Die kleinen, nicht im Bundestag vertretenen Parteien haben, obwohl sie noch die erforderlichen Unterstรผtzungsunterschriften sammeln, ihre Direktkandidaten fรผr die Leipziger Wahlkreise schon aufgestellt. Wir trafen uns am 9. Januar mit Caspar Schneiders von der Partei der Humanisten (PdH) in seiner Wohnung. Wie bei Kleinparteien รผblich, liegen dort Wahlkampfplakate und Flyer, die bereits auf eigenes Risiko gedruckt wurden, obwohl die Zulassung der Partei zur Wahl noch unklar ist.

Herr Schneiders, hallo und zuerst die besten Wรผnsche zu Ihrem heutigen 34. Geburtstag. Stellen Sie sich bitte einmal kurz vor.

Hallo, ich bin Caspar Schneiders, bin 34 Jahre alt, ich wohne jetzt seit 2021 hier in Leipzig. Ich arbeite in der Distribution von Cyber Security Produkten. Das ist ein Feld, in dem es einerseits technisches Verstรคndnis erfordert, andererseits aber auch strategisches Denken. Privat bin ich immer auf der Suche nach einer Balance zwischen Aktivitรคt und Aufregung.

Das bedeutet, ich bin einerseits gerne drauรŸen in der Natur unterwegs, beim Wandern, am See, gerne beim Campen, und andererseits bin ich aber auch ganz gerne zu Hause und suche Ruhe in Form von Computerspielen.

Sie treten fรผr die Partei der Humanisten an, haben ein Sweatshirt an mit โ€žGottlose Politikโ€œ. Was sind diese Humanisten eigentlich?

Die Humanisten sind eine Partei, die sich zum Ziel gesetzt hat, eine andere Politik zu machen, als sie bisher gemacht wird. Das bedeutet, eine Politik, die dem 21. Jahrhundert angemessen ist, die auf Fakten und einem wissenschaftlichen Ansatz basiert. Im Gegensatz dazu, wie wir das heute erleben: dass Politik eher so den Problemen der Zeit hinterherrennt und dass wir es auch erleben, dass es schwerfรคllt, der Politik Lรถsungen anzubieten, die proaktiv dafรผr sorgen, dass es uns in Zukunft besser geht.

Was sind Themen in Ihrem Wahlkampf, Themen, die Sie eventuell, sollten Sie gewรคhlt werden, in den Bundestag einbringen wollen?

Es sind viele Themen. Ich mรถchte das unterscheiden in: Was ist ein langfristiges Ziel und was ist ein kurzfristiges? Kurzfristig ist, denke ich, muss das Ziel von Politik sein, dafรผr zu sorgen, dass die Lebensumstรคnde wieder besser werden. Wir sehen, dass wir viele Probleme haben, sei es mit dem Rentensystem, Pflegesystem, Krankenversicherung, unserer Infrastruktur und der mangelnden Digitalisierung. Wir haben richtig viele Aufgaben in vielen Feldern unseres Landes, die es erfordern, dass wir mutige Lรถsungen finden, die gemeinsam umsetzbar sind und das mรถglichst zรผgig.

Fรผr mich ist in meinem Wahlkreis eines der drรคngendsten Probleme, welches ich mitbekomme in meiner politischen Arbeit, in Gesprรคchen mit Bรผrgerinnen und Bรผrgern auf der StraรŸe, was auch ein Faktor ist, der uns sehr am Herzen liegt: dass die Politik sich wieder als Dienstleister fรผr die Bรผrgerinnen und Bรผrger verstehen muss und eben nicht einfach irgendwas macht. Sondern dass sie auf die Menschen zugeht, ihnen zuhรถrt und dann mutig diese Lรถsung zur Verbesserung der Lebensumstรคnde der Menschen umsetzt.

Konkret heiรŸt das fรผr mich ganz klar: Wir haben ein Problem mit der Wohnungssituation in Deutschland, in Sachsen, in Leipzig, aber im Rest des Landes auch.

Und hier ist fรผr mich ein guter Ansatzpunkt, weil auch viele verschiedene Probleme insgesamt dazu fรผhren, dass es einerseits die Probleme beim Bau durch fehlende Digitalisierung in den Behรถrden gibt, wenn es um Antrรคge geht. Aber auch durch diesen Wust an Regulierungen, die wir landesweit haben, ist es einfach schwierig zu bauen.

Das fรผhrt zur Folge, dass wir zu wenig Wohnraum haben, was wiederum dazu fรผhrt, dass die Mieten exorbitant steigen und aktuell, nach den Jahren der Inflation, wie wir jetzt sehen, haben die Menschen sowieso schon weniger Geld zum Leben zur Verfรผgung. Das ist fรผr mich eigentlich der Hauptansatzpunkt, wo ich mich fรผr einsetzen wรผrde, kurzfristig eine Verbesserung zu schaffen. Da sehe ich groรŸes Potenzial.

Langfristig mรถchte ich mich dafรผr einsetzen, dass wir uns darauf rรผckbesinnen, dass alles, was uns unseren heutigen Lebensstil, unsere Gesellschaft, so wie wir sie heute haben, ermรถglicht hat, das Resultat von Wissenschaft und Forschung ist und darauf beruht, dass wir eben gute Bildung ermรถglicht haben. Das wรคre ein langfristiges Ziel, wofรผr ich mich einsetzen mรถchte, dass wir da wieder anknรผpfen.

Weil ich das auch so sehe, dass eben das Verstรคndnis fรผr die neuen Erkenntnisse aus der Wissenschaft uns noch in diesem Jahrhundert dabei helfen werden, die Probleme, die wir haben und die wir in Zukunft bekommen werden, vernรผnftig und gut zu lรถsen.

Die PdH eine kleine Partei. Sie sind noch dabei, die Unterstรผtzungsunterschriften zu sammeln. 2.000 brauchen Sie fรผr die Partei, 200 fรผr jeden Direktkandidaten. Wie ist der Stand und gab es irgendwelche besonderen Erlebnisse beim Sammeln?

Der Stand ist aktuell, dass wir ganz kurz davor sind, die 2.000 Unterstรผtzungsunterschriften fรผr die Landesliste zu haben. Die sind auch jetzt gerade beim Beglaubigen, das ist ein langweiliger Prozess, da mรถchte ich nicht zu sehr auf die Details eingehen. Nochmal vielen Dank an alle, die bis dahin unterschrieben haben fรผr uns.

Also Landeslistenanmeldungen sind wir fast durch, sage ich mal vorsichtig optimistisch. Ich persรถnlich brauche fรผr meine Zulassung als Direktkandidat noch ungefรคhr 70 Unterschriften, die wir jetzt in den kommenden Tagen sammeln werden.

GroรŸe Parteien sagen manchmal, dass die Stimmen fรผr Kleinparteien โ€žverlorene Stimmenโ€œ sind. Was sagen Sie dazu?

Dem entgegne ich, dass die etablierten Parteien, ich habe dafรผr auch ein Stรผck weit Verstรคndnis, nichts dafรผr tun, dass die Parteienlandschaft in Deutschland einfach so erweiterbar ist. Das erfordert unfassbare Ressourcen, dieser ganze Prozess mit dem Sammeln von Formblรคttern auf Papier ist auch wieder so eine Folge der verschleppten Digitalisierung in Deutschland. Ich werde stรคndig beim Sammeln gefragt, warum das nicht digital geht, ob man das nicht online irgendwie machen kann.

Und dieser ganze Prozess zeigt mir eben einerseits, dass wir noch viel Nachholbedarf haben, andererseits, dass die etablierten Parteien da kein Interesse dran haben, und dann ist es so ein bisschen Kreislogik. Also man hรคlt uns auch ein bisschen klein dadurch, dass man es eben sehr schwierig macht.

Wir wรผrden uns ja viel lieber darauf konzentrieren, aktiveren Wahlkampf mit Inhalten zu machen, aber dafรผr haben wir nicht dieselben Ressourcen zur Verfรผgung und kรถnnen das entsprechend nicht so leicht umsetzen wie die GroรŸen.

Eine letzte Frage noch: Warum sollte man Caspar Schneiders wรคhlen?

Mich sollte man wรคhlen, weil ich mich dafรผr einsetzen mรถchte, dass sich die Politik wieder oder รผberhaupt als Dienstleister fรผr die Bรผrgerinnen und Bรผrger versteht. Fรผr mich ist, was aktuell passiert bei den Wahlen: Man geht hin, gibt seine Stimme ab und vier Jahre passieren dann irgendwelche Sachen, auf die man gar keinen Einfluss mehr hat.

Und man merkt das in meinen Augen auch zum Beispiel, wenn man mit Behรถrden interagiert. Man tritt dort sehr stark als Bittsteller auf, stattdessen sollten doch eigentlich die Bรผrgerinnen und Bรผrger diejenigen sein, fรผr die der Staat aktiv wird. Dafรผr mรถchte ich mich einsetzen und explizit fรผr Transparenz und eine Verantwortlichkeit. Ein Verantwortungsbewusstsein von Politikern fรผr die Verantwortung, die man ihnen รผbertrรคgt, dass die damit wieder ordentlich umgehen, und das passiert nicht.

Was wir sehen, ist, dass viele Politiker das aus niederen Beweggrรผnden machen, und da mรถchte ich mich ganz klar dem gegenรผber positionieren und fรผr eine andere Art Politik, die langfristige Verbesserungen anstrebt, die nicht in Wahlzyklen denkt und die auch kompromiss- und ergebnisoffen statt ideologiegetrieben versucht, in Diskussionen hereinzugehen.

Herr Schneiders, ich bedanke mich fรผr das Gesprรคch und Ihre Zeit.

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Klingt nach vernรผnftigen Ansichten fรผr mich, mehr Pragmatismus, mehr Wissenschaft, ein anderes Staats-und Behรถrdenverstรคndnis, als es uns links der Mitte meist vorgelebt wird.

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