Es hängen noch keine Plakate an den Laternenmasten, in den Briefkästen sind noch wenige Flyer von Parteien zu finden, aber der Bundestagswahlkampf hat bereits begonnen und nimmt Fahrt auf. Während die Kleinparteien noch Unterstützungsunterschriften sammeln müssen, um zur Wahl zugelassen zu werden, stehen bei vielen Parteien die Direktkandidierenden für die Wahlkreise schon fest.
Wir haben die Direktkandidierenden der demokratischen Parteien, soweit sie uns bekannt sind, um Interviews gebeten und werden diese in den nächsten Wochen vorstellen. Am 12. Dezember trafen wir Sören Pellmann von der Partei Die Linke in Leipzig-Grünau, der sich bereits im Straßenwahlkampf warm läuft. Sein Ziel ist es, zum dritten Mal das Direktmandat im Wahlkreis Leipzig II zu holen.
Hallo Herr Pellmann! Sagen Sie doch mal ein paar Worte zu Ihrer Person.
Sören Pellmann, 47 Jahre alt, Mitglied des Deutschen Bundestages, zweimal direkt gewählt in Leipzig seit 2017, Mitglied des Deutschen Bundestages für die Partei Die Linke.
Herr Pellmann, jetzt steht Die Linke in den Umfragen nicht besonders gut da. Es entsteht der Eindruck, durch die „Aktion Silberlocke“ von Gregor Gysi, Bodo Ramelow und Dietmar Bartsch, dass die Linke jetzt noch auf drei Direktkandidaten schielt, um in den Bundestag einzuziehen. Ist das so oder ist die Zielstellung noch 5 % plus?
Unsere Zielstellung ist ganz klar: Wir wollen als Fraktion in den 21. Deutschen Bundestag wieder einziehen. Dafür brauchen wir die 5 Prozent plus X. Die derzeitige Situation in Umfragen lässt das zumindest noch als möglich erscheinen. Wir haben noch zehn Wochen Zeit bis zum Wahltermin. Ich bin da optimistisch und als Absicherung dafür, dass wir in jedem Fall auch wieder im nächsten Deutschen Bundestag sind, brauchen wir drei Direktmandate, das ist im Wahlrecht so geregelt.
Die drei Silberlocken haben sich angeboten. Ich werde es hier in Leipzig zum dritten Mal, weil aller guten Dinge drei sind, versuchen. Ines Schwerdtner in Berlin-Lichtenberg, Pascal Meiser in Kreuzberg, wir sind breit aufgestellt mit guten Kandidatinnen und Kandidaten. Wir sind nicht bange. Wir holen mindestens drei Direktmandate und mindestens 5 Prozent.
Die Linke ist, seit der letzten Bundestagswahl, durch interne Streitigkeiten aufgefallen, die dann zur Abspaltung des BSW führten. Wie ist die jetzige Lage?
Ich beobachte seit der Abspaltung von zehn Abgeordneten aus der damaligen Fraktion – wir sind jetzt nur noch eine Gruppe – einen großen Zusammenhalt, gemeinsam zu wirken, unser Wahlprogramm weiter umzusetzen, für Mieterinnen und Mieter zu wirken, für Beschäftigte etwas zu erreichen, bessere tarifliche Entlohnungen, eine Erhöhung des Mindestlohnes, für bessere Bedingungen der Pflege im Gesundheitswesen, bessere medizinische Versorgung, für den öffentlichen Personennahverkehr, für Studierende.
Wir sind breit aufgestellt und wir wirken zusammen. Und ich habe in den letzten Monaten festgestellt, dass es ein deutliches Zusammenrücken innerhalb der 28 Abgeordneten im Deutschen Bundestag in der Gruppe Die Linke gegeben hat. Es gibt einen regelmäßigen Austausch mit dem Parteivorstand. Es gibt keinen Streit mehr. Wir treffen uns virtuell, wöchentlich mit allen Landesvorsitzenden. Wir arbeiten gemeinsam daran, dass wir wieder stark werden und eben im nächsten Deutschen Bundestag als Fraktion sind.
Ich muss noch mal darauf zurückkommen: Durch den Aderlass, mit der Abspaltung des BSW, sind einige Mitglieder der Linken verloren gegangen. Wie sieht die Mitgliederzahl jetzt aus?
Wir haben im Saldo eine positive Mitgliederentwicklung. Fast 10.000 neue Mitglieder bundesweit. Dem stehen Weggeher von unter 3.000 gegenüber. Wir haben, um das wieder auf Leipzig zu betrachten, in den letzten anderthalb Jahren 1.100 neue Mitglieder. Wir sind derzeit 2.300 Mitglieder, im Übrigen der bundesweit größte Stadtverband. Da können wir auch ein bisschen stolz drauf sein.
Viele junge Mitglieder, viele neue Mitglieder, die engagiert sind, die sich zum einen für linke Politik einsetzen und auch uns gegenüber klar sagen: Man muss was gegen den weiteren Rechtsruck in Europa, in Deutschland, aber auch in Sachsen tun. Deswegen will man sich politisch engagieren.
Sie haben schon einige Themen angesprochen. Einige dieser Themen werden ja auch von anderen Parteien vertreten. Was ist der genuine Inhalt der Linken, für den Sie einstehen?
Wir haben in den letzten vier Monaten an über 10.000 Haushalten in dieser Stadt geklingelt, bei zwei Dritteln der Gespräche, das ist statistisch nicht nur erfasst, sondern auch ausgewertet, wurde gesagt, sie machen sich Sorgen, ob sie sich ihre Wohnung leisten können, ob sie sich die Miete leisten können, ob sie sich die Betriebskosten leisten können.
Dann dicht gefolgt auf Platz zwei generell, ob sie sich das Leben leisten können: Lebensmittel, steigende Lebensmittelpreise, die Einkäufe und sonstige Nebenkosten, wo wir klar gesagt haben, Miete ist für uns ein Schwerpunktthema. Schon immer gewesen. Wir setzen uns dafür ein, dass es einen bundesweiten Mietendeckel gibt, der nämlich dann auch dazu führt.
Das Verfassungsgericht hat ja klar gesagt, wir brauchen dazu ein Gesetz. Mit der bisherigen Ampelregierung war das leider nicht möglich. Vielleicht gibt es im nächsten Bundestag endlich politische Mehrheiten, das umzusetzen.
Vielen Dank für das Gespräch.
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