Es geht viel zu langsam. Auch Leipzig hat viel zu spรคt begonnen, seine Energiebasis umzubauen und auf erneuerbare Energien umzustellen. Was auch eine Geldfrage ist, eine Planungsfrage, eine Flรคchenfrage. Und obwohl Leipzig mittlerweile einen Berg von Konzepten hat, geht es scheinbar nicht wirklich voran. Was die Grรผnen-Fraktion im Stadtrat dazu animierte, mal wieder nachzufragen. Mit einem erst einmal ernรผchternden Ergebnis.

โ€žVor dem Hintergrund des Stadtrat-Beschlusses โ€šWindkraft im Leipziger Stadtgebiet ausbauen โ€“ Potenziale ausschรถpfen, Bรผrger beteiligen, Naturschutz gewรคhrleistenโ€˜ vom 28.04.2022 wird eine Rahmenkonzeption fรผr die planerische Steuerung von Flรคchenbedarfen zur Gewinnung Erneuerbarer Energien (RaKo-FEE) erarbeitet (Ergebnis Ende 2024 erwartet)โ€œ, schrieben die Grรผnen in ihrer Anfrage.

โ€žEbenso wurde in der Anfrage an die Stadt vom 11.01.2024 โ€šSolarausbau, Kohleausstieg und Energiewende โ€“ Wo steht Leipzig?โ€˜ in der Antwort vom 21.02.2024 bekrรคftigt, den Ausbau ambitioniert voranzutreiben und auch die Aktivitรคten von Dritten hierbei nach Mรถglichkeit zu unterstรผtzen.

Bisher gibt es nur ein einziges von der Regionalplanung ausgewiesenes Windkraft-Vorranggebiet in Leipzig und nur 5.341 Photovoltaik-Dach-Anlagen (Stand 2023), die lediglich 3 % des stรคdtischen Strombedarfs decken, bei ca. 120.000 Gebรคuden in der Stadt Leipzig (davon ca. 81.000 Wohngebรคude und 39.000 Gebรคude fรผr Wirtschaft und Gewerbe). Gleichzeitig ist eine Verdopplung des Strombedarfs durch die Wรคrmewende und die Elektrifizierung des Verkehrs bis 2040 zu erwarten.โ€œ

Eine Herkulesaufgabe. Und so erscheint sie auch aus Sicht der Stadt, weshalb Baubรผrgermeister Thomas Dienberg am 18. Dezember in der Ratsversammlung auch noch nicht viel konkreter werden konnte als in der schriftlichen Antwort der Stadt zu lesen.

Schรคtzungsweise 50 Prozent bis 2038

โ€žDie Leipziger Stadtwerke gehen davon aus, bis zum Jahr 2038 50 % des Strombedarfs von Leipzig mit eigenen EE-Anlagen decken zu kรถnnen. Eine Festlegung der jeweiligen EE-Quellen ist hierbei nicht vorgesehenโ€œ, stand da zum Beispiel auf die Frage hin, wann Leipzig endlich zu 100 Prozent aus erneuerbarem Strom versorgt wird.

Was Grรผnen-Stadtrรคtin Dr. med. Nicole Schreyer dann doch sehr wenig erschien. Aber auch das sei nur eine grobe Schรคtzung, so Dienberg, was das Erzeugen Erneuerbarer Energie auf Leipziger Stadtgebiet selbst betrรคfe. Da aber noch immer konkrete Zahlen fehlen, welche Flรคchen fรผr Wind- und Solarenergie im Stadtgebiet insgesamt zur Verfรผgung stehen, wรคre vorerst nur eine derart grobe Schรคtzung mรถglich.

Fest stehe aber, dass nicht der komplette Strom auf Leipziger Gebiet erzeugt werden kann, weshalb die Stadt lรคngst auch in Gesprรคchen mit der umliegenden Region sei, um dort die restlichen 50 Prozent an grรผnem Strom zu decken.

Das Planspiel lรคuft

Und wenn es um Energieanlagen im Stadtgebiet geht, braucht die Stadt auch unbedingt die Akzeptanz durch die Bevรถlkerung. Auch schon bei der Suche nach geeigneten Flรคchen, wie das Stadtplanungsamt in der Antwort feststellt: โ€žDie Stadtverwaltung arbeitet derzeit an der Rahmenkonzeption fรผr die planerische Steuerung zur Ermittlung des Flรคchenbedarfs fรผr erneuerbare Energieanlagen (VII-Ifo-07998). Im Januar und November 2024 fanden dazu mittels eines digitalen Planspiels Beteiligungen der Bรผrgerinnen und Bรผrger sowie der Ortschafts- und Stadtbezirksbeirรคte zum โ€šVorentwurfโ€˜ der Konzeption statt.

Im I. Quartal 2025 ist die Beteiligung der ร–ffentlichkeit zum โ€šEntwurfโ€˜ der Konzeption geplant. Die Erarbeitung der Konzeption einschlieรŸlich der Beteiligungsmรถglichkeiten wird transparent auf der Internetseite der Stadt Leipzig dargestellt: Stadt startet Bรผrgerplanspiel zu Erneuerbaren Energien in Leipzig โ€“ Stadt Leipzig.โ€œ

Aber wenn man die verfรผgbaren Flรคchen ermittelt hat, heiรŸt das noch lange nicht, dass auch gebaut wird. Denn da ist Leipzig natรผrlich auch auf private Investoren angewiesen: โ€žMit der Rahmenkonzeption werden lediglich Flรคchenpotenziale fรผr Anlagen zur Stromerzeugung mittels erneuerbarer Energien dargestellt. Inwiefern hier konkret Investoren tatsรคchlich Anlagen errichten, ist nicht ermittelbar. Insofern ist auch eine Abschรคtzung der o.g. Einnahmen nicht verlรคsslich mรถglich.โ€œ

Was dann erklรคrt, warum die Stadt noch immer keine konkreten Zahlen hat, wie viel Strom aus erneuerbaren Quellen auf Leipziger Stadtgebiet erzeugt werden kann. Das nimmt tatsรคchlich erst Konturen an, wenn die verfรผgbaren Flรคchen feststehen und die ersten Interessenbekundungen von Investoren eingesammelt werden kรถnnen.

Da war Nicole Schreyer natรผrlich sichtlich unzufrieden. Denn all diese Prozesse sind โ€“ trotz erster Digitalisierung wie bei Windkraftanlagen โ€“ viel zu langwierig. Und eine Zahl kann die Stadt deshalb erst recht nicht nennen: Welche Erlรถse sich dann aus den neuen Energieanlagen ergeben.

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