Der nächste Leipziger Doppelhaushalt wird eine Zumutung. Auch für die Kultur. In unseren Jahresendgesprächen mit Leipziger Bürgermeister/-innen sprachen wir auch mit Kulturbürgermeisterin Skadi Jennicke (Die Linke), die der Leipziger Kulturszene in den nächsten beiden Jahren durchaus etwas zumuten muss. Denn auch die Kultur muss verzichten, wenn ein Doppelhaushalt derart knapp am Limit läuft.

Noch bevor einige Fraktionen, die Kultur eher für ein Sparschwein halten, ihre Haushaltsanträge gestellt haben, habe sie mit den Eigenbetrieben und der Freien Szene darüber gesprochen, dass es 2025 und 2026 anders sein wird als in den Vorjahren, als auch die Leipziger Kultur auf jährliche Zuwächse in der Finanzierung rechnen konnte, so Jennicke. Steigerungen aber sind in den nächsten beiden Jahren nicht drin.

„Wir haben also mit den Budgets von 2024 geplant“, sagt die Kulturbürgermeisterin. Und ihr ist sehr wohl bewusst, dass das trotzdem Einschnitte im kulturellen Angebot bedeutet. Denn auch für die Kulturbetriebe ist in den letzten Jahren alles teurer geworden – von der Materialbeschaffung bis zur Bezahlung der Künstler. Die Inflation ist nicht spurlos an ihnen vorbeigegangen.

Gestiegene Besucherzahlen

Deswegen habe sie zuallererst mit den Leitern der Eigenbetriebe gesprochen, damit sie rechtzeitig auf die Entwicklung reagieren können, so Jennicke. Was aber wohl trotzdem heißt, dass das Angebot der Häuser in den nächsten beiden Jahren etwas geringer ausfallen wird.

Was aus Jennickes Sicht eigentlich kontraproduktiv ist, denn die Besucherzahlen in allen Häusern haben sich in den letzten Jahren positiv entwickelt. Sie bieten also ein Programm, das bei den Besucherinnen und Besuchern auch ankommt. Was ja in der Vergangenheit nicht immer der Fall war. Dahinter steckt in der Regel jahrelange Arbeit, um die großen Häuser auf so einen Kurs zu bekommen.

Und noch viel härter wird es die Freie Szene treffen, das sieht auch Skadi Jennicke so. Denn die wurde schon in der Corona-Zeit heftig gebeutelt und hat sich seitdem mühsam, aber auch ambitioniert erholt. Nur: Einen Puffer, die in den nächsten Jahren auflaufenden Finanzierungslücken zu schließen, hat keine der Einrichtungen aufbauen können.

Umso verstörender scheint dann sogar der Vorstoß der BSW-Fraktion im Stadtrat, gleich drei Kultureinrichtungen im Leipziger Süden – Conne Island, Werk 2 und naTo – die Gelder komplett streichen zu wollen. Obwohl alle drei Einrichtungen im Süden fest etabliert sind und ein breites und sehr diverses Publikum anziehen.

Freier Eintritt in Dauerausstellungen wirkt

Ähnlich verwirrend war ja der Vorstoß der CDU-Fraktion, die Bauentwicklung für das neue Naturkundemuseum im ehemaligen Bowlingtreff zu stoppen, um dort – hypothetisch – eine Menge Geld zu sparen. Obwohl das Projekt zum größten Teil durch Fördermittel abgesichert ist und bei Fertigstellung zu einem neuen Leuchtturm für Leipzig werden soll. Für die Kulturstadt Leipzig, das darf betont werden.

Denn Jennicke ist sehr wohl bewusst, dass die lebendige Kulturszene wesentlich zur überregionalen Strahlkraft Leipzigs beiträgt. Was wäre Leipzig ohne diese reiche Kultur?

Was ja auch auf die Museen der Stadt zutrifft, die ebenfalls auf ihre Finanzen schauen müssen, auch wenn hier die wesentlich gestiegenen Kosten etwa für Energie oder Sicherheitspersonal vor allem direkt bei der Stadt landen. Und gleichzeitig hat sich ein vom Stadtrat beschlossenes Projekt inzwischen als genau der Erfolg erwiesen, den sich die antragstellenden Fraktionen gewünscht haben: der entgeltlose Eintritt in die Dauerausstellungen.

Die gestiegenen Besucherzahlen möchte Skadi Jennicke noch zum Jahrsende vorstellen. Aber die Effekte zeigen sich auch schon im Alltagsbetrieb, wenn sich Menschen einfach kurzerhand entschließen, eine verfügbare halbe Stunde in einer der Dauerausstellungen zu verbringen und dabei durchaus auch immer wieder Neues zu entdecken.

Aber auch die Arbeit einer Kulturbürgermeisterin besteht zum größten Teil aus Gesprächen, Terminen, Verhandlungen. Bleibt da noch Zeit, selbst eine der hochkarätigen Kulturveranstaltungen zu besuchen? „Viel zu wenig“, sagt Jennicke. Und bedauert besonders, dass gerade für die Angebote der Freien Szene viel zu wenig Zeit bleibt. „Das finde ich wirklich schade.“

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