokratie braucht echte Unterstützung auch durch die Politik. Was sie ganz bestimmt nicht braucht, sind Politiker, die die AfD in ihren radikalisierten Forderungen auch noch zu übertreffen versuchen, wie das der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz gerade versucht.

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