Es gibt in der Ratsversammlung Abstimmungspunkte, die klingen bei ersten Lesen strohtrocken. So wie am 18. Dezember der Punkt „1. Änderungssatzung zur Abfallwirtschaftssatzung der Stadt Leipzig vom 15.12.2022“. Dabei steckte dahinter ein Thema, das eine Menge Bürger von Leipzig bewegt: Wie kann man bei Veranstaltungen der Stadt weniger Müll erzeugen? Insbesondere, indem dort grundsätzlich auf Einweggeschirr verzichtet wird. Stoff für eine Menge Debatten.
Aber die Debatte entzündete sich am 18. Dezember gar nicht so sehr am ob, sondern am wie. Denn wenn der Artikel 1 Abs. 5 künftig lautet: „Die Ausgabe von Speisen und Getränken durch die Stadt hat grundsätzlich nur in pfandpflichtigen und wiederverwendbaren Behältnissen und mit wiederverwendbaren Bestecken zu erfolgen“, dann hat das Konsequenzen für jeden städtischen Veranstalter.
Weshalb gleich drei Ortschaftsräte Änderungsanträge stellten. Denn sie sind ebenfalls städtische Institutionen. Und wenn sie – mit den von der Stadt zur Verfügung gestellten Brauchtumsmitteln – Feste veranstalten, sind sie ganz offiziell ein städtischer Veranstalter, der sich zwingend an den Passus zu halten hat.
Auch dann, wenn sie für die Organisation der Veranstaltung einen Dienstleister beauftragen. Man kommt da in ein hübsches Dickicht der Definitionen, etwa wenn statt des Ortschaftsrates ein Verein aus dem Ortsteil der Veranstalter ist. Muss der sich auch dran halten? Oder kann er die Zero-Waste-Strategie der Stadt einfach unterlaufen?
Und das, obwohl er ja mit den Brauchtumsmitteln der Stadt agiert. Ist der Passus in der Abfallwirtschaftssatzung also nur eine hübsche Aufforderung, man möge sich bitte dran halten? Oder ist er ernst gemeint?
Aus CDU-Sicht „nicht zumutbar“
Eine Frage, die dezidiert CDU-Stadtrat Falk Dossin stellte. Obwohl die CDU-Fraktion sogar beantragt hatte: „Die Satzung wird dahingehend geändert, dass die in Artikel 1 Absatz 5 beschriebenen Ergänzungen gestrichen werden.“
Also kein Hinweis auf Zero Waste mehr in der Satzung, weg damit? Eine seltsame Radikalität, die auch mit den Erfahrungen aus den Ortschaftsräten nicht übereinstimmt, die oft schon seit Jahren ihre Veranstaltungen ohne Wegwerfgeschirr organisieren, worauf unter anderem SPD-Stadtrat Andreas Geisler hinwies, der die Erfahrungen aus Lindenthal ansprach.
Begründet hatte die CDU-Fraktion ihren Antrag ganz ähnlich wie die drei Ortschaftsräte: „Der Einsatz von Mehrwegsystemen erfordert immer auch die Möglichkeit einer Reinigung, dies ist gerade bei Veranstaltungen, die die Stadt Leipzig nur indirekt veranstaltet (bspw. Feste der Ortschaften, andere Kulturvereine oder zivilgesellschaftliche Akteure etc.) nicht zumutbar. Aus diesem Grund soll der Einsatz von Mehrwegbesteck, -geschirr und –bechern freiwillig bleiben.“
Also zurück in die Zeiten, in denen sich niemand einen Kopf um die Vermüllung unserer Umwelt machte? Das kam am 18. Dezember gar nicht gut an. Auch wenn die CDU-Fraktion auf der Abstimmung ihres Antrags beharrte. Der wurde mit 24:33 Stimmen aber abgelehnt.
Wer übernimmt die (möglichen) Mehrkosten?
Denn die Zero-Waste-Strategie der Stadt bedeutet eben nicht, dass einfach jeder weitermacht wie bisher, sondern dass sich alle (städtischen Institutionen) einen Kopf machen, wie man Zero Waste tatsächlich umgesetzt bekommt. Und die Ortschaftsräte plädierten gar nicht für eine Abschaffung des Paragrafen, sondern auf eine Klarstellung, wer denn nach dieser Satzung tatsächlich als Veranstalter gilt.
Und weil in den meisten Fällen tatsächlich auch bei Festen in den Ortschaften der Ortschaftsrat der Veranstalter ist: Wie werden die Mehrkosten vergütet?
Das merkte auch der Ortschaftsrat Plaußig an, dessen Antrag stellvertretend für die drei Ortschaftsräte abgestimmt wurde. Denn: „Die Verwendung von Mehrwegsystemen setzt eine hygienisch einwandfreie Aufarbeitung der Mehrwegsysteme voraus. Und zwar vor, während und nach der Veranstaltung. Dazu werden auch entsprechende Spülmaschinen benötigt, um die Mehrwegsysteme zeitgerecht wieder zur Verfügung zu stellen. Dies stellt wiederum einen erhöhten personellen, organisatorischen, logistischen und zeitlichen Aufwand dar.“
Dieser Aufwand kostet in der Regel Geld, wenn sich die Organisatoren nicht selbst unentgeltlich ans Spülbecken stellen. Aber wenn das mehr Geld kostet, geht das von den Brauchtumsmitteln ab. Also beantragte der Ortschaftsrat Plaußig: „Alternativ sind die Kosten für die Einführung sowie Nutzung eines Mehrwegsystems durch die Stadt Leipzig zu tragen.“
Was am 18. Dezember auf eine deutliche Zustimmung des Stadtrates traf, der diesen Antrag mit 35:19 Stimmen positiv votierte. Wobei auch hier zitiert werden kann, dass der Ortschaftsrat Plaußig die Zero-Waste-Strategie der Stadt ganz und gar nicht ablehnt, sondern begrüßt.
Der neu formulierte Passus in der Abfallwirtschaftssatzung ist eben nicht nur eine schöne Erklärung, dass sich die Stadt weniger Müll bei Veranstaltungen wünscht. Er ist eine Handlungsmaxime, die bei einer Mehrheit auch auf Verständnis trifft. Und nur die Frage der Umsetzung beschäftigt die tatsächlich Betroffenen (von einigen Ausnahmen abgesehen).
Und so stand letztlich die Satzungsänderung zur Abstimmung, die dann mit 42:3 Stimmen bei 14 Enthaltungen auch die nötige Mehrheit bekam.
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