Der Wahlkampf zur Bundestagswahl nimmt Fahrt auf und die FDP muss um das politische รberleben kรคmpfen, wenn man auf die Umfragen schaut. Zwischen Bergen von Wahlkampfmaterialien trafen wir Dr. Alexander Gunkel, den Direktkandidaten der FDP im Wahlkreis Leipzig I, der das optimistischer sieht.
Hallo Herr Gunkel, sagen Sie uns bitte ein paar Worte zu Ihrer Person.
Mein Name ist Alexander Gunkel, ich bin 43 Jahre alt, habe in Leipzig Philosophie studiert, war eine Zeit lang an Universitรคten, habe in Luxemburg am Ende promoviert und danach einen beruflichen Neuanfang gemacht. Ich bin in die IT- und Softwareentwicklung gegangen und heute bin ich als Freelancer als Softwareingenieur tรคtig.
Kommen wir zuerst zur FDP. Diese hat ja einerseits den Ruf der sozialen Kรคlte, zum anderen durch das Ampel-Aus und Sachen wie D-Day auch nicht den besten Ruf. Was gibt es aus Ihrer Sicht fรผr Grรผnde, die FDP zu wรคhlen?
Es zeigt ja erstmal: Wir brauchen mehr Sozialliberale in diesem Lande, denn das ist ja das, was man hรคufig bei der FDP vermisst. Ich denke aber, dass die FDP dort auch besser ist als ihr Ruf. Ich denke, dass wir eigentlich zur Sozialpolitik eine ganze Menge zu sagen haben und dass es momentan eigentlich einen Kernpunkt gibt, der, man muss sagen, leider wichtig ist.
Deutschland befindet sich in einer wirtschaftlich desolaten Situation und das mรผssen wir verbessern. Ich kenne aus eigener Erfahrung die Situation, in der man nochmal neu anfangen mรถchte, in der man sich auch neu wieder eine Karriere oder neue Mรถglichkeiten aufbauen mรถchte. Das hat bei mir funktioniert, nicht wegen irgendwelcher Fรถrderprogramme, sondern es hat funktioniert, weil die wirtschaftliche Situation gerade gut genug war und es eine Branche gab, die offen war dafรผr.
Wir brauchen, denn das ist die beste Sozialpolitik, eine gute Wirtschaftspolitik, die Menschen Perspektiven bietet, und eine gute Bildungspolitik. Wir mรผssen den Leuten von Anfang an gute Startchancen mitgeben und das ist meines Erachtens die beste Sozialpolitik, die wir machen kรถnnen. Sozialpolitik muss aus liberaler Sicht ja gerade heiรen, den Leuten eine Chance zu geben, aus der Armut herauszukommen und nicht bloร die Situation in der Armut zu verbessern.
Sie mรถchten in den Bundestag. Was wollen Sie denn fรผr Themen im Wahlkampf und sollten sie gewรคhlt werden im Bundestag einbringen?
Ich habe ja schon gesagt, ich bin Freelancer in der IT- und Softwareentwicklung. Es gibt in diesem Lande Millionen von Selbststรคndigen und die Hรคlfte davon sind Solo-Selbststรคndige, Freiberufler, die von der Politik aber kaum gesehen werden. Unsere Politik ist immer noch darauf getrimmt, nur groรe Unternehmen und abhรคngig Beschรคftigte zu sehen. Die Freiberufler, die Solo-Selbststรคndigen gehen da viel zu oft unter.
Das sehen wir beispielsweise beim Status von Selbststรคndigen, das sehen wir im Bereich der Sozialversicherung. Da muss es Besserungen geben, damit Leute, die sich frei dafรผr entscheiden, selbststรคndig sein zu wollen, das auch wirklich tun kรถnnen. Das ist aus meiner Biografie ein sehr wichtiges Thema fรผr mich.
Ich habe als weiteres Thema, das mich schon seit Jahren umtreibt, einfach das Thema Freiheit in Europa. Es gibt aktuell einen Systemkonflikt, der offen aufgetreten ist, spรคtestens seit zwei Jahren, als Russland die GesamtโUkraine รผberfallen hat. Wir erleben es, ich war die Tage am Flughafen Leipzig-Halle, dort hat es auch Vorfรคlle gegeben, wo Russland einfach mal mit einem kleinen Anschlag ausprobieren mรถchte, wie weit es gehen kann.
Wir mรผssen einfach erkennen: Russland befindet sich in einem offenen Konflikt mit uns, und zwar nach eigener Aussage. Wir mรผssen schauen, dass wir unsere westliche Demokratie, unsere liberale Demokratie, unsere Freiheit verteidigen. Die wird aktuell von den Menschen in der Ukraine verteidigt, da mรผssen wir stรคrker unterstรผtzen.
Ein dritter Punkt, der mir sehr wichtig ist: Wir haben in den letzten drei Jahren in der Ampel einiges erreichen kรถnnen, gesellschaftspolitisch, fรผr mehr gesellschaftliche Freiheit. Wir haben auch fรผr die Bรผrgerrechte, fรผr Freiheitsrechte einiges erreichen kรถnnen. Wir haben auch einiges abwehren kรถnnen, gerade was digitale Bรผrger- und Freiheitsrechte angeht.
Wenn es eine CDU-gefรผhrte Regierung geben kรถnnte, dann laufen wir Gefahr, dass da auch sehr vieles sich wieder รคndert. Wer mรถchte, dass es wirtschaftlich aufwรคrts geht, aber dass das nicht in einem kulturellen Rรผckschritt resultiert, der hat eigentlich aktuell nur die FDP zur Auswahl.
Da widersprechen Sie Ihrem Parteivorsitzenden: Der mรถchte gerne mit der CDU, als Juniorpartner letzten Endes, koalieren. Wie passt das mit dem zusammen, was Sie gerade gesagt haben?
Ich glaube, Christian Lindner wรคre es genauso wie mir lieber, wenn die CDU der Juniorpartner wรคre. Das wird nur leider nicht passieren. Die CDU ist jetzt auch, das gebe ich offen zu, nicht mein Lieblingskoalitionspartner, wรคre dann nicht erste Wahl. Wir sehen aber, was wir sogar in der Ampel erreicht haben: Ich erinnere nur an das Selbstbestimmungsgesetz, ich erinnere an Fortschritte auch im Bereich der Migration, wo wir den Spurwechsel umsetzen konnten, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Das haben wir geschafft, aber aktuell ist die Herausforderung: Wir mรผssen Migration ordnen und wir mรผssen die Wirtschaft wieder in Gang bringen. Und da gibt es gerade einfach sehr groรe Grรคben zwischen CDU und uns auf der einen Seite und SPD und Grรผnen auf der anderen Seite. Es sieht nicht so aus, als kรถnnte man diesen Graben aktuell gut รผberbrรผcken.
Wir brauchen jetzt aber Entscheidungen, wir brauchen Strukturreformen und ich sehe das aktuell nur mit der CDU. So leid es mir tut, das Erfordernis der Zeit ist einfach, dass jetzt eine CDU-FDP-Regierung der richtige Schritt wรคre.
Letzte Frage: Was wรคren Grรผnde, Alexander Gunkel zu wรคhlen?
Zunรคchst natรผrlich mal: Wer einen ganzheitlichen Liberalismus haben mรถchte, wem seine Freiheit viel wert ist und wer sagt, Freiheit darf auch nicht das Privileg weniger sein, wir wollen mehr Freiheit fรผr mehr Menschen in Deutschland, aber auch darรผber hinaus, der hat in mir den richtigen Ansprechpartner.
Ich bin dafรผr, dass wir wirtschaftliche Reformen anstoรen, damit es den Leuten besser geht. Ich bin dafรผr, dass wir ein verstรคrktes Augenmerk darauf legen, dass Leute auch in der Marktwirtschaft mehr eigene individuelle Chancen sehen. Wir mรผssen dafรผr die Bildung stรคrken, wir mรผssen im Bereich der Sozialpolitik auch schaffen, dass wir Sozialpolitik wieder mehr darauf ausrichten, dass Menschen aus Armut herauskommen und ihr Leben wieder selbst in die Hand bekommen.
Ich mรถchte mich auรerdem dafรผr einsetzen, dass wir konsequent fรผr Freiheit streiten in der Gesellschaftspolitik, aber vor allem auch in Europa, dass wir unsere Partner in der Welt, die Ukraine, Israel, Taiwan, weiterhin solide unterstรผtzen.
Herr Gunkel, ich bedanke mich fรผr das Gesprรคch.
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