Die Bundestagswahl 2025 rückt unaufhaltsam näher, die Parteien sind schon im gesamten Stadtgebiet beim Plakatieren, wie nicht zu übersehen ist. Wir trafen uns am 14. Januar mit Stanislav Elinson, der für Bündnis 90/Die Grünen als Direktkandidat im Wahlkreis Leipzig I antritt. Der Wahlkreis Leipzig I umfasst die nördlichen Stadtteile Leipzigs. Darunter auch Gohlis, wo der 39-jährige Stanislav Elinson lebt.

Herr Elinson, hallo und schön, dass es geklappt hat. Sagen Sie uns bitte ein paar Worte zu Ihrer Person.

Mein Name ist Stanislav Elinson, ich bin 39 Jahre alt, wohne mit meiner Familie in Gohlis-Mitte. Wir haben zwei Töchter, zehn und sechs Jahre. Ich bin in Russland geboren und aufgewachsen, bin seit 2002 in Deutschland, seit 2003 in Leipzig, habe Wirtschaftsinformatik studiert, arbeite inzwischen als Geschäftsführer in einem mittelständischen Softwareunternehmen mit 25 Mitarbeitern und bin seit 2020 bei den Bündnisgrünen in Leipzig aktiv.

Ich kümmere mich insbesondere um Energiewirtschafts- und Finanzpolitik und habe spätestens durch die Großinvasion Russlands in der Ukraine auch dort Berührungspunkte bekommen, wenn es darum ging, zum Beispiel den ukrainischen Geflüchteten hier zu helfen.

Die Grünen sind ja für einige Parteien der Hauptfeind. Ich denke nur an Markus Söder. Andere Menschen erwarten sehr viel. Warum sollte man die Grünen wählen?

Wir sind aus meiner Sicht im Moment die einzige verlässliche Kraft der politischen demokratischen Mitte. Was bedeutet das ausbuchstabiert? Das bedeutet, dass wir sehr stabil in außenpolitischen Fragen stehen. Zum Beispiel stehen wir an der Seite der Ukraine, ganz klar, und werben für weitere Unterstützung. Wir unterstützen Israel in seinem Selbstverteidigungsrecht und stehen ganz klar für die transatlantische Beziehung und auch insgesamt für die Zusammenarbeit mit den europäischen und transatlantischen Partnern. Das ist außenpolitisch die Komponente.

Auf der anderen Seite sind wir ganz klar die Kraft der Zukunft. Bei der Wirtschafts- und Energiepolitik versuchen wir nicht, mit Lösungen von vorgestern die Probleme von heute zu lösen, sondern schauen: Wie können wir als Deutschland morgen und übermorgen erfolgreich sein? Welche Technologien könnten da sein? Was müssen wir tun, um die Transformation hin zu CO₂-Neutralität voranzutreiben?

Wir vergessen natürlich auch die soziale Gerechtigkeit nicht, sondern wir setzen uns dafür ein, dass diejenigen, die gerade auf die Unterstützung des Staates angewiesen sind, halbwegs über die Runden kommen, dass die, die viel arbeiten und wenig verdienen, entlastet werden. Und wir wollen auch dafür sorgen, dass die starken Schultern, also Menschen mit sehr hohem Vermögen, stärker zur Finanzierung des Gemeinwohls beitragen. Das mal vielleicht in aller Kürze.

Die beiden Leipziger Wahlkreise zur Bundestagswahl. Grafik: Stadt Leipzig
Die beiden Leipziger Wahlkreise zur Bundestagswahl 2025. Grafik: Stadt Leipzig

Was wollen Sie als Person in den Wahlkampf und, sollten Sie gewählt werden, in den Bundestag an Themen einbringen?

Die Themen habe ich schon genannt: Energie, Wirtschafts-, Finanzpolitik, Außenpolitik. Was mir ein besonderes Anliegen als Person ist: dass wir wieder mehr zueinander finden, dass wir wieder vernünftig miteinander reden. Gerade unter den demokratischen Parteien ist es zuletzt wirklich sehr polemisch und polarisierend geworden. Und da möchte ich wieder weg davon. Also wir müssen wieder vernünftig auch mit Vertretern der Union beispielsweise reden.

Das gelingt mir als Person gut mit den Personen aus der Union, mit denen ich zu tun habe, die mir über den Weg laufen. Aber wenn man sich die große Öffentlichkeit anschaut, also diese Art und Weise, in der sich zum Beispiel Michael Kretschmer und Markus Söder insbesondere über uns als Partei und uns als Menschen, die in dieser Partei aktiv sind, äußern :Das finde ich nicht gut.

Wir sollten nicht auf die gleiche Art und Weise über die anderen reden, sondern mehr miteinander reden und mehr den Kompromiss suchen. Und vielleicht uns für eine Sekunde, wie das übrigens ein Unionsvertreter seinerzeit gesagt hat, Volker Bouffier in Hessen: Vielleicht könnte ja der andere auch recht haben. Darüber sollten wir nachdenken und das im Auge haben, wenn wir zum Beispiel in Sondierungs- und Koalitionsverhandlungen sind.

Kurz zur Klimapolitik. Es gibt ja immer dieses Framing: Klimaschutz ist so teuer, wir werden alle arm dabei. Was sagen Sie dazu?

Das Gegenteil ist der Fall: Kein Klimaschutz ist teuer, also noch viel, viel teurer. Wir sehen das ja jetzt an diesen furchtbaren Katastrophen und Unwettern. Man denke nur an Spanien, man denke an die Brände in Los Angeles letzte Woche. Das sind unfassbar hohe Kosten und schon allein aus dem Kostenargument müsste es uns allen gelegen sein, jetzt den Klimawandel aufzuhalten, und dazu gehört es auch, Klimaanpassungsmaßnahmen zu treffen.

Denn es geht lange nicht mehr darum, in irgendeiner Weise dagegen anzukämpfen, dass wir etwas verhindern können, sondern wir können das mittlerweile nur noch abmildern. Das ist die eine Schiene, das ist wirklich der Aspekt. Klimaschutz ist Menschenschutz und Schutz von Eigentum auch und Schutz des Wohlstands, den wir uns erarbeitet haben vor diesen Katastrophen.

Das andere ist aber auch: Die wirtschaftliche Zukunft ist klimaneutral. Das bedeutet, wenn wir, wenn die deutsche Wirtschaft weiterhin erfolgreich sein soll, dann müssen wir uns dieser Transformation stellen und diese auch aktiv mit begleiten und jetzt in die Technologien der Zukunft investieren. Der Markt hat längst entschieden und es ist in unserem Interesse, dort von Anfang an mit dabei zu sein und diese Transformation mitzugestalten, als ganz zum Schluss aufzuspringen, dann werden wir hoffnungslos abgehängt sein.

Letzte Frage: Warum sollte jemand Stanislaw Elinson wählen?

Weil ich jung, dynamisch, authentisch und erfahren bin, in verschiedenen Konstellationen zu leben. Ich habe eine gewisse Erfahrung als Unternehmer, als Familienvater und ich glaube, es tut auch der Politik gut, wenn wir mehr Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger dazu bekommen, sich politisch zu engagieren.

Ich bin nicht angewiesen auf dieses Mandat, aber es macht mir Spaß, Kompromisse auszuhandeln. Es macht mir Spaß, mich für meine Mitmenschen einzusetzen. Deswegen, glaube ich, ist es eine gute Idee, mich zu wählen im Leipziger Norden.

Herr Elinson, ich danke Ihnen für das Gespräch und Ihre Zeit.

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